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Nachlass von Hanni Schoen-Knauff im Landesbibliothekszentrum Speyer

Autograph des zweistimmigen Gesangs „An den Unendlichen“ aus Werk 17 von 1936

Speyer- Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz konnte im letzten Monat den musikalischen Nachlass der Komponistin Hanni Schoen-Knauff (1905-1991) übernehmen. Da Leben und Werk der Wahl-Pfälzerin bisher kaum erforscht sind und ihre Werke nur in Handschriften überliefert wurden, ist es ein Glücksfall, dass diese nun in der Pfälzischen Landesbibliothek der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können.

Hanni Schoen-Knauff, 1905 in München geboren, studierte am Badischen Konservatorium, der späteren Hochschule für Musik, in Karlsruhe und arbeitete seit den 1930er Jahren in Neustadt an der Weinstraße als Komponistin, Pianistin und Musikpädagogin. Sie leitete dort unter anderem die Erste Arbeitsgemeinschaft für Hausmusik (der Reichsmusikkammer unterstellt) und trat zudem als Gauunterabteilungsleiterin für Musik- und Feiergestaltung in Erscheinung. Ihre Werke, die vor allem Kammermusik und Lieder umfassen und im deutschen Volkslied wurzeln, wurden in verschiedenen Reichssendern gespielt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte Hanni Schoen-Knauff ihre musikalischen Aktivitäten ungebrochen fort; ihre Werke wurden etwa beim Heidelberger Musikforum uraufgeführt und erklangen im Süddeutschen Rundfunk. Zudem hatte sie einen großen Schülerkreis, mit dem sie auch Konzerte veranstaltete.

Trotz ihrer regionalen Bekanntheit erging es Schoen-Knauff wie vielen ihrer Kolleginnen: Sie hat es in der allgemeinen Wahrnehmung bis heute recht schwer. Vielleicht könnte eine musikwissenschaftliche Aufarbeitung ihres Oeuvres diesem Umstand Abhilfe schaffen – oder die Gründe dafür herausfinden. Mit der Übernahme des Nachlasses in das LBZ Speyer sind zumindest dafür die Grundlagen gelegt. Weitere Informationen und ein Verzeichnis der im Nachlass enthaltenen Werke finden Sie auf unserer Homepage: https://lbz.rlp.de/de/ueber-uns/besondere-bestaende/musiker-nachlaesse/nachlass-schoen-knauff/.

Text und Foto: LBZ Speyer

22.08.2016


Medienrückgabe auch während der Schließungszeiten möglich

Medienrückgabebox vor dem Eingang des LBZ / Pfälzische Landesbibliothek Medienrückgabebox vor dem Eingang des LBZ / Pfälzische Landesbibliothek

Speyer- Seit dem 17. Dezember 2015 im Landesbibliothekszentrum / Pfälzische Landesbibliothek Speyer für Benutzer eine neue Mitarbeiterin außerhalb der Öffnungszeiten zur Verfügung: Vor dem Eingang der Bibliothek erwartet eine Medienrückgabebox Medienrückgaben außerhalb der Öffnungszeiten.

Unter der Woche ist damit eine Medienrückgabe auch nach 18 Uhr bis zum nächsten Morgen 9 Uhr möglich, am Samstag nach 12 Uhr bis Montagmorgen 9 Uhr. Die Rückbuchung erfolgt am nächsten Öffnungstag.

Von besonderem Interesse wird die Medienrückgabebox für Benutzer sein, die vergessen haben, ihre Medien in der Bibliothek zurückzugeben bevor sie in den Urlaub fahren.

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

Am Montag, den 4. Januar 2016 sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesbibliothek wieder zu den gewohnten Öffnungszeiten für die Besucher da.

LBZ / Pfälzische Landesbibliothek

Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer

Tel.: 06232 9006-224, E-Mail: info.plb@lbz-rlp.de

www.lbz.rlp.de

Text und Foto: LBZ

02.01.2016


Antiquarische Erwerbung eines Boßler-Drucks im LBZ Speyer

Speyer- Im Herbst 2015 konnte das Landesbibliothekszentrum Speyer mit großzügiger Unterstützung der Sparkassenstiftung der ehemaligen Kreis- und Stadtsparkasse Speyer einen  Erstdruck von Justinus Heinrich Knechts (1752-1817) „Gemeinnützliches Elementarwerk der Harmonie und des Generalbasses“ antiquarisch erwerben.

Dieses theoretische Lehrwerk, das stark durch die Harmonielehre des am Mannheimer Hof tätigen Georg Joseph Vogler beeinflusst ist, erschien zwischen 1792 und 1797 in vier Abteilungen, die neben dem Text auch Notentafeln enthalten. Für den Stich der Notentafeln der ersten drei Abteilungen zeichnet Heinrich Philipp Boßler (1744-1812) verantwortlich, der 1780 eine überaus erfolgreiche Notendruckerei in Speyer gründete. Nicht nur durch handwerkliches Geschick, sondern auch durch die Verlegung von Originalbeiträgen zahlreicher Komponisten – darunter des jungen Beethoven – machte sich Boßler rasch einen Namen in der Musikwelt seiner Zeit.

Die Notentafeln der ersten Abteilung entstanden noch in Speyer, bevor Boßler im Jahr 1792 nach Darmstadt übersiedelte, wo die Tafeln der zweiten und dritten Abteilung gedruckt wurden. Für die Noten der vierten Abteilung wandte schließlich Makarius Falter in München ein völlig neues Verfahren, die Lithographie, an. Das vierteilige Werk dokumentiert somit nicht nur die Speyerer Druckkunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts, sondern illustriert auch die Entwicklungsgeschichte des Notendrucks. Es zeigt die überregionale Zusammenarbeit Boßlers und stellt zugleich ein wichtiges Stück Kulturgut der Kurpfalz dar, das die Musikbestände des Landesbibliothekszentrums, insbesondere die bereits vorhandenen „Bossleriana“, wunderbar ergänzt.

LBZ / Pfälzische Landesbibliothek
Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer
Tel.: 06232 9006-224, E-Mail: info.plb@lbz-rlp.de
Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

Nach Weihnachten: 28.-30.12.2015 jeweils von 9-18 Uhr geöffnet.

Ab 4. Januar 2016 zu den gewohnten Zeiten geöffnet.

28.12.2015


Bibliotheken in Rheinland-Pfalz heissen Flüchtlinge und Asylsuchende Willkommen

Mitgliederversammlung des dbv-LV am 12.10.2015 in Schifferstadt - Mitglieder heißen Flüchtlinge in Bibliotheken willkommen

Schifferstadt- „Bibliotheken spielen eine wichtige Rolle bei der Integration von Flüchtlingen“, so Manfred Geis, Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz im Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. (dbv) und Vorsitzender des Kulturausschusses im Landtag (SPD) auf der Mitgliederversammlung am 12. Oktober 2015 im Alten Rathaus in Schifferstadt. Der Erste Beigeordnete Peter Kubina begrüßte die Anwesenden im Namen der Bürgermeister Ilona Volk herzlich im „Schmuckstück“ der Stadt, zu dem nur ganz besonderen Gästen der Zugang gewährt werde. Er wünschte der Mitgliederversammlung viel Erfolg. Erfolg und Unterstützung wünschen sich die Bibliotheken auch bei ihren aktuellen Bemühungen, den Flüchtlingen in Deutschland als öffentlicher Ort den freien Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung, zu Information und Kultur zu ermöglichen – ein grundlegendes Recht aller Menschen, das vom Grundgesetz und auch der Landesverfassung des Landes Rheinland-Pfalz geschützt wird. Bibliotheken bieten Medien und Information zur Aus- und Weiterbildung, Unterhaltung und Freizeitgestaltung für alle Bevölkerungsgruppen an. Sie haben eine wichtige Funktion als Orte der Begegnung und der Integration sowie als Lernorte. Bibliotheken sind Teil der Willkommenskultur in Deutschland.

Es gibt bereits viele gute Beispiele von entsprechenden Bibliotheksangeboten in Rheinland-Pfalz, wo Bibliotheken sich im Bereich interkultureller Bibliotheksarbeit und auch in der Zusammenarbeit mit Volkshochschulen engagiert haben: ein breites Lernangebot „Deutsch als Fremdsprache“, mehrsprachige Bilderbücher, fremdsprachige Medien, Bildwörterbücher, Gastgeber von Gesprächskreisen – in diesen Bereichen haben sich Bibliotheken bereits profiliert. In der aktuellen Situation werden zum Teil Medienboxen in den Flüchtlingsunterkünften selbst zur Verfügung gestellt, die in der Regel mehrsprachige Medienangebote enthalten; der vorhandene Bestand für „Deutsch als Fremdsprache“ und mehrsprachigen Angeboten wird aufgestockt, Willkommenskreise nutzen die Bibliothek als Treff- und Anlaufpunkt in der Kommune. Diese Angebote flächendeckend auszubauen bedarf es der Unterstützung auf allen politischen und administrativen Ebenen.

Ein weiteres Thema war in Schifferstadt die Vorbereitung der Bibliothekstage Rheinland-Pfalz 2016, die im kommenden Jahr vom 24.10. – 06.11.2016 stattfinden werden. Unter dem Motto „Bibliotheken öffnen neue Welten“ soll erneut ein vielfältiges Angebot ein breites Publikum ansprechen. Besonders wichtig sind die zentral organisierten „Lesereisen“, die der dbv-Landesverband in Zusammenarbeit mit dem Landesbibliothekszentrum, dem Beirat für das öffentliche Bibliothekswesen und den Fachstellen der Bistümer allen interessierten Bibliotheken im Land anbietet. Ausstellungen zur Buchkunst öffnen junger Nachwuchskünstlerinnen und –künstlern Wege, bieten aber auch arrivierten Kunstschaffenden ein Podium.

Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. (dbv)

Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) sind ca. 2.100 Bibliotheken aller Sparten und Größenklassen Deutschlands zusammengeschlossen. Der gemeinnützige Verein dient seit 65 Jahren der Förderung des Bibliothekswesens und der Kooperation aller Bibliotheken. Sein Anliegen ist es, die Wirkung der Bibliotheken in Kultur und Bildung sichtbar zu machen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu stärken. Zu den Aufgaben des dbv gehören auch die Förderung des Buches und des Lesens als unentbehrliche Grundlage für Wissenschaft und Information sowie die Förderung des Einsatzes zeitgemäßer Informationstechnologien. Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Presse

18.10.2015


In Erinnerung an eine der ganz „Großen“ ihrer Kunst

Gute Nachricht zum 90. Geburtstag von Erika Köth - Ihr künstlerischer Nachlass bleibt dauerhaft im LBZ Speyer.

spk. Speyer. Am 15. September.2015 würde eine der „ganz Großen ihrer Kunst“ und eine der herausragenden Sängerinnen ihrer Zeit, Kammersängerin Erika Köth ihren 90. Geburtstag feiern können. Viel zu früh jedoch verstarb die bedeutende Sopranistin mit ihrem unvergleichlich silbrig-glänzenden Timbre bereits am 20. Februar1989 in Speyer, jener Stadt, mit der sie sich durch ihren Mann, den Schauspieler und Regisseur Ernst Dorn, engstens verbunden fühlte und wo sie zahlreiche persönliche Freunde gefunden hatte.

Bereits im Mai 2006 überließ ihre Familie den künstlerischen Nachlass der Sängerin auf zehn Jahre der damaligen „Pfälzischen Landesbibliothek“, dem heutigen „Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz“ (LBZ) in Speyer. Der Nachlass Erika Köths umfasst neben viel Persönlichem vor allem umfangreiches theater- und musikhistorisch wertvolles Bildmaterial, Pressedokumentationen zu ihren zahllosen Bühnenerfolgen, Belege ihrer zahlreichen Ehrungen, Korrespondenzen und Tonträger sowie Zeugnisse der großen Verehrung von Bewunderern ihrer Kunst. Das LBZ nutzte den Nachlass für eine große Ausstellung, die bereits anlässlich des 85. Geburtstags der Sängerin am 15. September 2010 eröffnet wurde.

Rechtzeitig vor dem 90. Geburtstag von Erika Köth hat jetzt ihre Familie entschieden, ihren künstlerischen Nachlass voll umfänglich dem Landesbibliothekszentrum (LBZ) in Speyer dauerhaft zu überlassen, so dass er nun auch für die wissenschaftliche Erschließung zur Verfügung gestellt werden kann.

„Schlüssel des Wissens“ vor Landesbibliothek/Landesarchiv in SpeyerAnlässlich des runden Geburtstages von Erika Köth präsentiert das LBZ / Pfälzische Landesbibliothek in Speyer deshalb jetzt eine kleine Vitrinenausstellung im 1. OG im Bereich des Zeitschriften-Lesesaals.

Erika Köth wurde am 15.September 1925 in Darmstadt geboren und studierte nach den Wirren des Krieges Gesang an der Darmstädter Akademie für Tonkunst. Ihre Bühnenlaufbahn als hoher Sopran begann sie im Jahr 1947, nachdem sie zuvor mit der berühmten Koloraturarie aus einer ihrer späteren Glanzpartien, der „Königin der Nacht“ aus Mozarts „Zauberflöte“, einen Gesangswettbewerbs beim damaligen „Radio Frankfurt“ mit über 300 Mitbewerbern für sich entschieden hatte, am Pfalztheater in Kaiserslautern.

Dort entstanden in der Folge gemeinsam mit dem Rundfunkorchester des damaligen Südwestfunks (heute: SWR) unter der Leitung von Emrich Smola ihre ersten Tonaufnahmen. Aus der musikalischen „Provinz“ in Kaiserslautern führte sie dann eine steile Karriere über Karlsruhe nach München, Wien, Salzburg und Berlin sowie – vor allem als umjubelte Mozart-Sängerin an der Seite von „Sängergrößen“ ihrer Zeit wie dem unvergessenen Fritz Wunderlich, wie Hermann Prey und Gottlob Frick – mit Gastspielen in alle Welt.

Nach ihrem Abschied von der Bühne im Jahr 1978 zog Erika Köth sich mit ihrem Ehemann, dem aus einer Speyerer „Brezelbäcker-Dynastie“ stammenden Schauspieler und Regisseur Ernst Dorn, nach Königsbach bei Neustadt zurück. Als Professorin an der Mannheimer Musikhochschule gab sie ihre Erfahrungen an den sängerischen Nachwuchs weiter und förderte Karrieren junger Sängerinnen und Sänger auch aus Speyer mit großer Hingabe. Schließlich trat sie auch als „Botschafterin der klassischen Musik“ in zahlreichen Fernsehsendungen auf.

Nach schwerer Krankheit verstarb die lebenslang unprätentiöse Sängerin, die sich auch nie zu schade war, neben der „großen Opern-, Operetten- und Liedliteratur“ auch leichte, volkstümliche Musik meisterhaft zu musizieren, am 20. Februar 1989 in einer Speyerer Klinik und wurde von einem ihrer in Speyer gewonnenen Freunde, dem damaligen Speyerer Bischof Dr. Anton Schlembach in ihrem Geburtsort Darmstadt beerdigt.

Bis heute werden ihre Interpretationen der großen Opern und Operetten als Referenzen ihres Fachs verstanden, die aber zumeist unerreicht bleiben. So sind es vor allem ihre noch immer Chart „verdächtigen“ Schallplatten und CDs, die gemeinsam mit dem alljährlich in der Landauer Jugendstil-Festhalle ausgetragenen „Erika-Köth-Wettbewerb für Opergesang“ die Erinnerung an die große Sängerin wachhalten.

Die höchst sehenswerte kleine Ausstellung des künstlerischen Nachlasses von Erika Köth ist ab dem 15. September zu sehen im

LBZ / Pfälzische Landesbibliothek

Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer

Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

Foto: (Erika Köth) Horst Maack, (Schlüssel des Wissens) LBZ Speyer, Presse

14.09.2015


In memoriam Clemens Jöckle

Speyer und das LBZ erinnern an seinem 65. Geburtstag mit einer Ausstellung an großen Inspirator seiner Kunst- und Kulturszene

Von Gerhard Cantzler

Speyer- Seine zahlreichen Freunde hätten gestern den 65. Geburtstag von Clemens Jöckle sicher nur allzu gerne mit ihm gemeinsam gefeiert. Doch ein schwerer Hirnschlag, der den Speyerer Kunsthistoriker und langjährigen Leiter der Städtischen Galerie im Herbst 2012 ereilte und dessen Folgen er nach fast zweijährigem Wachkoma am 2. Juni 2014 erlag, verhinderte dies - wenige Tage nur, bevor er sein neues Amt als Kurator der bedeutenden Ausstellung zum „Wittelsbacher Jahr“ in der „Villa Ludwigshöhe“ antreten konnte. Jetzt blieb ihnen allen nur noch, dem vielseitig gebildeten Freund und hochgeschätzten Kenner der pfälzischen Kunstszene und ihrer Vertreter im Rahmen der Eröffnung einer dankenswerterweise von der Leiterin des Standortes Speyer des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz LBZ, Ute Bahrs, initiierten Ausstellung zu gedenken, in der noch bis zum 5. Juni eine Auswahl aus den 244 im Online-Katalog des Hauses vermerkten Publikationen Jöckles sowie je ein Plakat pro Jahr seiner mit fast 100 Ausstellungen höchst produktiven Amtszeit als Leiter der Speyerer Städtischen Galerie gezeigt werden. Emotionaler Höhepunkt der Schau ganz sicher aber der „leere Arbeitsplatz“ Jöckles, den man praktischerweise aus dem Lesesaal – fast so etwas wie der „zweiten Wohnung“ des Kunsthistorikers - in die doch weitaus stärker frequentierte Ausleihe verlegt hat.

Wieviel Freundschaft der exzellente Kenner seiner Materie in Speyer und weit darüber hinaus genoß, zeigte sich gestern abend nicht zuletzt an der großen Zahl der Gäste, die der Einladung des LBZ zu der Eröffnung gefolgt waren, an ihrer Spitze Speyers Oberbürgermeister Hansjörg Eger, Kulturbürgermeisterin Monika Kabs und Domkapitular Peter Schappert. Wie Ute Bahrs weiter unterstrich, habe sich die hohe Wertschätzung Jöckles aber auch darin abgebildet, dass sich, wie bei kaum einer vergleichbaren Gelegenheit zuvor, Menschen von der Einladung zu dieser so ganz besonderen Geburtstagsfeier so sehr angerührt fühlten, dass sie - soweit sie nicht selbst daran teilnehmen konnten - sich doch zumindest ausdrücklich für ihr Fernbleiben entschuldigt und ihr Bedauern über ihr Fehlen zum Ausdruck gebracht hätten.

„Uns 'Labi-anern' fehlt Clemens Jöckle“, stellte die Standortleiterin in ihrer sehr persönlich gehaltenen Begrüßung fest. Das würden alle MitarbeiterInnen des LBZ seit der überraschenden Erkrankung Jöckles und noch mehr nach seinem allzu frühen Tod fast tagtäglich konstatieren. „Denn er wusste zu allen kunsthistorisch relevanten Fragen fast immer eine spontane Antwort“, stellte Ute Bahrs fest - vor allem, wenn sich diese Fragen um Pfälzer Künstler oder um allgemein sakrale Kunst drehten. „Zumindest aber hatte er immer eine Idee, einen Rat bereit, wohin man sich wenden oder wen man anrufen könnte“, stellte sie mit Verweis auf das schon legendäre Netzwerk des Kunsthistorikers fest.

Die Idee zu der jetzt eröffneten Ausstellung sei bereits am Tag der Beerdigung Jöckles in die Welt gekommen, erinnerte Bahrs und dankte all denen, die sich spontan dazu bereit erklärt hätten, dieses Anliegen zu unterstützen – an ihrer Spitze Eva-Maria Urban vom „Speyerer Kunstverein“ und dem Speyerer Fotografen Peter Wilking. Zwei andere, die Vorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler“ apk, Brigitte Sommer und der frühere Speyerer Kulturdezernent Hanspeter Brohm, hatten sich sogar bereit erklärt, Jöckle aus ihrer jeweiligen Perspektive noch einmal lebendig werden zu lassen.

Brigitte Sommer erinnerte sich in ihrer Würdigung an die zahllosen „netten, humorvollen“ Begegnung mit Clemens Jöckle. „Heute fehlt mir sehr, dass er mich morgens früh um halb neun Uhr anruft, um mir seinen neuesten, geistreichen Witz zu erzählen“, wies sie auf eine Facette im Charakter Jöckles hin. Der in Wasserlos geborene Unterfranke sei schon früh durch seine Mutter an die Künste, an Malerei, Architektur und Musik, herangeführt worden, beschrieb Sommer Jöckle „als einen umfassend gebildeten Menschen mit einem immensen Fach- und Allgemeinwissen“. Fast neun Jahre lang habe er intensiv und inspirierend mit der apk zusammengearbeitet. In dieser Zeit habe sie ihn als eine Persönlichkeit kennengelernt, die, was ihre Kunst anging, zu keinerlei Kompromissen bereit gewesen sei. „Sich seine Kunst verwässern zu lassen, das war seine Sache nicht“, betonte die Rednerin, die mit der bewegenden Feststellung schloß: „Clemens hat in uns allen eine Spur hinterlassen, die im umfassenden Sinne positiv in uns weiterleben wird“.

Auch der langjährige Speyerer Bürgermeister Hanspeter Brohm kennzeichnete Jöckle als einen „Privatgelehrten im besten klassischen Sinne“. Als „streitbarer Mensch“ habe er nie einen Konflikt gescheut und nach dem „Aufbruch in der Speyerer Kunst- und Kulturszene“ in den 1970er und 80er Jahren unter Dr. Wolfgang Eger als Kulturdezernent der Stadt, gemeinsam mit Rudolf Dister u.a. das Projekt einer Städtischen Galerie vom ersten Tag an maßgeblich mit vorangebracht. „Als ehrenamtlicher Leiter dieser neuen Galerie hat Jöckle diese Aufgabe von Anfang an als seinen Hauptberuf verstanden und ihn wie einen Hauptberuf ausgefüllt, ohne nach einer adäquaten Entlohnung zu fragen“, stellte der ehemalige Kulturbürgermeister heraus. „Er wollte einfach etwas bewegen in der Kunst unserer Stadt, die ihm zur Heimat geworden war“. Seine zahllosen Reden und Referate zu Ausstellungseröffnungen sowie zu speziellen, einzelnen kunstgeschichtlichen Themen seien ebenso legendär gewesen, wie sein spontan abrufbares Wissen über Kunstschaffende früherer wie zeitgenössischer Epochen. „Nicht nur einmal mussten wir aufpassen, dass er uns mit seiner tief in wissenschaftliche Details gehenden Expertensprache nicht überforderte“, gestand Brohm, der auch daran erinnerte, dass Jöckle bis zu seiner schweren Erkrankung der „Motor“ des KV, des „Kartellverbandes Katholischer Studentenverbindungen“ in der Pfalz gewesen sei, wo er gleichfalls mit seinen Vorträgen glänzte und für den er unvergessene Studienreisen organisiert und wissenschaftlich begleitet habe.

„Ein Mensch wie Clemens Jöckle fehlt uns heute in der Stadt – einen, den wir anrufen konnten, wenn wir eine kunstgeschichtliche Frage hatten und der auf Anhieb eine kompetente Antwort parat hatte“, so Brohm, der abschließend aber auch an eine durchaus tragische Duplizität erinnern musste: Auch Jöckles Vater sei nach einem schweren Hirnschlag und nach mehr als dreijährigem Wachkoma verstorben. „Wir alle sind dankbar, dass Clemens zumindest eine ganz so lange Leidenszeit erspart geblieben ist“, schloss Brohm und wiederholte noch einmal seine Festellung: „Clemens Jöckle hat die Kultur in Speyer wie kaum ein zweiter im besten Sinne befruchtet – er wird deshalb in unseren Herzen weiterleben“.

Und noch eines wollte Hanspeter Brohm über den Mitchristen Clemens Jöckle sagen: „Ich bin mir sicher, dass Clemens bei dieser heutigen Feier mitten unter uns ist und dass er mit dem, was heute zu seinen Ehren und zur Erinnerung an ihn gesprochen und veranstaltet wurde, auch ihm mindestens so gut gefallen hätte wie uns allen“. Und in dieser Gewissheit hätte Jöckle, der auch ein begeisterter Freund der Musik von Bach bis Wagner war, das musikalische Rahmenprogramm dieses so ganz besonderen „Geburtstags-Gedenkens“ gefallen.

Und da Arien von Wagner allein mit Klavierbegleitung nur sehr schwer vorstellbar seien, so Ute Bahrs, hatten die Veranstalter die heute in Leimersheim lebende griechisch-deutsche Sopranistin Danai Amann gemeinsam mit ihrem Begleiter Clemens Kuhn am Klavier eingeladen, diesen Abend mit zwei Arien aus Mozarts Oper „Don Giovanni“ zu umrahmen. Und mit bezaubernd schönem Timbre gestaltete die Sängerin ihre höchst anspruchsvollen Parts mehr als überzeugend. Wir sind gewiss: Auch der Mozart-Kenner und -Liebhaber Clemens Jöckle hätte seine helle Freude daran gehabt. Danke deshalb, Ute Bahrs und danke all jenen, die zum Gelingen dieses außergewöhnlichen Abends beigetragen haben. Foto: gc

16.04.2015


LBZ digitalisiert historische Weinkarten aus Privatsammlung

Das Landesbibliothekszentrum hat historische gastronomische Weinkarten aus der Sammlung Manfred Rauscher digitalisiert

Speyer- Der Gesellschaft für Geschichte des Weines e.V. ist es gelungen mit dem Besitzer einer großen Sammlung historischer gastronomischer Weinkarten eine Vereinbarung über die Digitalisierung abzuschließen: Der Sammler Manfred Rauscher stellt die von ihm in jahrzehntelanger Arbeit zusammengetragene Sammlung historischer Weinkarten, die über 200 Exemplare umfasst, jetzt dem Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz (LBZ) zur vollständigen Digitalisierung und Präsentation im Internet zur Verfügung. Die Sammlung beinhaltet Weinkarten aus bedeutenden Restaurants im Zeitraum zwischen 1856 und 1966. Die Weinkarten sind im Digitalisierungsportal Dilibri Rheinland-Pfalz unter www.dilibri.de, konkret unter http://www.dilibri.de/nav/classification/1363213 zugänglich.

Wie bei vielen Konsumgütern lässt sich auch beim Weingenuss zurück blickend ein tiefgreifender Geschmackswandel beobachten. Er kann sich auf den Ausbau der Weine beziehen (lieblich bis trocken), die Farbe (Rotwein oder Weißwein), die Rebsorte oder das Anbaugebiet mit seinen gebietstypischen Merkmalen. Beispielhaft ist dieser Wandel seit der Mitte des 19. Jahrhunderts am „Riesling-Boom“ an der Mosel zu beobachten, der den Winzern nach Jahrzehnten der Not ein ordentliches Einkommen bescherte und der Anbauregion Mosel eine internationale Wertschätzung.

Derartige Veränderungen lassen sich kaum besser nachvollziehen als in den Weinkarten und -preislisten der gastronomischen Einrichtungen und der Weinhändler. Es zeigt sich zum Beispiel, dass die Weine der Mosel um die Wende zum 20. Jahrhundert Preise ähnlich den teuersten Bordeaux-Weinen erzielten und im regionalen Angebotsspektrum einen immer breiteren Raum einnahmen. Viele dieser Karten sind künstlerisch sehr aufwendig gestaltet. Als ehemalige Gebrauchsobjekte sind die Karten heute sehr selten und wertvoll.

Bereits in der Volkskrone aus Weinblättern im Landeswappen Rheinland-Pfalz wird zum Ausdruck gebracht, dass der Weinbau für das Land einen besonderen Stellenwert hatte und immer noch hat: Mehr als 65% des deutschen Weines werden heute in rheinland-pfälzischen Weinbaugebieten hergestellt. Als Quelle können die historischen gastronomischen Weinkarten sowohl bei wirtschaftshistorischen, kulturwissenschaftlichen oder kunsthistorischen Fragestellungen Zeugnis ablegen u.a. über die Weinpreisentwicklung und den Weingeschmack der Zeit.

Im LBZ sind die historischen Weinkarten nun katalogisiert und digitalisiert worden. Sie sind somit nachgewiesen im Online-Katalog und stehen für jeden jederzeit einsehbar in dilibri zur Verfügung. „Wir freuen uns, dass es, auch durch die Kooperation mit der Gesellschaft für die Geschichte des Weines gelungen ist, diese seltenen Weinkarten einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen“, erläutert die Leiterin des LBZ, Dr. Annette Gerlach.

Das rheinland-pfälzische Digitalisierungsportal dilibri ist die digitalisierte Sammlung von landeskundlichen Werken zu Rheinland-Pfalz sowie von Beständen aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken. Neben dem LBZ mit der Rheinischen Landesbibliothek Koblenz, der Pfälzischen Landesbibliothek Speyer und der Bibliotheca Bipontina Zweibrücken sind die Universitätsbibliothek Trier und die Stadtbibliotheken Koblenz, Mainz, Trier und Worms sowie die Bibliothek des Priesterseminars Trier an dilibri beteiligt. Im März 2015 konnte die stolze Marke von 1 Million Scans überschritten werden. Text und Foto: LBZ Speyer

11.04.2015


Onleihe Rheinland-Pfalz / Halbjahresbilanz im LBZ

Seit September 2014 nehmen die Bibliotheken des Landesbibliothekszentrums am Onleihe-Verbund Rheinland-Pfalz teil. Kunden der Landesbibliotheken in Koblenz und Speyer sowie der Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken können rund um die Uhr auf ein Angebot von über 30.000 E-Books, E-Zeitschriften und anderen E-Medien zugreifen. Das Angebot ist unter der Adresse www.onleihe-rlp.de zu finden.

Speyer- Seit September 2014 beteiligen sich die Bibliotheken des LBZ – Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken, Pfälzische Landesbibliothek in Speyer, Rheinische Landesbibliothek in Koblenz – aktiv an der Onleihe. Die Onleihe ermöglicht einen 24-Stunden-Service für die Benutzerinnen und Benutzer. Unter dem Motto „Digitale Medien Ihrer Bibliothek – rund um die Uhr“ können Sachbücher, Romane, Hörbücher, Sach- und Lernvideos sowie Zeitschriften und Zeitungen von den Bibliothekskunden in elektronischer Form ausgeliehen werden. Unter www.onleihe-rlp.de sind sowohl Medien für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche zu finden.

„Zeit für eine Halbjahresbilanz“, stellt die Leiterin des LBZ, Dr. Annette Gerlach fest. Bereits seit dem Start der Onleihe Rheinland-Pfalz im Jahr 2010 ist das Landesbibliothekszentrum der Koordinator für den gesamten Onleihe-Verbund im Bundesland Rheinland-Pfalz, der zunächst mit acht öffentlichen Bibliotheken gestartet ist. Mittlerweile beteiligen sich 43 Bibliotheken in allen Regionen des Landes. „Als aktiver Teilnehmer bereichert das LBZ nun auch das Onleihe-Angebot durch den Ankauf wissenschaftlicher Titel“, erklärt Dr. Gerlach. „Dieses Konzept der Beteiligung wissenschaftlicher Bibliotheken am Onleihe-Verbund und damit der Erweiterung des Angebotes um wissenschaftliche Literatur ist bisher einzigartig in Deutschland“, erläutert Dr. Gerlach weiter.

Das wissen sowohl die Verbundbibliotheken zu schätzen als auch die Kunden der LBZ-Bibliotheken. Besonders nachgefragt waren dabei u.a. E-Paper wie „Der Spiegel“, E-Books über IT-Projektmanagement oder auch der neueste Roman des britischen Schriftstellers Ken Follett.

„Das Angebot der Onleihe mit seinen vielfältigen Möglichkeiten schaue ich mir genauer an“, so ein Kunde im LBZ Koblenz begeistert, als er auf die E-Medien aufmerksam gemacht wird. Als Kunde der LBZ-Bibliotheken kann jeder die Onleihe nutzen, der für die Zusatzleistung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 10 Euro jährlich entrichtet. Diese Gebühr ist in den Bibliotheken vor Ort zu bezahlen. Die in der Onleihe angebotenen Titel sind auch im LBZ-Katalog recherchierbar, von wo aus eine Verlinkung mit dem Downloadbereich der Onleihe eingerichtet ist.

Die Jahresbilanz des Onleihe-Verbunds fällt ebenfalls sehr erfreulich aus: Im Jahr 2014 wurden insgesamt rund 350.000 Entleihungen erzielt, eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr von mehr als 60%. 2013 waren es erst rund 217.000 Entleihungen. Auch die Zahl der Nutzer hat sich im Vergleich zu 2013 um rund 40% erhöht. Rund 14.000 Bibliothekskunden landesweit nutzen das Angebot. Die ersten beiden Monate des Jahres 2015 mit durchschnittlich 35.000 Entleihungen lassen erwarten, dass auch 2015 ein erfolgreiches Jahr für die Onleihe Rheinland-Pfalz wird. Text und Bild: LBZ Speyer, Presse

01.03.2015


Neues Angebot des LBZ: Aufsichtscanner

Speyer- Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz (LBZ) bietet  in den beiden Landesbibliotheken in Speyer und Koblenz jeweils einen Aufsichtscanner an. So können Besucher schnell und einfach Beiträge aus Büchern und Zeitschriften bis zum Format DIN A2 kostenlos einscannen; dafür benötigen sie lediglich einen USB-Stick. Die Aufsichtscanner ergänzen damit das Angebot der kostenpflichtigen Kopierer im öffentlichen Bereich.

Die komfortable und intuitive Benutzerführung via Touchscreen ermöglicht auch ungeübten Besuchern die Nutzung. Mit Blick auf den Bestandsschutz der Vorlagen sind die Aufsichtscanner in jedem Fall ein Gewinn. Eine Buchwippe  sorgt für bestandsschonendes Scannen, d.h. die Bindung wird geschont, die Wölbung der Seiten der Vorlagen minimiert. Die Seiten können in verschiedenen Formaten abgespeichert werden (pdf, jpg, tiff). 

In Speyer finden die Besucher den Scanner vor dem Lesesaal im 2. OG (s. Foto).

LBZ / Pfälzische Landesbibliothek
Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer

Tel.: 06232 9006-224, E-Mail: info.plb@lbz-rlp.de

www.lbz.rlp.de
Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

15.02.2015


Schenkung an das LBZ Speyer im Rahmen des NS-Raubgut-Projektes

Anna und Friedrich MayerSpeyer- Im Rahmen des seit gut zwei Jahren laufenden NS-Raubgut-Projektes im Landesbibliothekszentrum / Pfälzische Landesbibliothek Speyer, erhielt die Landesbibliothek vor kurzem eine außergewöhnliche Schenkung von Büchern und DVDs, die sich mit dem Thema „Kindertransporte“ beschäftigen.

Dieser Begriff bezeichnet ein Rettungsprogramm der britischen Regierung, mit dessen Hilfe zwischen Dezember 1938 und September 1939  rund 10.000 jüdische Kinder vor der nationalsozialistischen Verfolgung in Sicherheit gebracht werden konnten. Die Kinder wurden von englischen Pflegefamilien aufgenommen. Zu diesen geretteten Kindern gehörte auch Henry (Heinz) Mayer, der später in Longwood, Florida lebte. Er traf am 5. Januar 1939 elfjährig aus Speyer kommend in England ein. Seine Eltern Anna und Friedrich Mayer mussten zu Hause auf ihre Auswanderung warten, die sich aufgrund der Einwanderungsquoten in den Aufnahmeländern verzögerte. Zu einer Emigration  kam es aber nicht mehr, weil das Ehepaar Mayer zusammen mit über 6.500 anderen badischen und pfälzischen Juden bereits am 22. Oktober 1940 nach Gurs verschleppt wurde. Von dort wurden sie im August 1942 nach Auschwitz deportiert, wo sie vermutlich kurz darauf ums Leben kamen.

Im Zuge der Untersuchungen des Bestandes der Pfälzischen Landesbibliothek auf NS-Raubgut wurden fünf Bücher mit dem Autogramm von Anna Mayer gefunden. NS-Raubgut sind Kulturgüter, die Verfolgten des Nazi-Regimes gehört haben und durch Enteignung oder Zwangsverkauf in den Besitz öffentlicher Einrichtungen gelangt sind. Das Landesbibliothekszentrum in Speyer ist die erste Einrichtung in Rheinland-Pfalz, die ihre Bestände dahingehend überprüft. Die als NS-Raubgut identifizierten Bücher sollen an die Nachfahren der NS-Opfer zurückgegeben werden. Henry Mayer verstarb bereits im Dezember 2012 im Alter von 85 Jahren, zwei Monate nach Beginn des Projektes. Seine Witwe, Patricia Rahr Mayer, ist eine der beiden Erbinnen von Anna und Friedrich Mayer, an die das Landesbibliothekszentrum Anna Mayers Bücher restituieren wird. Mit der Schenkung von sechs Büchern und zwei DVDs in englischer Sprache an die Bibliothek verbindet Patricia Rahr Mayer zum einen die Hoffnung, das Gedächtnis an die „Kindertransporte“ wach zu halten. Sie und ihr Mann Henry hatten die meisten Autoren persönlich gekannt. Zum anderen geschieht die Schenkung zur Erinnerung an ihre Schwiegereltern Anna und Friedrich Mayer, worauf die Bibliothek mit einem Geschenkexlibris* in den Publikationen hinweist.

Die geschenkten Medien sind ab dem 12. Februar für zwei Wochen in einer Vitrine im Eingangsbereich ausgestellt und können vorgemerkt werden.

* Geschenk von Henry und Patricia Mayer zur Erinnerung an die Speyerer Bürger Anna und Friedrich Mayer  † 1942 Auschwitz

LBZ / Pfälzische Landesbibliothek
Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer

Tel. 06232 9006-224, E-Mail: info.plb@lbz-rlp.de www.lbz.rlp.de

Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

Das Foto von Anna und Friedrich Mayer, das Henry und Patricia Mayer der Gedenkstätte Yad Vashem zur Verfügung gestellt haben. Patricia Mayer hat uns die Verwendung des Fotos genehmigt.

Text und Foto: LBZ, Speyer

12.02.2015


Neue URL und veränderter Webauftritt des LBZ

Speyer- Der veränderte Webauftritt des Landesbibliothekszentrums präsentiert sich mit verbesserten Funktionalitäten und einer übersichtlicheren, auf seine Dienstleistungen bezogenen Navigation, nach wie vor eingebettet in das Corporate Design des Landes Rheinland-Pfalz.

Unter der neuen URL www.lbz.rlp.de stellt das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz seine Dienstleistungen in den Mittelpunkt. An Stelle der einzelnen Standorte dominieren nun die wichtigsten Angebote der Landesbibliotheken und der Landesbüchereistelle. „Wir erhoffen uns von den vorgenommenen Veränderungen auf der Webseite eine konsequentere Ausrichtung auf unsere Dienstleistungen und Services“, erklärt die Leiterin des LBZ, Dr. Annette Gerlach.

Was ist neu? Auf der linken Seite der Navigationsleiste liegt der Fokus klar auf den LBZ-Dienstleistungen. Die Rubrik "Über uns" mit allgemeinen Informationen über das Landesbibliothekszentrum ist in der Navigationsleiste weiter unten platziert. Der sogenannte Content-Bereich in der Mitte der Webseite, besteht nicht länger automatisch aus den LBZPressemitteilungen, sondern hier stehen jetzt aktuelle Meldungen, sowohl zu LBZ-weiten wie auch zu standortbezogenen Themen. Die Dauer der Information hängt somit nun vom Inhalt ab, nicht davon, wie viele Pressemitteilungen von den einzelnen Einrichtungen des LBZ veröffentlicht werden. Die Pressemeldungen sind fortan als Unterpunkt von "Über uns" zu finden.

Die sich auf der rechten Seite befindliche Highlightspalte bietet einen Schnelleinstieg in die wichtigsten Rechercheinstrumente wie die Digitale Bibliothek, die Onleihe, das Digitalisierungsportal dilibri oder den Buchungskalender. Ansonsten finden Sie hier vor allen Dingen allgemeine Kontaktadressen oder konkrete Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im LBZ. Auf der Einstiegsseite finden Sie unter dem Punkt "Stellenbörse" ebenfalls unsere aktuellen Stellenangebote.

Wichtig ist auch der Schnelleinstieg in die Katalogsuche. Daher finden Kunden den Suchschlitz für den LBZ-Katalog zentral im Content-Bereich. Der LBZ-Katalog verzeichnet Bücher und Zeitschriften, aber auch elektronische Volltexte, Noten, Karten und audiovisuelle Medien der wissenschaftlichen Bibliotheken im Landesbibliothekszentrum. Für die Öffentlichen Bibliotheken als Kunden der Landesbüchereistelle bietet sich der direkte Einstieg über den Button „Öffentliche Bibliotheken“ oder „Leseförderung“ auf der linken Seiten der Navigationsleiste an. Die Landesbüchereistelle unterstützt mit ihren Angeboten Öffentliche Bibliotheken und deren Träger durch Beratung in allen Fragen zur Einrichtung, Ausstattung und Förderung; mit Medien aus den Ergänzungsbüchereien; durch praktische Unterstützung bei der fachlichen Medienerschließung und –bearbeitung; mit Fortbildungsangeboten zur Qualifizierung des Bibliothekspersonals sowie durch die Organisation landesweiter Projekte. Neue Homepageadresse: www.lbz.rlp.de  LBZ, Presse

25.01.2015


Bibliothekstage Rheinland-Pfalz 2014 erneut ein großer Erfolg

Zwei Preisrätsel ausgelost - Kinder im ganzen Land dürfen sich in den nächsten Tagen auf gute Nachricht freuen

spk. Speyer- Mit der Auslosung der Gewinner der beiden Preisrätsel im Foyer der „Pfälzischen Landesbibliothek“ fand jetzt noch kurz vor dem Weihnachtsfest die letzte Aktion der „Bibliothekstage Rheinland-Pfalz 2014“ statt. An der 7. Auflage dieses landesweit größten Lesefestes hatten sich vom 24. Oktober – 13. November 150 Bibliotheken mit über 300 Veranstaltungen beteiligt. Die Organisation und zentrale Koordinierung lag wie gewohnt wieder in den Händen des rheinland-pfälzischen Landesverbandes im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) und des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz. Rund 16.000 Besucher nahmen in dieser Zeit das vielseitige Angebot wahr. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen standen dabei die zentral organisierten Lesereisen sowie die zahlreiche Buchkunst-Ausstellungen, die fast die Hälfte der angebotenen Veranstaltungen ausmachten. Die teilnehmenden Bibliotheken trugen zur Vielfalt des Angebots mit eigenen Veranstaltungsideen bei.

Die diesjährigen Bibliothekstage Rheinland-Pfalz boten gleich doppelte Gewinnchancen, da neben dem etablierten Kreuzworträtsel für Kinder im Alter von 6 - 12 Jahren erstmals auch ein Bilderrätsel für Kinder bis 7 Jahre angeboten wurde.

Rund 4.500 Kinder lösten das Kreuzworträtsel richtig, das Wissen abverlangte. 30 glückliche Gewinnerinnen und Gewinner werden nun in den kommenden Tagen von „ihrer“ Bücherei darüber informiert.

Der 1. Preis, ein Tablet, geht nach Limburgerhof (Rhein-Pfalz-Kreis). Über den 2. Preis, einen E-Book-Reader, kann sich eine Benutzerin aus der Kreisbibliothek Daun (Landkreis Vulkaneifel) freuen. Die Zentralbücherei Waldfischbach-Burgalben (Landkreis Südwestpfalz) wird den glücklichen Gewinner des 3. Preises, ein Waveboard, informieren.

Das erstmals aufgelegte Bilderrätsel für Kinder bis 7 Jahre fand großen Anklang in den Büchereien, die sich daran beteiligten. Unter den rund 1.300 richtigen Einsendungen wurden ebenfalls 30 Gewinnerinnen und Gewinner ermittelt. Die Spielwarengutscheine im Wert von 150 Euro und 100 Euro gehen an kleine Besucherinnen der evangelischen Gemeindebücherei Bad Hönningen (Landkreis Neuwied) und die katholische öffentliche Bücherei St. Agatha Wehlen in Bernkastel-Kues (Landkreis Bernkastel-Wittlich). Über den 3. Preis, einen Kickroller, kann sich ein Kind aus der Gemeindebücherei Oberneisen freuen (Rhein-Lahn-Kreis).

Die Auslosung fand am 12. Dezember 2014 im Landesbibliothekszentrum Speyer statt. „Glücksfeen“ dabei waren die Direktorin des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, Dr. Annette Gerlach, der für die Büchereien zuständige Referent im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Anton Neugebauer sowie Uwe Wöhlert, Vorstand der Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz, die zugleich als Sponsor der Preise auftrat.

Wie Direktorin Dr. Gerlach bei der Auslosung der Preise noch einmal betonte,bieten die Bibliothekstage Rheinland-Pfalz eine gute Gelegenheit, mit der Unterstützung der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur und anderen Förderern und Sponsoren die ausgezeichnete Arbeit der Bibliotheken in Rheinland-Pfalz ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Foto: gc

18.12.2014


Bibliotheken in der Öffentlichkeit

Begrüßung durch Christoph Kraus, zuständiger Abteilungsleiter im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. Begrüßung durch Christoph Kraus, zuständiger Abteilungsleiter im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur.

Workshop zum zehnjährigen Jubiläum des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz

Speyer- Am 13. November 2014 feierte das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz (LBZ) in der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer mit einem Workshop, an dem ca. 80 Gäste aus dem politischen Bereich und aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken teilnahmen, sein zehnjähriges Bestehen.

In der am 1. September 2004 gegründeten Institution sind die wissenschaftlichen Regionalbibliotheken Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken, Pfälzische Landesbibliothek in Speyer und Rheinische Landesbibliothek in Koblenz mit der Landesbüchereistelle in Koblenz und Neustadt/Weinstraße zusammengefasst. Das Landesbibliothekszentrum versteht sich als Kompetenzzentrum des Landes für alle Fragen im Bereich der Medien- und Informationsvermittlung und als zentrale Entwicklungs- und Beratungseinrichtung zu bibliotheksfachlichen Fragen. Eine Bilanz nach zehn Jahren zeigt, dass die Gründung des LBZ zu einer erheblichen Serviceverbesserung für die Kunden der Bibliotheken und der Landesbüchereistelle im LBZ und zu Synergieeffekten u.a. bei der Arbeitsorganisation und in den Bereichen der Verwaltung und der Informationstechnik geführt hat.

In ihrem Grußwort ging Annette Gerlach, die Leiterin des Landesbibliothekszentrums, auf die Kernaufgaben des Landesbibliothekszentrums in der sich ändernden Medienwelt ein. Sie betonte, dass Fusionen nie einfach seien, die Gründung des Landesbibliothekszentrums aber durchaus eine Erfolgsgeschichte und Grund zum Feiern sei. Christoph Kraus, Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur überbrachte Grüße der Ministerinnen Doris Ahnen und Vera Reiss. Für ihn habe die Feier des Jubiläums in der Form einer „Arbeitssitzung“ einen starken symbolischen Charakter, so Kraus. Er freute sich darüber, dass es gelungen sei, mit der Gründung des Landesbibliothekszentrums vor zehn Jahren ein landesweit zuständiges Kompetenzzentrum für den Bibliotheksbereich zu schaffen. Das Landesbibliothekszentrum sei „die Lokomotive des rheinland-pfälzischen Bibliothekszuges“.

Thematisch wollte das Landesbibliothekszentrum mit dem Jubiläumsworkshop über den Tellerrand der näheren Umgebung hinausschauen, daher standen Referenten aus den Partnerbibliotheken in Tschechien und Polen und ein Referent aus Dänemark auf dem Programm, die über die konkreten Modelle und Projekte im Bereich „Bibliotheken und Öffentlichkeit“ in diesen Ländern berichteten. Den Anfang machte Nis-Edwin List-Petersen vom Verband der deutschen Büchereien in Nordschleswig (Dänemark), der in seinem lebendigen Vortrag das Modell der „offenen Bibliothek“ in Nordschleswig erläuterte. Durch die Einführung der “offenen Bibliothek“ mit stark erweiterten Öffnungszeiten ohne Beratungsservice an Wochenenden und in den Abendstunden, Selbstverbuchung und RFID gelang es, die Ausleihzahlen um 15 – 20% zu steigern.

Olaf Eigenbrodt von der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg beschäftigte sich in seinem Vortrag mit dem Thema „Bibliotheken als Teil der urbanen Öffentlichkeit“. Aus den Veränderungen, die die urbane Öffentlichkeit in den letzten Jahren erfahren hat, erwachsen den Bibliotheken neue Aufgaben, Anforderungen und auch neue Nutzertypen, so Eigenbrodt. Wichtig sei es, Bibliotheken als gesellschaftliche Räume auszubauen, sich mit städtischen Institutionen, Stadtteilbeiräten und Lobbygruppen zu vernetzen und Möglichkeiten für Kreativität und Wissenstransfer zu schaffen.

Der Beitrag des stellvertretenden Leiters des LBZ, Günter Pflaum, ist im Hinblick auf Rheinland-Pfalz besonders hervorzuheben, denn er beschäftigte sich mit dem Thema „Bibliotheken als Bildungspartner in einem Flächenland“ und stellte ausführlich die Leseförderprogramme für alle Altersgruppen, die das Landesbibliothekszentrum in Kooperation mit unterschiedlichen Partnern im Bildungsbereich wie Kindertagesstätten, Schulen u.a. organisiert, vor.

Helmut Reichling, Professor an der Fachhochschule Kaiserlautern, Studienort Zweibrücken beschäftigte sich mit eher theoretischen Fragen des Marketings für Bibliotheken. Modernes Marketing (Marketing 3.0) müsse gesellschaftliche Motive und deren Befriedigung zugrunde legen. So sollten Förderung des Leseverhaltens und Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz bei den Bibliotheken im Vordergrund stehen. Um neue Benutzergruppen zu erreichen, sei es wichtig, die Wünsche potentieller Besucher nach Daten- und Recherchesicherheit, Teilnahme an einer Community und Unterhaltung zu beachten.

Ein Beispiel für eine professionelle Marketingkampagne präsentierte anschließend Anna Jacobi, die Pressesprecherin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin. Sie stellte sehr lebendig die Pressekampagne der ZLB zum Neubau am Tempelhofer Feld in Print, Film und Social Media dar.

Die Direktoren der beiden Partnerbibliotheken des Landesbibliothekszentrums in Polen und Tschechien Tadeusz Chrobak ( Woiwodschaftsbibliothek Opole) und Jiri Mika (Mittelböhmische Wissenschaftliche Bibliothek Kladno) stellten die verschiedenen Projekte und Initiativen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit in ihren Bibliotheken vor und illustrierten so mit kreativen Beispielen und Ideen, welche Möglichkeiten der Serviceverbesserung und -erweiterung sich durch die Vernetzung mit anderen Partnern für Bibliotheken ergeben können.

Die Veranstaltung bildete gleichzeitig den offiziellen Abschluss der diesjährigen rheinland-pfälzischen Bibliothekstage, die vom 24.10. bis 13.11.2014 stattfanden und vom rheinland-pfälzischen Landesverband des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) in Kooperation mit dem Landesbibliothekszentrum organisiert werden. Text und Foto: LBZ Rheinland-Pfalz

20.11.2014


Onleihe nun auch in den drei Bibliotheken des Landesbibliothekszentrums

Attraktive Erweiterung des digitalen Angebotes

Speyer- Seit dem 1. September 2014 wird die Onleihe auch in den Bibliotheken des Landesbibliothekszentrums (Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken, Pfälzische Landesbibliothek in Speyer, Rheinische Landesbibliothek in Koblenz) angeboten. So ist das Landesbibliothekszentrum nicht nur wie bisher der Koordinator für den gesamten Onleihe-Verbund im Bundesland Rheinland-Pfalz sondern auch aktiver Teilnehmer des Verbundes und bereichert so das Angebot durch die Ergänzung wissenschaftlicher Titel im Sortiment. Damit sind nun insgesamt 33 Bibliotheken im rheinland-pfälzischen Onleihe-Verbund zusammengeschlossen; bis Jahresende werden es 42 Bibliotheken sein.

Die Onleihe ermöglicht einen 24-Stunden-Service für die Benutzerinnen und Benutzer der Bibliotheken. Unter dem Motto „Digitale Medien Ihrer Bibliothek – rund um die Uhr“ können Sachbücher, Romane, Hörbücher, Sach- und Lernvideos sowie einige Zeitschriften und Zeitungen von den Bibliothekskunden ausgeliehen werden. Unter www.onleihe-rlp.de werden nicht nur Medien für Erwachsene sondern auch für Kinder- und Jugendliche angeboten. Das Angebot wird ständig aktualisiert. Rund 23.000 E-Books und andere E-Medien stehen zur Ausleihe bereit. Ausleihrenner sind die Bestseller, die auch in den Bibliotheken vor Ort als gedrucktes Buch oder als Hörbuch häufig ausgeliehen werden, u.a. die aktuellen Thriller von Dan Brown oder John Grisham. Aber auch der „Spiegel“ und Computerzeitschriften werden stark nachgefragt.

Die enormen Steigerungsraten belegen die hohe Attraktivität der Onleihe für die Bibliothekskunden. So gab es in den Monaten Januar bis Juni 2014 156.843 Ausleihen; im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 96.996. Das entspricht einer Steigerung von 162 %. Allein der Monat Juli brachte in diesem Jahr eine Rekordausleihe von 30.000 E-Medien. Ähnlich sieht es bei den aktiven Nutzern der Onleihe aus. Ende Juni 2013 nutzten 16.991 Kunden die Onleihe, Ende Juni 2014 sind es 27.814 (164%).

Die Kunden der LBZ-Bibliotheken haben nun neben den gedruckten und elektronischen Beständen des LBZ zusätzlich Zugriff auf die 23.000 elektronischen Medien im Onleihe-Verbund. Als LBZ-Kunde kann jeder die Onleihe nutzen, der für die Zusatzleistung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 10 Euro jährlich entrichtet, die vor Ort zu bezahlen ist.

Auch Neukunden sind herzlich willkommen. Die in der ONLEIHE angebotenen Titel sind auch im LBZ-Katalog (www.lbz-rlp.de) nachgewiesen und recherchierbar.

Doris Ahnen, Ministerin für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur zur Onleihe: „Wir freuen uns über den enormen Erfolg der „Onleihe“ und die Erweiterung und Bereicherung des Angebotes in rheinland-pfälzischen Bibliotheken. Gerade auch die Einbeziehung der Bibliotheken im Landesbibliothekszentrum stärkt die notwendige Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken. Gerade heute ist es wichtig, unseren Bürgern einen leichten Zugang auch zu elektronischen Medien verschaffen, was in gemeinsamer Anstrengung unserer Bibliotheken immer besser gelingt.“

Dieses Konzept der Beteiligung wissenschaftlicher Bibliotheken am Onleihe-Verbund und damit der Bereicherung und Ergänzung des Angebotes der Onleihe um wissenschaftliche Literatur ist bisher einzigartig in Deutschland. Wie die Onleihe funktioniert, welche Medien ausgeliehen werden können und welche Geräte und Programme für die Nutzung geeignet sind, erfahren Interessierte in den beteiligten Bibliotheken sowie unter www.onleihe-rlp.de

LBZ Speyer, Presse

09.09.2014


Zwölfton- und serieller Musik Platz im Musikunterricht an Gymnasien verschafft

Musikpädagoge Dr. Manfred Peters übergibt seinen Vorlass der Musikabteilung des LBZ Speyer

cr. Speyer. „Schulmusik und Zwölfton- oder gar serielle Musik als zeitgemäßer Ausprägung der klassischen Neuen Musik im Unterricht – das passt doch so überhaupt nicht zusammen“. Dieses Vorurteil prägte nach dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte hinweg die Überzeugung von Schulmusikern an den Gymnasien und folgerichtig auch in den entsprechenden Lehrplankonferenzen. „Die Musik eines Karlheinz Stockhausen, eines Lugio Nono oder eines Luciano Berio ist jungen Menschen ebenso unmöglich zu vermitteln, wie es zuvor schon die Zwölftonreihen eines Arnold Schönberg waren – Schluss und Basta“. Und damit endete Schulmusik zumeist mit der Romantik, wenn's gut ging mit dem Impressionismus oder dem Klassizismus.

Einer der ganz wenigen Pädagogen in Deutschland, die nie bereit waren, sich diesem Vorurteil zu unterwerfen, ist der von 1965 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1996 als Musikpädagoge am Leininger-Gymnasium in Grünstadt tätige Dr. Manfred Peters. Er begründete 1970 an seiner Schule die „AG Neue Musik“, mit der er höchst erfolgreich das pädagogische Ziel verfolgte, die Kreativität seiner Schüler zu wecken und sie zum selbständigen musikalischen Denken und Handeln anzuleiten. „Hierfür erwiesen sich die offenen Formen der Neuen Musik, die dem eigenschöpferischen Anteil der Interpreten breiten Raum lassen, als besonders geeignet“, so Dr. Peters, der jetzt, wenige Wochen nach seinem 80 Geburtstag am 23. Juni, dem Landesbibliothekszentrum in Speyer seinen 'Vorlass' übereignete und so die bestehende Sammlung der Einrichtung zum Musikleben in der Pfalz um wertvolle Dokumente bereicherte.

.Dieser 'Vorlass' – so bezeichnen Experten die Überlassung privat gesammelter wertvoller Dokumente und Archivalien noch zu Lebzeiten des Gebers - belegt die drei wichtigsten Lebensabschnitte von Manfred Peters, der 1934 in Landau geboren wurde, und der seiner Pfälzer Heimat stets verbunden blieb. Neben dem Studium der Musikwissenschaft, Geschichte und Schulmusik in Mainz pflegte er auch die musikalische Praxis und perfektionierte seine frühe Liebe zur Blockflöte und zur barocken Traversflöte. In den 1960er Jahren galt er als einer der besten Blockflötisten des Landes und unternahm mit renommierten Ensembles wie dem „Freiburger Barock-Ensemble“ und „Musica atiqua“ Köln ausgedehnte Konzertreisen, z.B. in die damalige Sowjetunion und nach Südamerika. Davon zeugen im Vorlass Programme, Rezensionen und Schallplattenaufnahmen.

Sein zweiter Lebensabschnitt begann 1965 mit seinem Eintritt in den Schuldienst als Musikpädagoge am Leininger-Gymnasium in Grünstadt. Um das für die Schüler geeignete Repertoire zu erweitern, gewann Manfred Peters zahlreiche renommierte Komponisten dafür, Stücke eigens für seine AG zu schreiben und diese zum Teil auch selbst mit den Schülern zu erarbeiten. Dazu zählten u.a. Reiner Bredemeyer, Johannes Fritsch, Hans-Joachim Hespos, Peter Hoch, Georg Katzer, Dieter Schnebel, Mathias Spahlinger und Jakob Ullmann. Der Schriftwechsel, den Manfred Peters mit Komponisten, aber auch mit Literaten und Musikkritikern, führte, gehört zum wertvollsten Teil des Vorlasses, Hier finden sich auch Schriftstücke von John Cage, Karlheinz Stockhausen, Elfriede Jelinek und Ernst Schwitters, dem Sohn von Kurt Schwitters.

Dank der standhaften Beharrlichkeit von Manfred Peters entwickelte sich die AG - trotz einer heftig umstrittenen Anfangsphase - zu einem wagemutigen Vorreiter in der Erkundung neuester musikalischer Entwicklungen durch aufgeschlossene Jugendliche auch ohne spezielle Vorbildung. Sie wurde zu einem Leuchtturm im Musikleben der Pfalz und zu einem Vorzeigeobjekt der Musikpädagogik insgesamt. Einladungen zu Tagen und Festivals der Neuen Musik erreichten die AG aus dem gesamten Inland und dem benachbarten Ausland. Ihre Aufführungen wurden von Rundfunk und Fernsehen aufgezeichnet und von der überregionalen Presse wohlwollend begleitet.

Eine Schallplatte und zwei CD-Produktionen machen diese Pionierleistung Dr. Peters auch heute noch nachvollziehbar. Ihr exemplarischer Rang wurde in einer CD-Edition des Deutschen Musikrats zur „Musik in Deutschland 1950-2000“ dokumentiert. Der Forschung zur jüngeren deutschen  Musikpädagogik steht hiermit reiches Material zur Verfügung.

In seiner dritten Lebensphase widmet sich Dr. Manfred Peters heute vorrangig der wissenschaftlichen Erforschung von Musik. Dabei steht – wie schon früher – Johann Sebastian Bach im Mittelpunkt seines Interesses. Forschungen über die Bedeutung der musikalischen Rhetorik für die Instrumentalwerke Bachs, speziell die Fugen, führten zu Lehraufträgen am Lehrstuhl für Musikwissenschaft der TU Dresden und zu seiner Dissertation unter dem Titel „Die Dispositio der Oratorie als Beitrag zum Formverständnis ausgewählter Instrumentalfugen von J. S. Bach“, mit der er 2004 promoviert wurde. Seine neuen Erkenntnisse hat er in mehreren Büchern und Zeitschriftenartikeln publiziert, die in der Fachwelt hohe Anerkennung genießen.

Nicht zuletzt erforscht Manfred Peters seine musikalischen Wurzeln und engagiert sich dafür, die Erinnerung an seinen Großonkel, den Komponisten Heinrich Kaminski (1886-1946), lebendig zu erhalten.

LBZ-Standortleiterin Ute Bahrs und die Leiterin der renommierten Musikabteilung der „LaBi“, Dr. Elisabeth Diederichs, würdigten den Neuzugang als eine wesentliche Bereicherung der bestehenden Sammlung, der jetzt dank der Möglichkeiten des LBZ einer noch breiteren, interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könne. Die Exponate der „Sammlung Dr. Manfred Peters“ können ab sofort im LBZ genutzt bzw. ausgeliehen werden.

Foto: gc

22.07.2014


„Erinnerung ist mehr als die Bewahrung der Asche – sie ist vielmehr Ausdruck unserer Verantwortung für die Zukunft“

Eindrucksvoller Festakt zur Eröffnung der Doppelausstellung zum Gedenken an den 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges

von Gerhard Cantzler

Speyer- Das Interesse an der Eröffnungsveranstaltung zu der umfangreichen Doppelausstellung im Gedenken an den 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs im Historischen Museum der Pfalz (lesen Sie dazu den Bericht im SPEYER-KURIER vom 27.05. 2014) und im gemeinsamen Foyer von Landesbibliothekszentrum und Landesarchiv in Speyer war dem Ereignis angemessen riesig – das Foyer bis auf den letzten Platz besetzt und selbst auf den Emporen drängten sich noch die Besucher, als der Mainzer Kulturstaatssekretär Walter Schumacher am Mittwoch abend an das Mikrophon trat, um die zahlreichen, illustren Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu begrüßen – an ihrer Spitze Brigitte Hayn MdL, (Neustadt), den früheren Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck sowie den langjährigen Oberbürgermeister von Speyer und Vorsitzenden des Historischen Vereins der Pfalz, Werner Schineller.

Schumacher zeigte sich dabei tief beeindruckt von der überaus großen Resonanz, auf die die zahlreichen Veranstaltungen so vieler Einrichtungen im ganzen Lande zu diesem Anlass stoßen. „In diesen Wochen zeigt sich, dass die Frage, wie dieser Krieg die eigene Heimatregion betroffen hat, die Menschen in Rheinland-Pfalz bis zum heutigen Tag tief bewegt“. Am Beispiel des lange Zeit in der Südpfalz lebenden und wirkenden Impressionisten Max Slevogt beschrieb er dessen Wandel vom Maler Harmonie verströmender Landschafts- und Genrebilder zum Kriegsmaler und Porträtist von Szenen voller Elend und Verzweiflung sowie das Los des Speyerer Künstlerpaares Hans Purrmann und Mathilde Vollmoeller, die unter dem Eindruck des Krieges ihren Aufenthalt in Paris abbrechen und ihre Freundschaft zu Henri Matisse aussetzen mussten. „Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts war losgebrochen“, stellte der aus Kaiserslautern stammende Staatssekretär fest, „als das in Ludwigshafen bei der BASF entwickelte „Haber-Bosch-Verfahren“ nicht mehr zur Herstellung von Düngemitteln, sondern zur Produktion von Giftgas eingesetzt wurde“.

Dr. Walter Rummel, Standortleiter des Landesarchivs Speyer, stellte in seinem Statement den grenzüberschreitenden Charakter der Ausstellung in seinem Hause in den Vordergrund, in der 35 wissenschaftliche Institutionen in der Schweiz, dem Elsass sowie in Baden und der Pfalz eng zusammengearbeitet hätten. Dadurch hätten Ausstellung und Katalog in überaus kurzer Zeit realisiert werden können – das Ziel, mit möglichst geringem Aufwand eine eindrucksvolle und zugleich hochmobile Wanderausstellung zusammenzustellen, sei erreicht worden. „Wir wollten keinen „Blockbuster“ - keine 'Kriegsausstellung' mit Exponaten wie dem zuvor von Staatssekretär Schumacher angesprochenen, massenweise zum Einsatz gekommenen Maschinengewehr O8/15 – später Inbegriff der Sinnlosigkeit jeden Krieges – präsentieren“, betonte Dr. Rummel, „sondern den Besuchern unserer Schauen die Auswirkungen des Krieges auf ihre nähere Heimat – die Pfalz und Baden – die „Heimatfront“ eben - in all ihren Auswirkungen vor Augen zu führen“.

Gegliedert in sieben Abschnitte - vom Kriegseintritt im August 1914 bis zum Kriegesende 1918 und zu den Kriegsfolgen bis ins Jahr 1924 hinein - beleuchte die Ausstellung anhand von je zwei Schautafeln zu jedem Abschnitt wichtige Aspekte dieses Krieges, - in Speyer noch bis zum 28. Juni, ehe sie dann ins „Technoseum Mannheim“ und danach an zahlreiche andere Orte in der Pfalz und in Baden „weiter wandere“. Das besondere dabei sei, dass die Schau an jedem Ort ihrer Präsentation durch Exponate aus den Beständen ihres jeweiligen „gastgebenden Hauses“ ergänzt werde. „Damit stellt sich die Ausstellung jenseits der großen Linien an jedem Ort anders dar“, so Dr. Rummel, sicher Grund genug, sie an unterschiedlichen Standorten auch mehrmals zu besuchen.

In Speyer seien die ergänzenden Exponate insbesondere solche, die man aus heutiger Sicht durchaus als Propagandamedien bezeichnen könnte. Auch die Kriegszeichnungen von Max Slevogt und die Tagebuchaufzeichnungen von Ernst Jünger seien genauso bewegende Zeugnisse einer sich rasch wandelnden Sicht auf den Krieg wie das Schicksal der aus Weiher stammenden Winzerfamilie Jakob und Barbara Ziegler, die drei ihrer sechs Söhne im Krieg verlor und das sich in dem im Speyerer Landesarchiv verwahrten, bewegenden Briefwechsel dokumentiert. „Diese Ausstellung ist deshalb keine Schau über Glanz und Siege in einem sinnlosen Krieg, sondern ein Zeugnis für Verblendung und Elend“, schloß Dr. Rummel seine nachdenkliche Einführung.

Sein Kollege Dr. Ludger Tekampe, Kurator der Aussstellung „1914 – 1918. Die Pfalz im Ersten Weltkrieg“ im Historischen Museum der Pfalz in Speyer, gab sodann einen Einblick in die von ihm gestaltete Schau, über die der SPEYER-KURIER in seiner Ausgabe vom 27.05.2014 bereits ausführlich berichtete. Dr. Tekampe betonte, dass beide Ausstellungen versuchten, einen neuen Blick auf den Ersten Weltkrieg zu eröffnen. „Dies ist heute ganz besonders nötig, damit wir uns tagtäglich aufs neue der Kostbarkeit des Friedens bewußt werden“.

In seiner von persönlicher Betroffenheit geprägten, bewegenden Ansprache stellte der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck an den Beginn seiner Ausführungen den aufrüttelnden Appell an alle Lehrer und sonstige Lehrpersonen, die besonderen Daten dieses Jahres – den 100. Jahrestag des Beginns des Ersten und den 75. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges sowie den 25. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR und des Mauerfalls als besondere Verpflichtung zu verstehen, immer wieder an das Geschehene zu erinnern. Die Deutschen müssten an jedem Tag neu darum bemüht sein, mit den Menschen in anderen Ländern zusammenzuarbeiten, „damit wir stets nur ein gutes Beispiel für weltkrieg die anderen abgeben“, so Beck. Mit Blick auf die beiden aktuellen Speyerer Schauen gab der Ministerpräsident a. D. seiner Freude darüber Ausdruck, dass sie die Ereignisse des Ersten Weltkrieges nicht aus der „Perspektive der 'großen' Politik“, sondern stets aus dem Blickwinkel der eigentlich Betroffenen - der „ganz normalen Menschen“ darstellten.

Kurt Beck erinnerte an das Los seines eigenen Großvaters – ein typisches Soldaten-Schicksal – der im Ersten Weltkrieg eine Giftgasvergiftung und bedingt dadurch eine schwere Lungenschädigung erlitt und der dennoch auch im Zweiten Weltkrieg erneut als „letztes Aufgebot“, als Volkssturmmann, zum Kriegsdienst eingezogen wurde. In seiner Heimatgemeinde Steinweiler, so Beck, seien gleich zu Kriegsbeginn 86 junge Männer eingezogen worden, von denen schon kurz darauf bereits elf gefallen waren. „Was hätten diese Menschen für Ihre Familien, für sich selbst und für unser ganzes Volk leisten können, wenn man ihnen den Frieden erhalten hätte?“ so Becks nachdenkliche Frage, die er sich dann gleich selbst mit dem Hinweis auf die friedliche Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg beantwortete:.„Zu welchen Leistungen für ihre Gesellschaft die Opfer des Ersten Weltkrieges imstande gewesen wären, können wir heute am Beispiel der Entwicklung unseres Landes in den vergangenen 69 Jahren des Friedens ermessen“. Beck führte auch vor Augen, wie Bauern durch die Requirierung ihrer Fuhrwerke die Existenzgrundlage genommen worden sei oder wie - grotesk genug - Eisenbahner erst bewaffnet wurden, um Bahnhöfe und Bahnlinien gegen vermeintliche Attentäter zu schützen, um kurz darauf ihre Waffen wieder einzusammeln, um „eine ungewollte Massenbewaffnung“ zu verhindern. „Groteske Situationen waren das“, so Beck, der daraus den Schluss zog, dass sich die Menschen nie mehr durch indoktrinierende „mainstream-Meinungen“ beeinflussen lassen dürften.

Damit schlug er zugleich auch den Bogen von der Propaganda des Ersten Weltkrieges auf allen kriegsbeteiligten Seiten hin zu den Parolen, wie sie auch heute wieder in der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Rußland und der Ukraine zu vernehmen seien. „Statt lauter Propaganda brauchen wir deshalb immer wieder das direkte Gespräch zwischen den Staaten“, rief er alle politisch Verantwortlichen zum Dialog auf. „Die Zeit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat in beklemmender Weise gezeigt, wie schnell Propaganda-Parolen verfangen können“, so Beck, der aber gleichzeitig auch davor warnte, das gegenwärtig einvernehmliche Miteinander über regionale und nationale Grenzen hinweg zu leicht als Selbstverständlichkeit zu verstehen: „Nein“, rief Beck seinem Auditorium zu, „darum müssen wir uns jeden Tag aufs neue bemühen – daran müssen wir immer wieder auf allen Ebenen arbeiten“.

Der grenzüberschreitende Zusammenschluß in der Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren Verzahnungen bis weit in die Schweiz und das Elsaß hinein sei deshalb die einzig richtige Antwort auf die furchtbaren Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges gewesen, zeigte sich Beck überzeugt, der auch seiner eigenen Partei den Vorhalt nicht ersparen konnte, zu Beginn des Ersten Weltkrieges dem Rausch der Kriegsrhetorik erlegen und den Kriegskrediten zu- und in die euphorische patriotische Gesinnung mit eingestimmt zu haben.

„Erinnern ist deshalb mehr als nur das Bewahren der Asche – es ist vielmehr der Ausdruck unser aller Verantwortung für die Zukunft“, schloß Beck seine aufrüttelnde Ansprache.

In seinem Einführungsvortrag umriß schließlich der Mainzer Zeitgeschichtler Prof. Dr. Michael Kißener die Situation während des Krieges „im Westen (des Deutschen Reiches) und im „frontnahen Heimatgebiet“. Dabei richtete er sein besonderes Augenmerk auf die allegemeine geostrategische Lage in der Pfalz zu Beginn des Krieges sowie auf die Versorgung Verwundeter auf beiden Seiten der Front sowie auf den Umgang mit den Kriegsgefangenen. Wie Prof. Kißener konstatieren musste, sei das deutsche Militär mit beidem schon sehr bald restlos überfordert gewesen.

Mit der unvorstellbar großen Zahl Verwundeter und den schrecklichen Verletzungen, die neuartige Waffensysteme bei den verwundeten Kriegsgegnern hinterlassen hätten, seien die Verantwortlichen schon bald ebenso an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gestoßen wie mit der riesigen Zahl von Kriegsgefangenen. Allein bis Mai 1915 habe das deutsche Heer über 250.000 Gefangene gemacht, mit deren Verwahrung, Unterbringung und Versorgung die zuständigen Stellen restlos überfordert gewesen seien – Themen und Inhalte übrigens, die in den kommenden Monaten sicher noch viele Bücher füllen und Gegenstand zahlreicher neuer Fernsehproduktionen sein werden.

Was übrigblieb war eine zunehmend chaotische Situation an Front und Heimatfront, die so garnicht zu dem auf Disziplin und Ordnung ausgerichteten deutschen Militärwesen passen wollte. Einziger Trost für die Kriegsgefangenen: Im Gegensatz zum Zweiten Weltkrieg habe zumindest in der Pfalz keine Rede von einer „schlechten Behandlung der Kriegsgegner“ die Rede sein können, so der Zeitgeschichtler. Ganz im Gegenteil: Immer wieder sei es hier auch in der Presse zu empörten Beschwerden darüber gekommen, dass die Zivilbevölkerung in der Pfalz die Gefangenen in unangemessen freundlicher Weise behandelen und sie mit „Liebesgaben“ bedenken würde.

Eine höchst ambivalente Situation also, die der Wissenschaftler da skizzierte und die sich doch so ganz und gar von dem „Hurra-Patriotismus“ unterscheidet, der - insbesondere in der späteren, reflektierenden Darstellung der Ereignisse von „Vierzehn-achtzehn“ in der den „Heldenmythos“ überhöhenden und verherrlichenden Propaganda des Nationalsozialismus - zu einer über viele Jahrzehnte aufrecht erhaltenen Verfälschung der wahren Ereignisse jener Zeit führte.

Die beiden Speyerer Schauen sind dshalb bestens dazu angetan, die tatsächliche Situation in diesem ersten, wirklichen „Weltkrieg der Menschheitsgeschichte“ auf die Ebene der am meisten von ihm Betroffenen, der an ihm leidenden Soldaten auf beiden Seiten sowie der Zivilbevölkerung, zu rücken. Und deshalb lohnen beide, besucht zu werden.

Zu dem höchst nachdenklichen Grundton dieser beiden Ausstellungen und ihrer Eröffnung passte dann schließlich auch die musikalische Umrahmung des Abends mit Musik eines Zeitzeugen dieses Krieges, des ungarischen Komponisten Zoltán Koldály, mit dessen von Zerrissenheit geprägten Duo für Violine und Violoncello op. 7 aus dem Jahr 1914 (!) Beate Holder-Kirst (Violoncello) und Wolfgang Brodbeck (Violine) in beeindruckender Weise zu diesem „Ereignis der Erinnerung“ beitrugen. Foto: gc

30.05.2014


Schmerzhafte Zeugnisse einer unseligen Zeit

Südwestrundfunk mit Vorpremiere seiner Dokumentation „Der Erste Weltkrieg im Südwesten“

von Gerhard Cantzler

Speyer- Wer durch die Informationskanäle der öffentlich-rechtlichen wie der privaten Fernsehprogramme „zappt“, der kann fast tagtäglich und zu jeder Tageszeit höchst informative Dokumentationen zum Zweiten Weltkrieg, seiner Vorgeschichte und seinen Folgen sehen. Ganz anders dagegen, wenn es um den Ersten Weltkrieg geht. Er scheint - wohl bedingt durch die sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts rasch entwickelnden Medientechnologien wie Fotografie, Film und Tonübertragung, vor allem aber durch die stark ideologisch bestimmte Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges, der die Erinnerungen an den ersten rasch überlagerte – zu Unrecht weitgehend aus dem Blickfeld von Historikern und Politikwissenschaftlern geraten zu sein.

Erst jetzt, im Vorfeld des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges in der Folge des Attentats auf den Österreich-Ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juli 1914, werden Ausstellungen vorbereitet, Bücher veröffentlicht und filmische Dokumentationen vorbereitet.

Zur Vorpremiere von Teil 1 einer der ersten davon, der SWR-Dokumentation „Der Erste Weltkrieg im Südwesten“, konnte gestern abend LBZ-Standortleiterin Ute Bahrs in dem bis auf den letzten Platz gefüllten gemeinsamen Foyer von Landesarchiv und Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz in Speyer zahlreiche Gäste begrüßen, unter denen man u.a. auch den Standortältesten der Speyerer Bundeswehrgarnison, Oberstleutnant Stefan Jeck und den Speyerer Domdekan Dr. Christoph Kohl sah.

Für den Autor der Dokumentation, Knut Weinrich und die zuständige SWR-Redakteurin Gabriele Trost war dieser Abend durchaus ein Experiment mit ungewissem Ausgang, hatten sie doch bisher noch nie ein solches Werk, das die Privatsphäre der in dem Film Porträtierten so tief berührt, in einem solchen Rahmen vorgestellt.

Anhand der Lebensschicksale von vier Familien aus Südwestdeutschland werden in der Dokumentation die sich wandelnden Auswirkungen dieses ersten „industriell geführten Massenkrieges“ in der Menschheitsgeschichte auf Individuen und Gesellschaft dargestellt - eines Krieges, den Wissenschaftler bis heute als „die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ charakterisieren und von dem manche sogar glauben, dass er angesichts der bürgerkriegsähnlichen Ereignisse auf dem Balkan und zuletzt an der russisch-ukrainischen Grenze eigentlich bis heute noch nicht wirklich beendet ist .

In eindringlich-bewegender, höchst sensibler Weise ist es dem Autor in dieser Dokumentation gelungen, über zeitgenössische Sequenzen aus Wochenschauen und privat gedrehten, frühen Filmen sowie durch private Fotografien eine Annäherung an die wahren Gefühle und Verhältnisse der Menschen in dieser Zeit zu ermöglichen. Insbesondere die szenische Umsetzung von Briefwechseln zwischen „der Heimat und den Lieben an der Front“ lassen klar erkennen: Da war nichts vorhanden von dem aus propagandistischen Gründen so gerne vorgeführten „Hurra-Patriotismus“ offizieller Verlautbarungen.

In den vier Familiengeschichten spiegelt sich der Krieg in all seinem sich steigernden Grauen. Mit drei dieser Geschichten rücken Autor und Redakteurin durchaus prominente Zeitzeugen ins Rampenlicht: Die Familie des großbürgerlichen Filzfabrikanten Hähnle aus Giengen a.d. Brenz, der bis zum Kriegsbeginn u.a. auch die Fabriken von Margarete Steiff mit Filzprodukten belieferte, dann aber seine gesamte Produktion auf Filzdecken, Ummantelungen von Feldflaschen u.ä.m. umstellen musste. Seine Frau Lina Hähnle, die im Jahr 1899 in Stuttgart den Bund für Vogelschutz - heute Naturschutzbund Deutschland – gründete, richtete in dem Fabrikgebäude in Giengen ein großes Lazarett ein.

Der zweite prominente Name in dem Film ist der des Freiburger Verlegers Hermann Herder. „Mehr als in anderen Gegenden des Deutschen Reichs sind die Menschen im Südwesten mit dem Krieg konfrontiert“, beschreibt der SWR in einem Begleittext zu der Dokumentation die damalige Situation in der Münsterstadt. „Die Region ist Auf- und Durchmarschgebiet für die Westfront. Kanonendonner und Kampflärm aus den Vogesen sind bis Freiburg zu hören und schüren bei Kriegsbeginn massive Ängste. In Freiburg gründet Charlotte Herder ein Lazarett in den Verlagsräumen ihres Mannes. Obwohl sie zum wohlhabenden Freiburger Großbürgertum gehört, spürt auch sie die zunehmende Not am eigenen Leib. Und sie erlebt, wie bereits im Ersten Weltkrieg im Südwesten Zivilisten Opfer des Bombenkrieges werden“.

Der dritte Name führt, zumindest in Ansätzen, auch in die Pfalz und nach Speyer: Elly Heuss-Knapp, Ehefrau des späteren ersten Bundespräsidenten der neuen Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und Gründerin des „Müttergenesungswerkes“ mit verwandtschaftlichen Beziehungen in die Domstadt Speyer, wo sie auch später immer wieder gerne zu Gast waren, organisiert in Heilbronn Arbeit und Versorgung für Soldatenfrauen. Am Kriegsende bangt sie um das Leben ihres Vaters im elsässischen Straßburg, das inzwischen wieder Frankreich zugeschlagen worden war. Für ihr Engagement wird Elly Heuss-Knapp im dritten Kriegsjahr mit einem vom württembergischen König Wilhelm gestifteten und nach seiner Frau Charlotte benannten Orden geehrt,. Spöttisch kommentiert Elly Heuss-Knapp diese Ehrung: „Schade nur, dass der Orden die Initialen des Königspaares Wilhelm und Charlotte trägt“...... Galgenhumor angesichts einer sich zunehmend verschlechternden Gesamtsituation?

Siehe: SWR-Video „Verleihung des Charlottenordens“

Der vierte Name schließlich ist eigentlich mehr durch einen glücklichen Zufall in den Film geraten. Auf der Suche nach Briefen der Söhne der Pfälzer Heimatdichterin Lina Sommer kam die SWR-Redakteurin mit Wiltrud Ziegler, Historikerin aus Weyher an der Weinstrasse, ins Gespräch. Dabei erfuhr sie, dass die „Spur Lina Sommer“ sie ins rechtsrheinische „Ausland“, nach Baden führen würde und damit die Pfalz als wichtiger Region im Drehbuch für ihre Dokumentation wieder ausfallen würde. Doch da konnte ihr Wiltrud Ziegler helfen: Sie verwies auf einen im Landesarchiv in Speyer verwahrten Briefwechsel aus weit über 1.000 Briefen, den ihre Großmutter in der Kriegszeit mit ihren sechs Söhnen geführt hatte, die allesamt zum „Dienst für Kaiser und Vaterland“ einrücken mussten. „Für mich war das der größte Treffer meiner beruflichen Karriere“, erinnerte sich Gabriele Trost gestern abend - innerlich noch immer spürbar aufgewühlt. Denn drei der Söhne des Ehepaares Ziegler blieben in diesem Krieg auf den Schlachtfeldern im Westen. Die Korrespondenz aber schildert ungeschminkt und in bewegenden Worten die Zustände in den von Dauerbeschuss aufgewühlten Schützengräben des Stellungskrieges – auf der anderen Seiten aber auch die immer schwierigere Situation zuhause, wo die Frauen allein den Weinbaubetrieb „über Wasser halten“ mussten.

Siehe auch: SWR-Video „Todesmeldung Georg Ziegler“

Norbert Ziegler, heute 85 und Sohn des den Krieg überlebenden Jakob Ziegler sowie zahlreiche Mitglieder seiner vielköpfigen Familie waren an diesem Abend nach Speyer gekommen, um der Vorführung beizuwohnen. Sie zeigten sich im Anschluss daran tief bewegt und dankbar dafür, diese dramatisierte Fassung ihrer eigenen Familiengeschichte als erste miterleben zu können.

Wie sehr die Menschen in der Region aber - entgegen allen anderen Erwartungen - die Situation vor einhundert Jahren bewegt, bewies die anschließende intensive Frage- und Diskussionsrunde, die - angeregt und sachkundig moderiert vom Leiter des Speyerer Landesarchivs, Dr. Walter Rummel - nach anfänglichem Zögern in Gang kam. In sie schaltete sich dann auch der frühere Landrat von Ludwigshafen und Regierungspräsident a.D. Dr. Paul Schädler ein, der die Situation am Vorabend des Ersten Weltkrieges mit der gegenwärtigen Lage in der Ukraine und auf der Krim verglich. „Hoffen wir, dass die heute verantwortlichen Politiker gemässigter und vernünftiger zu handeln in der Lage sind als ihre Vorgänger im Jahr 1914“, so Dr. Schädler, der im 2. Weltkrieg auch selbst drei Brüder seines Vaters verloren hat – einen davon vor Stalingrad.

Dass sich am Ende der Filmvorführung die Ergriffenheit über das Gesehene erst langsam löste und sich dann in lang anhaltendem Beifall entlud, kann als Zeichen dafür bewertet werden, dass die „Macher“ mit diesem Film die Herzen ihrer Zuschauer getroffen haben.

Die 90minütige Langfassung des Filmes zeigt der Südwestrundfunk am Sonntag, dem 6. April 2014, um 2015 Uhr in seinem 3. Fernsehprogramm. Man darf gespannt sein. Foto: gc

02.04.2014


Plakate und Maueranschläge aus der Zeit von 1914 bis 1919

Eine außergewöhnliche Annäherung an den 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs

cr. Speyer-  Ganz im Zeichen der Erinnerung an den 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges wird das Jahr 2014 auch für politisch und zeitgeschichtlich interessierte Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar stehen. An einem der kulturellen Zentren in der Pfalz, dem Standort Speyer des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz LBZ - der traditionsreichen „LaBi“ - wird wohl die „Ausstellung über den Ersten Weltkrieg in der Metropolregion Rhein-Neckar“ zu einem der herausragenden Höhepunkte werden, die am 28. Mai 2014 von dem früheren rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck im LBZ in Speyer eröffnet werden wird.

Dieses Gedenkjahr hat jetzt in der Speyerer 'LaBi' mit einer ganz besonderen Annäherung an den Alltag in der Zeit des Ersten Weltkrieges begonnen: Dr. Armin Schlechter, Leiter der Abteilung „Handschriften und alte Drucke“ des LBZ, hatte die gut 700 Exponate umfassende Sammlung von Plakaten und Maueranschlägen des Hauses aus der Zeit von 1914 bis in die Zeit der französischen Besetzung im Jahr 1919 bearbeitet und diese damals entstandenen Medien nach ihren inhaltlichen Aussagen, Zielsetzungen und Adressaten geordnet.

Dabei wies Dr. Schlechter gleich zu Beginn seines mit vielen Abbildungen illustrierten Vortrages darauf hin, dass die entsprechenden Drucke auf deutscher Seite fast ausschließlich zur Bekanntmachung offizieller Verlautbarungen verwendet wurden, während Plakate und Flugblätter der französischen und englischen Kriegsgegner weitaus häufiger zur Verbreitung propagandistischer Parolen genutzt worden seien. So wurden mit Hilfe eines ausgeklügelten, technischen Systems über der deutsche Stellungen aus Fesselballons Flugblätter abgeworfen, mit denen die Soldaten zur Kapitulation oder zum Überlaufen aufgerufen wurden. „Die Deutschen haben eine solche Propaganda abgelehnt und als Verstoss gegen die 'Haager Landkriegsordnung' verstanden“, betonte der Referent. Die deutschen Plakate und Maueranschläge hätten sich deshalb auch ausschließlich an deutsche Bürger gerichtet, um sie z.B. über aktuell gültige Höchstpreise für Lebensmittel und andere Waren zu informieren.

Aber auch andere, kriegsrelevante Verlautbarungen seien auf diesem Wege verbreitet worden: Aufrufe an junge Männer zur Gestellung für die Musterung, Verhaltensregeln bei Fliegerangriffen, Aufrufe zu patriotischen Kriegsspenden („Gold gab ich für Eisen“) und Kriegsanleihen, Appelle zur materiellen Unterstützung Verwundeter oder von Hinterbliebenen gefallener Soldaten.

Daneben sollten die zum Teil höchst kunstvoll gestalteten Plakate und Maueranschläge die Menschen in Zeiten zunehmender kriegsbedingter Verknappung von Lebensmitteln und anderer, „kriegswichtiger“ Güter zur Sparsamkeit aufrufen und ihnen Alternativen zu den gewohnten Produkten nahe bringen. So wurden sie zum Sammeln von Bucheckern, Kastanien, Brennesseln (Bester Ersatz für Baumwolle) und Wildgemüse aufgefordert - Obstkerne sollten als Grundlage für die Ölgewinnung die Ölfrüchte ersetzen.

Auch Plakate als Werbung für kulturelle Ereignisse in Kriegszeiten wurden vorgestellt: Theateraufführungen der „großer Klassiker“ und Konzerte für Soldaten, Verwundete und Zivilisten sollten die Stimmung an der Front und zuhause 'hoch' halten.

Und dann gab es auch zum Kriegsende wieder neue Verlautbarungen – patriotische Durchhalteparolen bis zur Ankündigung der Kapitulation - zunächst noch von der bayerischen Regierung und von den militärischen Kommandostellen von München bis nach Landau und Germersheim, ehe dann nach der Besetzung der Pfalz Ende 1918 auf den Plakaten Befehle französischer Militärs in französischer Sprache das Straßenbild bestimmten.

Lesen Sie den Vortrag von Dr. Armin Schlechter im Wortlaut im SPEYER-KURIER

Plakate – sie waren, wie Dr. Schlechter es schilderte, also auch ein Stück „psychologischer Kriegsführung“, die so wohl zum ersten Mal in der Kriegsgeschichte zum Einsatz kamen – zuhause und an den Fronten des Weltkrieges.

Zu Beginn dieses spannenden Vortragsabends hatte die Standortleiterin des LBZ in Speyer, Ute Bahrs, ein wiederum vielköpfiges Auditorium begrüßen können - an seiner Spitze den Speyerer Oberbürgermeister Hansjörg Eger und seinen Amtsvorgänger Werner Schineller. Unter den Gästen sah man u.a. auch den früheren Neustadter Regierungspräsidenten Rainer Rund sowie in Vertretung des verhinderten Standortältesten der Speyerer Bundeswehrgarnison, Oberstleutnant Stefan Jeck, an der Spitze einer kleinen Abordnung von Offizieren aus der Kurpfalzkaserne Oberstleutnant Jürgen Manthey.

Übrigens setzt das LBZ seine Veranstaltungsreihe zur Geschichte des Ersten Weltkrieges bereits am Dienstag, dem 1. April 2014 um 19.00 Uhr am Standort Speyer fort. Dann zeigt der Südwestrundfunk in einer Vorpremiere seine Dokumentation „Der Erste Weltkrieg im Südwesten“. Foto: gc; Plakate: LBZ

26.03.2014


Vortrag von Dr. Armin Schlechter in der Pfälzischen Landesbibliothek

Die Pfalz im Ersten Weltkrieg im Spiegel der Plakatsammlung der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer

Die Pfälzische Landesbibliothek, seit 2004 Teil des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, wurde im Jahr 1921 begründet und zwei Jahre später eröffnet. Ihre den Ersten Weltkrieg betreffenden Sammlungen sind mithin erst retrospektiv erworben worden. Den zweifellos wichtigsten Fonds bilden etwa 700 Plakate und Maueranschläge aus der Zeit von 1914 bis 1919 einschließlich des ersten Jahres der Besetzung durch französische Truppen ab Ende November 1918. Diese Plakate sind Teil einer größeren, zusammen etwa 2.500 Einheiten umfassenden Sammlung, die vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis etwa 1950 reicht. Diese Plakatsammlung stammt aus unterschiedlichen, heute nicht mehr in Gänze fassbaren Quellen, die aber in der Pfalz zu vermuten sind. Teils handelt es sich um druckfrische Exemplare, teils um tatsächlich öffentlich ausgehängte Plakate oder Anschläge, wie beispielsweise typische Verschmutzungen, Reißnagelspuren oder sogar Putzreste zeigen.

Die einzelnen Plakate der Sammlung sind bisher nicht erschlossen, aber als Grundlage für die weitere Arbeit komplett nach verschiedenen Gruppen sortiert. Begonnen wurde mit der konservatorischen Sicherung der Sammlung. Ein Teil der Plakate weist Risse und Verschmutzungen auf, bei anderen wurde zeitbedingt sehr schlechtes und dünnes Papier verwendet, so daß manche Plakate entsäuert und mit Japanpapier in der Fläche gesichert werden müssen, was angesichts der Größe der Sammlung sehr zeitaufwendig ist.

Zweifellos besteht ein Zusammenhang zwischen der Plakatsammlung der Pfälzischen Landesbibliothek und den sogenannten Kriegssammlungen der Zeit, die von öffentlichen Einrichtungen, aber auch von Privatpersonen ab Kriegsbeginn zusammengetragen worden sind, um dieses als überaus bedeutend empfundene Ereignis, diese „große Zeit“, möglichst lückenlos zu dokumentieren. Neben Plakaten gehörten dazu Feldzeitungen, Feldpostbriefe, Kriegstagebücher, Kriegsandenken und vieles andere mehr. Bereits 1917 erschien ein gedrucktes Verzeichnis, das die in Deutschland entstandenen Sammlungen dieser Art dokumentierte. In Speyer begründete das Historische Museum der Pfalz eine solche Kriegssammlung. Wahrscheinlich schwand nach der Niederlage das öffentliche Interesse an diesen Materialien, weshalb die Plakate letztlich ohne nähere Bestimmungen an die Landesbibliothek abgegeben worden sind.

Die Pfalz gehörte seit 1816, nach dem Fall Napoleons, wieder zum Königreich Bayern, ohne allerdings über eine Landverbindung dorthin zu verfügen. Nach der Annexion von Elsaß-Lothringen im Gefolge des Krieges von 1870/71 hatte die Pfalz ihren jahrhundertelangen Status als Grenzland verloren. Die ab 1871 vor allem in Landau und Zweibrücken stationierten pfalzbayerischen Regimenter wurden im Jahr 1900 zur 3. Infanterie-Division oder Pfälzer Division zusammengefasst. Sie bildete mit der 4. Division das II. bayerische Armeekorps, das seinen Sitz in Würzburg hatte. Mit königlicher Verordnung vom 31. Juli 1914 gingen die Befugnisse vieler zivilen Staatsbehörden auf die Militärbehörden über. Diese Aufgaben nahmen neben dem stellvertretenden Generalkommando des II. Armeekorps in Würzburg, bei dem die Oberhoheit lag, der Gouverneur der Festung Germersheim sowie der Kommandeur der 6. Infanterie-Brigade in Landau wahr.

Aufgrund ihrer grenznahen Lage spielte die Pfalz als militärische Basis im Ersten Weltkrieg eine große Rolle. Hier waren viele Ersatztruppenteile stationiert. Daneben gab es einige Lazarette, und ebenso wurden viele Kriegsgefangene hier untergebracht. Obwohl die Front vollständig auf französischem Territorium verlief, blieb die Pfalz nicht von direkten Kriegseinwirkungen verschont. Der erste französische Luftangriff auf diese Region galt am 27. Mai 1915 der Pulverfabrik in Ludwigshafen, wobei etliche Tote zu beklagen waren. Weitere Angriffe unter anderem auf Friesenheim im März 1918 folgten. Wie in allen anderen deutschen Territorien wurde die Versorgungslage auch in der Pfalz im Verlauf des Krieges immer prekärer.

Das deutsche Waffenstillstandsersuchen Ende 1918 kam für die pfälzische Bevölkerung völlig überraschend. Die der Zensur unterworfenen Zeitungen hatten die sich immer weiter zuspitzende militärische Lage an der Westfront nicht in ihrem gesamten Umfang publik gemacht. Die zeitlich folgenden revolutionären Ereignisse, in deren Zug der USPD-Politiker Kurt Eisner am 7. November 1918 in München die Republik ausrief, spielten in der Pfalz eine deutlich geringere Rolle. Gemäß dem Waffenstillstandsabkommen musste dieses Territorium bis zum 26. November 1918 von deutschen Truppen geräumt sein. In der Folge rückten bis zum 6. Dezember die französischen Besatzungstruppen unter General Augustin Grégoire Arthur Gérard (1857-1926) ein, der bis zu seiner Pensionierung zum 12. Oktober 1919 die Obergewalt in diesem Gebiet innehielt. Die französische Besetzung der Pfalz endete erst am 30. Juni 1930.

Die Plakatsammlung der Pfälzischen Landesbibliothek zum Ersten Weltkrieg ist vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Nutzung dieser Publikationsform durch die Entente und durch die Mittelmächte zu sehen. Während die französischen, englischen und amerikanischen Medien dieser Art unter Verweis auf die rückständigen Regierungsformen in Deutschland und Österreich sowie die gegen das Völkerrecht verstoßende Besetzung des neutralen Belgiens mit drastischen Feindbildern im Innern Propaganda gegen ihre Gegner machten, verzichtete insbesondere Deutschland auf ein solches Vorgehen. Die propagandistische Bekämpfung des Feindes in gehässiger Form wurde als Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung und das Völkerrecht betrachtet. Erst Ende August 1918 gab die Oberste Heeresleitung ihre Zurückhaltung in diesem Punkt auf. Deutsche Propagandaplakate des Ersten Weltkriegs richteten sich in erster Linie an die eigene Bevölkerung und wollten mit didaktischer Zielrichtung den von den Feinden erhobenen Vorwurf des deutschen Militarismus und der Unkultur widerlegen.

Bei den etwa 700 Plakaten und Maueranschlägen der Pfälzischen Landesbibliothek handelt es sich sicherlich nicht um eine vollständige Sammlung der von 1914 bis 1919 in der Pfalz verwendeten Medien dieser Art, aber zweifellos um einen sehr umfangreichen und repräsentativen Teilbestand. Neben für das ganze Reich gültigen Plakaten, die zum großen Teil in Berlin gedruckt worden sind, spielen Medien dieser Art bayerischen Ursprungs eine große Rolle. Als Herstellungsort ist neben der Hauptstadt München vor allem Würzburg zu nennen, der Sitz des Stellvertretenden Generalkommandos des II. Armeekorps. In der Pfalz selbst ist nur ein Bruchteil der Plakate aller dieser Gattungen hergestellt worden. Die Plakate und Maueranschläge sind neben den Tageszeitungen die Hauptträger der von der Regierung und der Militärverwaltung gesteuerten Kommunikation mit der Bevölkerung im öffentlichen Raum.

Formal zerfallen diese Plakate in einen deutlich größeren, rein typographischen Teil von Maueranschlägen deutscher und später französischer militärischer Institutionen ohne repräsentativen Anspruch, die reine Verordnungen enthalten. Teils von renommierten Graphikern der Zeit sind dagegen die Plakate gestaltet, die sich im Sinne der Motivierung an die Bevölkerung richteten und zu Spenden, zum Sammeln oder zur Zeichnung von Kriegsanleihen aufriefen. Gering ist dagegen der Anteil von eigentlichen Propagandaplakaten, die Vergleiche zwischen Deutschland und der Entente herstellen. Während die offiziellen Maueranschläge regelmäßig eine Datierung aufweisen, sind viele andere Plakate ohne eine Firmierung erschienen und lassen sich deshalb zeitlich nicht immer mit Sicherheit einordnen.

Den Beginn des Ersten Weltkrieges dokumentiert die vom Regierungspräsidenten der Pfalz Adolf von Neuffer im Namen des Königs verkündete ‚Bekanntmachung über die Verhängung des Kriegszustandes’ unter anderem mit der Verkündung des Standrechts, zugleich eine ‚Bekanntmachung über den Übergang der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber’. Bemerkenswerterweise wurde das Datum nicht eingedruckt, sondern musste von Hand nachgetragen werden. Offensichtlich war die Anordnung schon vor der eigentlichen Kriegserklärung vorbereitet worden. Erhalten haben sich weiter der Aufruf ‚An das deutsche Volk’ von Kaiser Wilhelm II. vom 6. August 1914 sowie ein ‚Extra-Blatt zur „Pfälzer Zeitung“ und zum „Rheinischen Volksblatt“’ vom 31. Juli 1914, in dem über den drohenden Kriegszustand und besonders ausführlich über die russische Mobilisierung berichtet wird. Mit der Einstellung des Privatpaketverkehrs wurde hier schon über die erste die Bevölkerung der Pfalz direkt betreffende Maßnahme berichtet.

Beim mit etwa 200 Einheiten größten Fonds innerhalb der 700 Plakate und Maueranschläge handelt es sich um offizielle Bekanntmachungen, die entweder Höchstpreise von Waren festsetzten, oder im Zuge der Rationierung über die Beschlagnahme, Bestandserhebung, Enteignung und Ablieferung einer Fülle von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Produkten, Kleidung, Metallen, Chemikalien und anderem mehr informierten. Vom 1. März 1917 datiert beispielsweise die ‚Bekanntmachung betreffend Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung sowie freiwillige Ablieferung von Glocken aus Bronze’, die die Kirchenglocken betraf.. Diese Verordnungen, deren Schwerpunkt in die Jahre 1916 und 1917 fällt, waren weit überwiegend für ganz Bayern gültig und wurden entsprechend von den stellvertretenden Generalkommandeuren des I., II. und III. Armeekorps in München, Würzburg und Nürnberg gezeichnet. Daneben existieren Verordnungen des II. Armeekorps nur mit Gültigkeit für die Pfalz.

Etwa 35 Musterungsaufrufe für den Landsturm, aber auch für den vaterländischen Hilfsdienst haben sich erhalten. Für die Musterung der in der Region lebenden österreichisch-ungarischen Landsturmpflichtigen war das entsprechende Konsulat im badischen Mannheim zuständig. Zur militärischen Organisation der Pfalz gehört ein Formular des stellvertretenden Generalkommandos des II. Armeekorps, mit dem ein Betrieb zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit unter militärische Leitung gestellt werden konnte. Weitere Maueranschläge mit Bezug zum Krieg informierten die Bevölkerung über den Versand von Feldpostsendungen oder über den ‚Postverkehr mit Kriegs- und Zivilgefangenen im Auslande’.

Auf anderen Einblattdrucken wurde vor der herrschenden Spionengefahr gewarnt und zur Vorsicht bei Gesprächen aufgerufen. Die Kommandeure der 6. Infanterie-Brigade in Landau und der Festung Germersheim erließen am 29. Mai 1917 eine ‚Anordnung betr. unwahrer Kriegsnachrichten’, deren Verbreitung sie unter harte Strafen stellten. Im Namen des Kommandeurs des Kriegsgefangenenlagers Germersheim wurde am 7. Oktober 1915 eine Verordnung zum Umgang mit Kriegsgefangenen publik gemacht, und am 21. April 1917 warnte der bayerische Kriegsminister Philipp von Hellingrath (1862-1939) vor der vom Ausland gesteuerten Sabotage durch diesen Personenkreis.

Auch das in der Pfalz und in Nordbaden zunehmend drängender werdende Problem der Fliegerabwehr wird auf einzelnen Plakaten thematisiert. Ein in München gedrucktes Plakat informierte über das ‚Verhalten bei Luftangriffen’. Die Kommandeure der 6. Infanterie-Brigade in Landau und der Festung Germersheim verordneten am 16. März 1917 nächtliche Beleuchtungseinschränkungen, und die Stadt Zweibrücken machte am 12. August 1918 die Modalitäten der Bekanntmachung des Fliegeralarms publik.

Mit knapp 150 Einheiten bilden Aufrufe an die Bevölkerung um Spenden und um Sammlungen landwirtschaftlicher Grundstoffe sowie um die Zeichnung von Kriegsanleihen eine bemerkenswert große Gruppe. Zeugnisse für die Mangelwirtschaft der Zeit sind Umrechnungstabellen mit der Angabe, welche Mengen Fleisch, Knochen etc. für Fleischmarken zu bekommen seien. Die Bevölkerung wurde auf graphisch teils herausragend gestalteten Plakaten zum Sammeln von Bucheckern, Kastanien, Obstkernen, Brennesseln (Bester Ersatz für Baumwolle) und Wildgemüse aufgefordert. Auch Obstkerne sollten als Grundlage für die Ölgewinnung abgeliefert werden. Die prekäre Versorgungslage wird auch aus einem Plakat deutlich, das die Eröffnung der Kriegsküche II in Zweibrücken im Dezember 1916 ankündigte. In dieselbe Richtung zielt ein auf Zeitungspapier gedrucktes Flugblatt mit dem Titel ‚Steckrübengerichte für 4 Personen’. Gegen die grassierende Lebensmittelspekulation in dieser Zeit richtete sich eine ‚Warnung vor unerlaubtem Lebensmittel-Aufkauf’.

Andere Plakate wandten sich propagandistisch an die Landwirte. Sie fühlten sich auch in der Pfalz einerseits von den Rationierungsvorschriften gegängelt, andererseits wanderten Bauern aufgrund des höheren Lohns auch in die Rüstungsindustrie der Städte ab. Eine Quelle für diese Vorgänge ist ein auf den 4. Februar 1917 datiertes und vom Chef des Kriegsamtes General Wilhelm Groener (1887-1939) gezeichnetes Plakat mit dem Titel ‚Landarbeit ist vaterländischer Hilfsdienst’: Wer um wenige Groschen Mehrverdienst vom Pfluge weg zur Stadt eilt, begeht Fahnenflucht! Insgesamt lässt sich auf der Grundlage der erhaltenen Plakate aber feststellen, daß die Regierung in besonderem Masse versuchte, die Bauern zu umwerben und zu motivieren.

Die gesamte Bevölkerung sprachen andere Aufrufe mit dem Ziel an, Gold und Schmuck insbesondere zur Finanzierung des Krieges unter dem Motto Gold gab ich zur Wehr/ Eisen nahm ich zur Ehr zu spenden oder zu verkaufen. Plakate mit direkten Aufforderungen, eine bestimmte Waffengattung zu unterstützen, lassen sich im Zusammenhang mit der Marine und insbesondere mit Bezug auf U-Boote nach dem Beginn des uneingeschränkten U-Boot-Krieges am 1. Februar 1917 nachweisen. Hierzu gehört auch ein Aufruf zu einer U-Boot-Spende vom 14. April 1917 unter der Schirmherrschaft des bayerischen Königs Ludwig III. von Bayern, den eine große Zahl von Politikern und anderen Prominenten unterstützte.

Zu Spenden zur Linderung der Not von Verletzten, Kriegsinvaliden und Hinterbliebenen riefen etliche Organisationen auf. Am zeitlichen Anfang steht das Deutsche Rote Kreuz, das mit einigen Plakaten vertreten ist. Schon unmittelbar vor Kriegsbeginn warb es 1914 für eine Sammlung zugunsten der freiwilligen Krankenpflege im Kriege, da man ja nicht wisse, wann der nächste kriegerische Konflikt folge. Der erste Jahrestag des Kriegsausbruchs wurde 1915 zum Anlass genommen, einen jährlichen ‚Opfertag’ zugunsten der Kriegswohlfahrt auszurichten. Andere mit Aufrufen dieser Art bezeugte Institutionen waren die ‚Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Krieg Gefallenen’ und der ‚Deutsche Vaterlandsdank’.

Ein weiteres, regionales Beispiel für einen Sammlungsaufruf dieser Art ist ein Plakat der ‚Freiwilligen Familien- und Kriegsfürsorge’, das mit der Darstellung des Speyerer Altpörtels zu einer Spende bei zeitgleichem Einschlagen eines Nagels in das eiserne Wappen der Stadt aufforderte. Diese aus Holz gefertigten sogenannten Nagelungsfiguren wurden in vielen deutschen Städten zu demselben Zweck errichtet. Das Speyerer, an der Westseite des Altpörtels aufgehängte Exemplar wurde am 28. Juni 1916 eingeweiht und hat sich im Historischen Museum der Pfalz erhalten. Erwähnenswert ist aus der Region weiter die Mainzer Nagelungsfigur, die bis heute im Freien vor dem Dom aufgestellt ist.

Die mengenmäßig meisten, rein typographischen oder aber bebilderten Plakate in ganz unterschiedlichen Formaten, die zu Spenden aufrufen, stehen in Zusammenhang mit der Ludendorff-Spende, die der neben Paul von Hindenburg einflußreichste deutsche militärische Führer Erich Ludendorff (1865-1937) im Februar 1918 zugunsten der Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen begründete. Für diesen Zweck ist eine Vielzahl von Plakaten in ganz unterschiedlichen Formaten aufgelegt worden. Diese Initiative wurde von Offizieren und Politikern sowie aus Kreisen der deutschen Wirtschaft breit unterstützt.

Plakate wurden in Pfalzbayern auch zum Zwecke des Totengedenkens genutzt. Die Hinterbliebenen erhielten, wie dieses Beispiel eines aus Neustadt an der Weinstraße stammenden Soldaten zeigt, zur Erinnerung an den Gefallenen aus ihrer Familie eine Lithographie, die ihn vor einem Grab mit Kreuz und Kranz zeigt. Links sind der Name, der militärische Rang sowie der Todestag eingedruckt, rechts die Ehrung des Toten durch den bayerischen König Ludwig III. Das Plakat geht auf einen Entwurf des 1868 in Schlesien geborenen Malers, Graphikers und Bühnenbildners Fritz Erler zurück, der 1940 in München starb. Am Anfang seines Schaffens stehen kunstgewerbliche Arbeiten. Ab Beginn des Ersten Weltkriegs war er einer der offiziellen deutschen Militärmaler.

Mit allein 50 Plakaten kommt der Aufforderung für die Zeichnung der zusammen neun verschiedenen, ab September 1914 etwa halbjährlich aufgelegten deutschen Kriegsanleihen eine herausragende Bedeutung zu, wobei besonders die Propaganda für die 8. und die 9. Anleihe gut vertreten ist. Für die Anleihe warb Hindenburg selbst mit den Aussagen Wer Kriegsanleihe zeichnet macht mir die schönste Geburtstagsgabe sowie Die Zeit ist hart, aber der Sieg ist sicher. Als Adressaten werden wiederum die Landwirte besonders angesprochen. Sie würden, so die Plakataussage, Geräte und Material nach Friedensschluss auf der Grundlage der Kriegsanleihen erhalten.

Aus regionaler Perspektive ist ein typographischer Einblattdruck mit dem Titel ‚Warum muß jeder Pfälzer in Stadt und Land zur 6. Kriegsanleihe zeichnen?’ besonders bemerkenswert. Das undatierte Blatt verweist auf die Verheerungen des Landes im Pfälzischen Erbfolgekrieg im Frühjahr 1689 durch französische Truppen unter General Melac und insbesondere auf den materiellen Schaden, den die Besetzung der Pfalz um 1800 im Zuge der französischen Revolutionskrieg mit sich gebracht hatte. Eine Wiederholung dieser Vorgänge lasse sich nun durch finanzielle Opfer im Vorfeld vermeiden, eben die Zeichnung der Kriegsanleihe, so die Aussage des Plakats.

Vergleichsweise neue Wege der Werbung für die Kriegsanleihe gehen von der Druckerei B. Heller in München hergestellte, farbige Einblattdrucke, die in Form eines mit Versen unterlegten Comics zur Zeichnung von Kriegsanleihen auffordern. Das ‚Der Weg des Geldes’ betitelte Blatt mit Versen des Schriftstellers und Journalisten Gustav Hochstetter (1873-1944) und Bildern des renommierten Graphikers Walter Trier (1890-1951) richtet sich an verschiedene wirtschaftlich erfolgreiche Berufsgruppen, einen Bauersmann, einen Handwerksmeister, einen Kaufmann und einen Fabrikanten, denen die Kriegsanleihe als vorteilhafte Anlageform und zugleich vaterländische Pflicht suggeriert wird: Wir Alten/ Wir schaffen mit, das Land zu halten;/ Auch unser Taler kann was zwingen/ und hilft – den Frieden zu erringen!

Unter den zusammen 150 Aufrufen zu Spenden, zum Sammeln von landwirtschaftlichen Rohstoffen und in der Werbung für die Kriegsanleihe finden sich besonders viele Arbeiten bekannter deutscher Graphiker und Künstler. Vertreten sind in der Sammlung der Pfälzischen Landesbibliothek unter anderem Arbeiten des Gebrauchsgraphikers, Typographen und Malers Lucian Bernhard (1883-1972), des Gebrauchsmalers und Dekorationsmalers Julius Gipkens (geb. 1883), des Graphikers, Malers und Illustrators Ludwig Hohlwein (1874-1949; Abb. 34), des Malers und Graphikers Louis Oppenheim (1879-1936) sowie des Marinemalers Willy Stöwer (1864-1931).

Mit etwa 20 Einheiten ist die Zahl der Plakate, die im engeren oder weiteren Sinn auf Propaganda abzielen, verhältnismäßig gering. Zu diesem Genre gehören typographische Maueranschläge, mit denen sich der bayerische König und der deutsche Kaiser im Anschluss an ihre entsprechenden Proklamationen bei Kriegsbeginn an das Volk wandten. Ludwig III. gedachte am 30. April 1916 unter dem Titel ‚An meine lieben Pfälzer’ der hundertjährigen Wiederkehr des Übergangs der Pfalz an Bayern nach Jahren der französischen Fremdherrschaft (Hundert Jahre sind seit dem Tage vergangen, an dem die pfälzischen Landes nach langer Fremdherrschaft und wechselvollem Geschicke mit der Krone Bayerns vereint wurden). Am 31. Juli 1917 sprach Ludwig III. im Maueranschlag ‚An meine Bayern’ seinen Dank für all die Kriegsarbeit der Heimat aus. Zum Durchhalten rief am 12. Januar 1917 Kaiser Wilhelm II. angesichts der Kriegsziele der Entente unter dem Titel ‚An das deutsche Volk’ auf. Das kleinere des in zwei Formaten vorliegenden Aufrufs zeigt als Illustration eine von einem Adler begleitete Germania mit gezogenem Schwert als Führerin des Volkes.

Besonders suggestiv ist ein fiktives Zwiegespräch in Versen zwischen den Soldaten an der Front und den Rüstungsarbeitern in der Heimat, das in die Ausrufe Schafft rastlos Granaten! und Wir schaffen Granaten! mündet und von den Graphikern Bruno Héroux (1868-1944)und Egon Tschirch (1889-1948) illustriert worden ist. Die Texte gehen auf den nicht näher fassbaren Friedrich Balzert und den Buchhändler, Journalisten und Schriftsteller Otto Riebicke (1889-1961) zurück. An die Presse richtete sich ein in Zusammenhang mit dem U-Boot-Krieg stehender ‚Anhalt zur Erläuterung der täglichen Admiralstabsberichte über versenkten Schiffsraum’ von der Presse-Abteilung des Admiralstabs der Marine, wie die kurzen amtlichen Mitteilungen der Bevölkerung korrekt zu erläutern seien.

Direkte Propaganda gegen die Entente findet sich nur auf fünf Plakaten. Unter dem Titel ‚Wer ist Militarist?’ werden auf einem wohl 1917 gedruckten Blatt von Louis Oppenheim die Zahl der von Preußen, Frankreich und England im Zeitraum von 1700 bis 1914 geführten Kriege sowie die jeweiligen Militäretats der Entente und der Mittelmächte bis zum Kriegsbeginn verglichen. Ein weiteres Blatt wohl aus den Jahren 1917/18 stellt unter der Überschrift ‚Freiheit der Meere. England der Blutsauger der Welt’ England als die ganze Welt mit seiner Flotte bedrohender Krake dar.

Besonders hervorzuheben ist ein sehr suggestives Plakat, das sicherlich in der frontnahen Pfalz überaus wirksam war und die ‚Brennende Wunde Frankreichs’ thematisierte, die Kampfgebiete in Frankreich und Belgien: Ein breiter Streifen zerstörten Gebietes zieht sich wie eine riesige Wunde durch den Nordosten Frankreichs. Weithin Trümmerstätten ehemals blühender Städte und Dörfer, erstorbene Industriestätten, eisendurchsetzte Aecker, die kein Pflug mehr durchfurchen kann! Größer und größer wird täglich die Wunde, gierig frisst das Feuer weiter, geschürt von den Kriegshetzern Clémenceau und Lloyd George. Deutsche, denkt an unsere Feldgrauen, die Euch und die Heimat vor gleichem Schicksal behüten. Tatsächlich trat die unbedingte Notwendigkeit, Deutschland vor direkten Kriegsverwüstungen zu bewahren, wie sie vor allem Frankreich erleiden musste, im Laufe des Jahres 1918 mehr und mehr in den Vordergrund der deutschen Politik. Zum Bereich der direkt an die pfälzischen Bevölkerung gerichteten Propaganda gehören auch Ankündigungen von Vorträgen des ‚Hansa-Bundes’ und des ‚Volksvereins für das katholische Deutschland’ in Kaiserslautern und Zweibrücken mit kriegsbejahender Tendenz.

Schon der Zeit der französischen Besetzung der Pfalz ab Ende 1918 gehört ein unfirmiertes Plakat an, das erneut eine Entwicklungslinie vom französischen General Melac, dem Mordbrenner der Pfalz, der Ende des 17. Jahrhunderts diese Region zerstört hatte, zu General Gérard zog, dem Giftmischer der Pfalz, und gegen die in beiden Jahrhunderten in Landau stationierten Besatzungstruppen agitierte: Darum Achtung Ihr deutschen Pfälzer, Frankreich hat immer seine Mittel der Zeit angepasst – sein unentwegtes Ziel ist aber seit Jahrhunderten die Knechtung der deutschen Pfalz – und deren endgültigen Raub.

Der historische Hintergrund dieses Plakats war der Versuch der Besatzungsmacht, separatistische Bestrebungen in der Pfalz zu fördern und auf diesem Weg einen vom Deutschen Reich unabhängigen Pufferstaat zu schaffen. Aus diesem Grund wurden unmittelbar nach der Besetzung alle Verbindungen der Pfalz zur Regierung in München und zum rechtsrheinischen Gebiet unterbrochen. Das Plakat weist keinerlei Druckvermerk auf. In einen antifranzösischen Zusammenhang gehört offensichtlich auch ein kleiner Maueranschlag mit dem Text Deutsch sei Dein Gruß beim Kommen und beim Scheiden/ das Wort „Adieu“ das sollst Du ganz vermeiden, der, wie Reißnagelspuren zeigen, offensichtlich längere Zeit öffentlich aufgehängt war.

Außerhalb der Plakatsammlung der Pfälzischen Landesbibliothek hat sich im Bereich der Nachlässe ein bemerkenswerter Fonds erhalten, der Zeugnisse gegnerischer Propaganda überliefert. Es handelt sich um den Nachlass von Ludwig Eid (1865-1936), ab 1909 Leiter der katholischen Lehrerbildungsanstalt in Speyer und pfälzischer Historiker. Aus seinem Besitz stammen etwa 20 Flugblätter französischen und vor allem englischen Ursprungs, die sich an die deutschen Soldaten richteten. Teils wurden Medien dieser Art mittels Flugzeugen über feindlichem Territorium abgeworfen. Die Flugblätter aus dem Nachlass Eid wurden zumeist mit Ballons über die Frontlinie transportiert, wenn Westwind herrschte. Die einzelnen Blätter waren gelocht und auf eine Schnur gezogen, die mit einer Zündschnur nach einer gewissen Zeit gelöst wurde.

Die englischen Flugblätter dieser Art gehören zur A.P.-Serie (Aerial propaganda), von denen zusammen 95 Einheiten hergestellt worden sind. Sie tragen die Aufschrift By balloon/ Durch Luftballon. Es handelt sich teils um rein typographische Plakate. Thematisiert werden beispielsweise unter dem Titel ‚Der deutsche Friedhof in Frankreich’ die Gräber der dort gefallenen deutschen Soldaten. Andere Plakate richten sich an die Arbeiter unter den Soldaten, die für die kapitalistischen Interessen der Kriegsgewinnler und für das monarchistische System ihr Leben lassen müssten. Seltener sind illustrierte Plakate. ‚Der Todesrachen’ thematisiert den Kriegsgewinn (Daimler Actien Kriegsgewinn), während ‚Der Letzte’ die Einberufung des jüngsten Sohnes zeigt, nachdem sowohl der Vater als auch die älteren Brüder bereits gefallen sind. Es lässt sich nicht sagen, welche Wirkung dieser Art von Feindpropaganda beschieden war; die auch in der Pfalz mehr und mehr zunehmende Kriegsmüdigkeit dürfte andere Ursachen gehabt haben..

Nur wenige Plakate der Pfälzischen Landesbibliothek gehören zu den Genres Werbung und Kultur. Erhalten hat sich ein Angebot von Kriegsversicherungen durch die ‚Lebensversicherungs-Gesellschaft oesterreichischer Phönix’. Aus dem Bereich des Kulturlebens sind verschiedene Ankündigungen von Theateraufführungen durch die Volksbühne des stellvertretenden General-Kommandos des 21. Armeekorps zugleich 16. Armeekorps in Zweibrücken zu nennen. Gespielt wurden unter anderem Lessings ‚Minna von Barnhelm’ und Goethes ‚Iphigenie auf Tauris’. Ziel dieser Aktion war es sicherlich, auf diese Weise Propaganda für die Militärregierung zu machen, die der Bevölkerung ansonsten herbe Einschränkungen auferlegen mußte. Zu nennen wäre weiter eine Ankündigung einer ‚Ausstellung der bayerischen Kriegsinvalidenfürsorge im Pfälzischen Gewerbemuseum Kaiserlautern’ im August und September 1916.

Nur etwa ein Dutzend Blätter stammen aus der Zeit des Kriegsendes. Dazu gehören Verlautbarungen des bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner, in denen die revolutionäre Regierung in Programm vorstellte, aber auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung thematisiert. Das Stellvertretender Generalkommando und der Oberbefehlshaber des Arbeiter- und Soldatenrates beim stellvertretenden Generalkommando riefen die Pfälzer Ende November 1918 auf, trotz des unmittelbar bevorstehenden Einmarsches der französischen Besatzungstruppen in der Pfalz zu bleiben, da die Lebensmittelversorgung von Flüchtlingen unmöglich wäre. Zudem würde man sein Eigentum am besten schützen, wenn man es nicht verlassen würde. Andere Plakate der neuen Regierung stellten den offensichtlich grassierenden Diebstahl von Militärbesitz unter Strafe.

Schon Ende November setzten die zusammen etwa 140 Maueranschläge der französischen Besatzungsmacht in der Plakatsammlung ein. Am zeitlichen Anfang steht ein Aufruf von Maréchal Ferdinand Foch (1851-1929), ab dem 14. April 1918 Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte, der die Übernahme des Oberbefehls im Land ankündigt. Die sich anschließenden, teils einschneidenden und viele Lebensbereiche betreffenden, meist zweisprachigen Arrêtés/Verordnungen sind dann von General Gérard gezeichnet und beginnen mit der Aufforderung zur Wohnsitzanmeldung der pfälzischen Bevölkerung vom 30. November 1918. Eine gewisse Erleichterung der Ausgangssperre wurde erst am 28. Juni 1919 von ihm erlassen, nachdem die deutsche Regierung der Unterzeichnung des Friedensvertrags zugestimmt hatte und zusätzlich das Verhalten der Pfälzer gegenüber der Besatzungsmacht keinen Anlass zur Klage gebe (Tenant à donner le plus tôt possible une certaine liberté aux habitants du Palatinat qui n’ont pas cessé de se montrer déférents vis-à-vis de l’autorité militaire française).

Den Schwerpunkt der Sammlung von Plakaten und Maueranschlägen der Pfälzischen Landesbibliothek aus dem Ersten Weltkrieg liegt bei offiziellen Plakaten. Die drei Zentren der Herstellung dieser Medien sind vor dem Hintergrund der Zugehörigkeit der Pfalz zu Bayern München und Würzburg sowie auf Reichsebene Berlin. Die Zahl der nur die Pfalz betreffenden Plakate und Anschläge ist dagegen deutlich geringer. In der Summe wären die in dieser Sammlung zu findenden Medien dieser Art auch für andere Regionen Bayerns oder Deutschlands repräsentativ. Thematisiert wird in erster Linie die Mangelwirtschaft, gefolgt von direkten Auswirkungen des Kriegs auf das Land. Einen großen Raum nehmen Aufrufe zu Spenden, Sammlungen von Rohstoffen oder zur Zeichnung von Kriegsanleihen ein. Die einzelnen Medien zeichnen das Bild eines Landes unter Militärverwaltung mit vielen Vorschriften und einer Fülle von Strafandrohungen, dessen Versorgungslage sich mehr und mehr verschlechterte.

Direkte, gegen die Entente gerichtete Propagandaplakate sind dagegen sehr selten. Ein spezifisch pfälzisches und in dieser Zeit bewusst reaktiviertes Phänomen war das Misstrauen gegenüber Frankreich aufgrund der Verwüstungen des Pfälzischen Erbfolgekriegs Ende des 17. Jahrhunderts und der französischen Revolutionskriege in den Jahren um 1800. Ein weiteres spezifisch pfälzisches Element ist aufgrund der Nähe der Front insbesondere der Luftkrieg gewesen, der diese Region zu einem potentiell besonders bedrohten Territorium machte. Das wichtigste pfälzische Kriegsziel, dieses Territorium von direkten Kriegseinwirkungen freizuhalten, scheiterte nach dem Waffenstillstand mit der Besetzung durch französische Truppen; allerdings blieb die Pfalz immerhin von direkten Kampfhandlungen verschont.

Die Sammlung von Kriegsplakaten in der Pfälzischen Landesbibliothek ist eine wichtige Quellengruppe zum Ersten Weltkrieg in der Pfalz. Hohen Zeugniswert hat sie insbesondere für die Kommunikation zwischen Regierung und Bevölkerung im öffentlichen Raum, die grundsätzlich von den Herrschaftszentren gesteuert und um vergleichsweise wenige regionale Erzeugnisse ergänzt wurde. Der Alltag der Bevölkerung lässt sich auf dieser Grundlage erschließen; sie selbst kommt bei dieser Quellengruppe aber überhaupt nicht zu Wort.

Abschließend möchte ich auf eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg in der Metropolregion Rhein-Neckar hinweisen, die am 28. Mai 2014 von dem ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck hier im Haus eröffnet werden wird. Sie wird zur Zeit erarbeitet konzipiert in Zusammenarbeit der Archive der Metropolregion und der Pfälzischen Landesbibliothek und ist als Wanderausstellung gedacht. Neben dem Landesbibliothekszentrum haben verschiedene Archive der Region Exponate beigesteuert, die den Alltag der Pfalz im Ersten Weltkrieg mit ganz unterschiedlichen Zeugnissen illustrieren können.

26.03.2014


Säurehaltiges Papier gefährdet über 70.000 Regalmeter voller Bücher, Archivalien und Dokumente

LBZ und Landesarchiv befürchten schleichende Zersetzung großer Teile ihrer Bestände

cr. Speyer- Auf die latent drohende Gefahr einer „schleichenden, inneren Zersetzung und damit Selbstzerstörung“ großer Teile ihrer Bestände mit Nachdruck hinzuweisen – dazu sahen sich jetzt auch die Verantwortlichen von Landesbibliothek und Staatsarchiv in Speyer aufgerufen. Fünf Jahre nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs und zehn Jahre nach dem verheerenden Brand in der „Herzogin Anna Amalia Bibliothek“ in Weimar und damit dem Untergang unwiederbringlicher Kulturgüter hatten deshalb die Leiterin des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz LBZ, Dr. Annette Gerlach und der Standortleiter des Landesarchivs in Speyer, Dr. Walter Rummel gemeinsam mit dem Leiter der Abteilung „Handschriften und Alte Drucke“ des LBZ, Dr. Armin Schlechter, zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen, um die mit der dringend notwendigen Rettung und Sicherung von Büchern und Archivalien einhergehende, schier übergroße Herausforderung zu umreißen.

Zu diesem gemeinsamen Schritt in die Öffentlichkeit hätten sich LBZ und Landesarchiv auch deshalb entschlossen, weil im Zuge der gegenwärtig laufenden Sanierungs- und Ausbauarbeiten in ihrer Einrichtung in einer Decke ein unter Druck stehendes Wasserrohr angebohrt worden war und das ausströmende Wasser 17 laufende Regalmeter voller Archivalien durchnässt hatte. „Ein 'kleiner Ernstfall' nur für uns“, so Dr. Rummel - jedoch nur ein kleiner Schaden im Vergleich zu dem, was sich in Köln, Weimar oder auch in Dresden durch das Elbhochwasser ereignet hatte. In Speyer habe man die durchnässten Blätter auf zufällig im Hause befindlichen Gerüsten ausbreiten und sie innerhalb weniger Tage „gewellt und muffig“ wieder trocknen können.

Wenn in zwei Monaten das Dach des gemeinsamen Gebäudes in der Speyerer Otto-Mayer-Straße 9 geöffnet werde, um Platz für ein weiteres Stockwerk und damit für weitere Magazinflächen zu schaffen, dann würden vorsorglich die dort gelagerten Bestände für die Dauer der Bauzeit wasserdicht verpackt. „Für die Nutzer bedeutet das allerdings, dass sie auch einmal etwas länger auf die Ausgabe einer gewünschten Archivalie oder eines Buches warten müssen oder dass eine Bereitstellung zeitweise überhaupt nicht möglich sein wird“, bat Dr. Rummel dazu die Nutzer um Verständnis.

Verarbeitung von Holzbestandteilen bei der Papierproduktion gefährdet langfristig die Bestände

Das weitaus größere Problem aber stelle die dauerhafte Gefahr dar, dass in den nächsten ein- bis zweihundert Jahren säurehaltige Bücher, Dokumente und Archivalien von innen heraus zu zerfallen drohten, erläuterte Dr. Annette Gerlach. Die Schuld an diesem „Prozess der Selbstzerstörung“ trage der seit dem Ende des 19. Jahrhunderts übliche Einsatz von Holzbestandteilen bei der Papierherstellung.

LBZ und Landesarchiv stünden deshalb heute vor sage und schreibe 70.000 (!) Regalmetern voller Bücher, Archivalien und anderen Drucksachen, die akut vom Säurefrass befallen seien – zwei Drittel davon allein am Standort Speyer. „Am heftigsten drängt uns der Zerfall von all dem, was zwischen den Jahren 1840 bis 1990 geschrieben und gedruckt wurde“, so die Bibliotheksleiterin, die darauf verwies, dass mangels zureichender Finanzmittel, vor allem aber spezialisierter Buchrestauratoren man dazu habe übergehen müssen, für die Langzeitsicherung ein Priorisierungsverfahren einzuführen. „Wir mussten uns entscheiden, was gerettet werden sollte und was wir aufgeben müssen“.

Jungen, an Büchern interessierten Menschen, die auf der Suche nach einem „dauerhaft krisensicheren“ Arbeitsplatz seien, empfahl sie deshalb, eine Ausbildung als BuchrestauratorIn in Erwägung zu ziehen. „Denn allein für die Restaurierung der gegenwärtig zur Langzeitsicherung noch überwiegend in tiefgefrorenem Zustand aufbewahrten Bestände, die beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs durchnässt oder auf anderem Wege zu Schaden gekommen sind, werden Restauratoren noch Arbeit für mehrere Jahrhunderte haben“, prognostizierte Dr. Gerlach.

Warum das so ist, konnte Dr. Rummel in der kleinen, gemeinsam von LBZ und Landesarchiv genutzten Restaurierungswerkstatt zeigen, wo Beispiele beschädigter Bücher und Archivalien aufgelegt waren. Dort können allerdings nur einzelne Blätter entsäuert, ausgebessert und so dauerhaft gesichert werden – größere Bestände müssen in spezialisierten Fachwerkstätten außerhalb bearbeitet werden.

Am Beispiel eines Zeitungsbandes erläuterte.Dr. Schlechter das höchst aufwändige Verfahren der Papierspaltung zur Sicherung eines einzigen Zeitungsblattes. Dazu wird das von Säurefrass bedrohte Blatt zunächst auf beiden Seiten mit einer Spezialfolie beklebt. Zieht man diese beiden Folien dann auseinander, verbleiben Vorder- und Rückseite des gedruckten Blattes auf den beiden Trägerfolien. Dann werden beide Seiten auf eine weitere Folie aufgebracht, die dann auf Dauer den Zeitungstext auf beiden Seiten tragen kann. Danach können auch die Hilfsfolien wieder abgelöst werden – die Zeitungsseite präsentiert sich im originalen Zustand - eben halt mit einer Trägerfolie zwischen Vorder- und Rückseite. Ein höchst aufwändiges und zeitintensives Verfahren, bedenkt man, dass allein ein Jahrgang eines Zeitungsbandes oft viele hundert Einzelblätter umfasst.

Doch dieses Verfahren müsste bei jeder Buchseite, bei jedem einzelnen Archivblatt und bei jedem Dokument zur Anwendung kommen, wollte man sämtliche Bestände vor dem drohenden Untergang retten – eine wahre Sisyphosarbeit, die dazu geführt hat, dass immer größere Teile der Bestände durch Mikroverfilmung und Digitalisierung zumindest von ihrem Inhalt her bewahrt werden können. „Diese modernen Medien aber können die ursprüngliche Wirkung des Originals und seine Ausstrahlung nie ersetzen“, sind sich die Experten einig. „Ein Buch z.B., in dem Goethe Anstreichungen vorgenommen hat, ist ein einmaliges Kulturgut und durch absolut nichts zu ersetzen“, so Dr. Gerlach. Und deshalb laute die Devise auch weiterhin: „Restaurieren, restaurieren und noch einmal restaurieren - geht es doch bei den bedrohten, auf Papier gedruckten oder geschriebenen Medien um unser aller kulturelles Erbe“.

Dr. Gerlach und ihre Kollegen unterstützen deshalb auch nachdrücklich die Bildung einer „Allianz zum Erhalt von Kulturgut“, die sich in den kommenden Jahren den Erhalt dieser Medien zur Aufgabe stellen will. Denn so wie in Speyer und Koblenz, dem Sitz von LBZ und Landesarchiv, gibt es überall in der Bundesrepublik und in Europa und der Welt Bibliotheken und Archive - Bücher, Dokumente und Archivalien, die nach den gleichen Prinzipien bewahrt und restauriert werden müssten. Foto: gc

Lesen Sie hierzu auch einen Einwurf von Gerhard Cantzler

24.03.2014


Einwurf

Grosse Vermögen zur Rettung unwiederbringlicher Kulturgüter nutzen

Von Gerhard Cantzler

Wer begreift, welch gewaltige Aufwendungen notwendig wären, um in der noch verbleibenden kurzen Zeit die von der Zersetzung bedrohten gedruckten und geschriebenen, unwiederbringlichen medialen Kulturgüter vor ihrem Untergang zu retten, der wird auch einsehen, dass dies allein aus öffentlichen Mitteln wohl nicht leistbar sein wird.

Doch wie wäre es, wenn der Gesetzgeber reichen Menschen in unserer Gesellschaft, von denen wir immer wieder hören, sie würden schon in den nächsten Jahren viele Billionen Euro „schwere“ Vermögen vererben, eine Möglichkeit anbieten würde, Teile ihrer Vermögen steuerbegünstigt zu vererben, sofern sie diese zur Rettung von solchen Kulturgütern einsetzen - Kulturgüter, die auch über ihre und unsere eigene Lebenszeit hinaus nichts von ihrem Rang und ihrer Bedeutung verlieren würden - als unser kollektives Gedächtnis bei den Archivalien oder als jederzeit rezipierbarer Ausweis der intellektuellen Leistungsfähigkeit von Generationen vor uns.

Doch könnten wir uns zu einem solchen Vorgehen verstehen, dann müsste als einer der ersten Schritte die Ausweitung des Angebots an Ausbildungsplätzen für die entsprechenden Fachleute sein.

Lohnen würde sich das sicher allemal.

Die Planungen für die Bibliothekstage Rheinland-Pfalz 2014 laufen

Ute Bahrs, Geschäftsführerin im Landesverband Rheinland-Pfalz im Deutschen Bibliotheksverband2014 finden zum siebten Mal die Bibliothekstage Rheinland-Pfalz statt

Speyer- Unter dem Motto „Bibliotheken – einzigartig und vielfältig“ präsentieren sich vom 24. Oktober bis 13. November 2014 Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken gemeinsam in der Öffentlichkeit als Partner für Lesen, Informations- und Medienkompetenz, Weiterbildung sowie als kultureller Veranstaltungsort und sozialer Treffpunkt.

Die Bibliothekstage sind eine Gemeinschaftsveranstaltung, die 2001 ihre Premiere erlebten und seit der zweiten Veranstaltung 2004 alle zwei Jahre stattfinden. Der Landesverband Rheinland-Pfalz im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) organisiert sie in Kooperation mit dem Landesbibliotheks­zentrum Rheinland-Pfalz (LBZ), den Büchereifachstellen der Bistümer und der Landeskirchen, dem Beirat für das öffentliche Bibliothekswesen im Mainzer Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie den örtlichen Bibliotheken in Rheinland-Pfalz. Die Schirmherrschaft hatte von Beginn an Ministerpräsident Kurt Beck übernommen; eine Tradition, die in diesem Jahr von Ministerpräsidentin Malu Dreyer fortgeführt wird.

Derzeit laufen die Planungen für die zentral organisierten Lesereisen, d.h. die Bibliotheken in Rheinland-Pfalz können sich aus einem vorab erstellten Angebot Autoren oder andere Kleinkünstler aussuchen und das LBZ stellt dann daraus eine „Lesereise“ zusammen. Erneut wird es einen Aus­stellungs­schwerpunkt „Buchkunst“ geben. Daneben planen zahlreiche Bibliotheken eigenständige Veranstaltungen, die sie über die Aktion „Bibliothekstage Rheinland-Pfalz“ landesweit bekannt machen können. Wie in den Vorjahren erwarten die Veranstalter ein reichhaltiges Angebot. 2012 waren es mehr als 400 Veranstaltungen in über 160 Bibliotheken landesweit. Wir erwarten für 2014 ebenfalls ein breites Spektrum an Veranstaltungen: Lesungen von Autorinnen und Autoren für alle Altersstufen, Vorträge, Workshops, Ausstellungen, Konzerte, Mitmach-Aktionen, Bilderbuchkino, Kindertheater, Musikkabarett und andere Kleinkunstveranstaltungen – passend zum Motto „Bibliotheken – einzigartig und vielfältig“.

Von 2008-2012 fanden die Bibliothekstage zeitgleich mit der dbv-Kampagne „Treffpunkt Bibliothek“ jeweils vom 24. – 31. Oktober statt. Diese bundesweite dbv-Kampagne endete 2013. Die Veranstal­tungs­partner in Rheinland-Pfalz haben sich darauf verständigt, dass die Bibliothekstage auch in diesem Jahr am „Tag der Bibliotheken“, dem 24. Oktober, starten sollen. Die Auftaktveranstaltung findet in dem großartigen Neubau der Stadtbibliothek Koblenz statt. Wegen der späten Herbstferien erstrecken sich die Bibliothekstage in diesem Jahr erstmals über drei Wochen. Zur Abschluss­veranstaltung lädt am 13. November das Landesbibliothekszentrum nach Speyer in die Pfälzische Landesbibliothek zu einer internationalen Tagung zum Thema Bibliotheken in der Öffentlichkeit – zwischen Event und Alltagsroutine ein, die gleichzeitig auch Jubiläumsveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz ist.

Info:

Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) sind ca. 2.100 Bibliotheken aller Sparten und Größenklassen Deutschlands zusammengeschlossen. Der gemeinnützige Verein dient seit mehr als 60 Jahren der Förderung des Bibliothekswesens und der Kooperation aller Bibliotheken. Sein Anliegen ist es, die Wirkung der Bibliotheken in Kultur und Bildung sichtbar zu machen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu stärken. Zu den Aufgaben des dbv gehören auch die Förderung des Buches und des Lesens als unentbehrliche Grundlage für Wissenschaft und Information sowie die Förderung des Einsatzes zeitgemäßer Informationstechnologien. http://www.rp.bibliotheksverband.de

Deutscher Bibliotheksverband e.V. / Landesverband Rheinland-Pfalz, Presse

31.01.2014


Elektronik erobert die Bibliotheksarbeit

Rückblick auf zehn Jahre Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz – Ausblick auf das Jubiläumsjahr 2014

cr.Speyer-  Am 1. September 2014 sind es genau zehn Jahre,dass die „Pfälzische Landesbibliothek Speyer“ und die „Bibliotheca Bipontina“ in Zweibrücken mit der „Rheinischen Landesbibliothek Koblenz“ und den Büchereistellen in Koblenz und Neustadt/Weinstraße zum Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz LBZ zusammengeführt wurden. Jetzt stellte die Leiterin dieser bedeutendsten öffentlichen Bibliothek des Landes, Dr. Annette Gerlach in einem Pressegespräch gemeinsam mit dem Leiter des Bereichs „Handschriften, Alte Drucke und Nachlässe“ des LBZ, und den Standortleiterinnen der „Bibliotheca Bipontina“, Dr. Sigrid Hubert-Reichling und der LBZ in Speyer, Ute Bahrs, die Erfolge und Fortschritte vor, die die Entwicklung des LBZ in den vergangenen zehn Jahren begleiteten, in denen es sich zunehmend auch als Kompetenzzentrum des Landes für alle Fragen im Bereich „Medien- und Informationsvermittlung“ und als zentrale Entwicklungs- und Beratungseinrichtung zu bibliotheksfachlichen Fragen profilierte.

Dr. Annette GerlachDiese Bilanz nach zehn Jahren zeige, so Dr. Gerlach, dass die Gründung des LBZ zu einer erheblichen Serviceverbesserung für die Kunden der Bibliotheken und Büchereistellen im LBZ und zu nennenswerten Synergieeffekten u.a. bei der Arbeitsorganisation und in den Bereichen der Verwaltung und der Informationstechnik geführt habe. Der im Jahr 2006 in Betrieb genommene neue Online-Katalog des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz eröffne inzwischen den Zugang zu sämtlichen Beständen der „Bibliotheca Bipontina“ Zweibrücken, der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer und der Rheinischen Landesbibliothek Koblenz als gleichberechtigte Zweigstellen in einer einheitlichen Datenbank. Mit diesem neuen Katalog, so Dr. Gerlach, sei ein EDV-System entstanden, das erstmals die Bestände der Landesbibliotheken eines

Bundeslandes in einem gemeinsamen Katalog mit Selbstbedienungsfunktion anbiete. Das habe zu einer deutlichen Serviceverbesserung für die Kunden der Bibliotheken geführt, die ausweislich der Bestellzahlen die damit verbundenen Vorteile längst erkannt und angenommen hätten.So seien zuletzt im Jahr 2013 insgesamt 150.198 Medien als Direktbestellungen zwischen den Standorten des LBZ als Zweigstellenbestellungen nachgefragt worden,

Mit 29 Prozent sei mehr als ein Drittel aller Bestellungen bei der Rheinischen Landesbibliothek Koblenz aus den anderen Standorten des LBZ gekommen, bei der Pfälzischen Landesbibliothek Speyer seien es 22% und bei der „Bibliotheca Bipontina“ Zweibrücken mit 70 Prozent gar fast drei Viertel aller Bestellungen gewesen. Auch der Service der Fernleihe werde von den Kunden sehr gut genutzt.

Eine weitere wichtige Neuerung, so Dr. Gerlach, sei das vom LBZ seit 2008 betriebene Internetportal „dilibri“ (www.dilibri.de). „dilibri“ sei die digitalisierte Sammlung von landeskundlichen Werken über Rheinland-Pfalz sowie von Beständen aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken. Zurzeit arbeiteten neben den Bibliotheken des LBZ die Universitätsbibliothek Trier und die Stadtbibliotheken in Mainz und Trier aktiv an dem Portal mit. Weitere Institutionen und Vereine aus Rheinland-Pfalz stellten darüber hinaus ihre Bestände zur Digitalisierung und zur Präsentation in „dilibri“ zur Verfügung.

Dr. Armin SchlechterZur Zeit stehen dort 833.000 Scans in dilibri bereit, - historische Bestände aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken, die die von interessierten Bürgerinnen und Bürgern direkt online recherchiert und gelesen werden können.

Wie Dr. Gerlach weiter mitteilte, werde derzeit federführend durch das LBZ die zusammen mit den drei anderen rheinland-pfälzischen Bibliotheken mit regionalem Sammelauftrag – den Stadtbibliotheken in Mainz und Trier – vorbereitete Bibliographie landeskundlicher Werke aus Rheinland-Pfalz erstellt. In dieser Datenbank, die seit 1996 über das Internet zugänglich ist (www.rpb-rlp.de), seien mittlerweile fast 400.000 Literaturhinweise recherchier- und zum Großteil direkt bestellbar. Zusätzlich biete die Rheinland-Pfälzische Personendatenbank mehr als 10.000 Kurzbiographien von bedeutenden Landeskindern (www.rppd-rlp.de).

Seit 2002 sammle und archiviere das LBZ auch elektronische Publikationen und regionale Webseiten aus Rheinland-Pfalz und stelle sie auf ihrem Archivserver edoweb - www.edowebrlp.de dauerhaft zur Verfügung.

Durch die Steigerung des Etats für die Beschaffung von Büchern, Zeitschriften, elektronischen Medien und Datenbanken im LBZ habe die Zahl der verfügbaren Medien inzwischen auf einen Gesamtbestand von nunmehr 1. 864.467 Medieneinheiten ausgebaut werden können. Dabei hätten in den letzten Jahren auch Ankäufe wertvoller Antiquaria für das LBZ konnten getätigt werden. Hierzu erinnerte die LBZ-Chefin insbesondere an die historischen Rheinlaufkarten aus der Sammlung von Prof. Dr. Fritz Hellwig und an den Ankauf von 67 Briefen aus dem Nachlass von Johann Georg August Wirth und an das persönliche Exemplar der von ihm herausgegebenen Zeitung 'Deutsche Tribüne'. Der überwiegende Teil der Kaufsumme habe in beiden Fällen die „Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur“ übernommen, die gemeinsam mit der „Kulturstiftung der Länder“ auch den Ankauf des schriftlichen Nachlasses von Max Slevogt durch das LBZ im Jahr 2011 ermöglicht habe.

Büchereistellen im LBZ

Die Büchereistellen des Landesbibliothekszentrums in Koblenz und Neustadt/ Weinstraße seien die Serviceinstitutionen des Landes für die über 1.000 Öffentlichen Bibliotheken, Schulbibliotheken und Leseecken, fuhr Dr. Gerlach in ihrem Bericht fort. Sie stehen mit ihrem Fachpersonal den Städten, Gemeinden, Landkreisen und anderen Bibliotheksträgern für Beratung und Auskünfte in allen Büchereifragen zur Verfügung.

„Lese- und Medienkompetenz sind Schlüsselqualifikationen in unserer Informationsgesellschaft“, stellte der Bibliotheksleiterin weiter heraus. Deshalb unterstütze das Landesbibliothekszentrum mit seinen Büchereistellen vielfältige Angebote und Aktivitäten zur Leseförderung und zur Förderung der Medienkompetenz. So würden zahlreiche landesweite Projekte und Aktivitäten zur Leseförderung durchgeführt wie z. B. die Aktionen "Schultüte", "Lesewelten entdecken", "Adventskalender", "Lesesommer" oder "Bücherminis" und „Büchereipiraten“, die alle innerhalb des Kooperationsprojektes „Lesespaß aus der Bücherei“ im Rahmen der Initiative „Leselust in Rheinland-Pfalz“ geplant und organisiert würden. Aber auch das Projekt „Leseecken in Ganztagsschulen“ und die alle zwei Jahre in Kooperation mit dem Landesverband Rheinland-Pfalz im Deutschen Bibliotheksverband (dbv) stattfindenden „Bibliothekstage Rheinland-Pfalz“ seien hier zu nennen. „E-Medien werden immer wichtiger, wenn es um die Literaturversorgung geht“, unterstrich Dr. Gerlach. Daher beteiligten sich immer mehr Öffentliche Bibliotheken in Rheinland-Pfalz am Onleihe-Verbund „onleiherlp.de“, den das Landesbibliothekszentrum mit seinen Büchereistellen koordiniert. „Die 24-Stunden-Ausleihe kommt bei den Kunden der Öffentlichen Bibliotheken gut an“, unterstrich sie und belegte dies anhand der steigenden Zugriffszahlen, die von rund 40.000 Entleihungen im Jahr 2011 auf 117.000 im Jahr 2012 und fast 218.000 im letzten Jahr angestiegen seien. Die Zahl der Nutzer habe sich von 2011 bis 2012 von 3.100 auf 6.100 nahezu verdoppelt und sei im Jahr 2013 auf 10.000 angestiegen..

Gut angenommen auch die seit 2005 erscheinenden neuen Publikationen des LBZ: die Zeitschrift „Bibliotheken heute“ und der elektronische LBZ-Newsletter, die über bibliotheksfachliche Entwicklungen im Land informieren. Die Schriftenreihe des LBZ und der seit 2008 erscheinende Jahresbericht vervollständigten das Publikationsprogramm.

Zweimal – in den Jahren 2006 und 2007 – hätten zudem alle fünf Einrichtungen des LBZ an einem gemeinsamen„Tag der offenen Tür“ ihre Pforten geöffnet, um dem interessierten Publikum ihre Services näher zu bringen.

Auch das Veranstaltungsangebot in Form von Autorenlesungen, Vorträgen mit landeskundlichem Inhalt, Konzerten, Ausstellungen und VHS-Kursen sei in den letzten Jahren ständig erweitert worden und erfreue sich großer Beliebtheit, wie die Besucherzahlen zeigen.

Zusammenfassend stellte die LBZ-Leiterin fest, dass sich die Einrichtung in den zehn Jahren ihres Bestehens als Kompetenzzentrum und Beratungseinrichtung etabliert habe und eine Reihe von innovativen Projekten anstoßen konnte. Mit der Gründung des Landesbibliothekzentrums vor zehn Jahren habe Rheinland-Pfalz vorausschauend eine Struktur geschaffen, um die Koordination und Kooperation der Bibliotheken untereinander zu stärken. „Dies ist die beste Voraussetzung, um die Forderung nach flächendeckenden bibliothekarischen Angeboten trotz schwieriger finanzieller Lage bei den Kommunen und dem Land auch in der Zukunft erfüllen zu können.

Aus Anlass des Jubiläums „Zehn Jahre LBZ“ werden an allen Standorten eine Vielzahl von begleitenden Veranstaltungen durchgeführt, von denen die Ausstellung „Der Erste Weltkrieg und seine Folgen in der Metropolregion Rhein-Neckar in der Zeit von 1914 bis 1924“, die das LBZ gemeinsam mit dem Landesarchiv in Speyer durchführt, sicher zu den herausragenden gehören wird. Die Ausstellung wird vom 30. Mai – 28. Juni 2014 im LBZ Speyer - Eröffnung Mi., 28. Mai 2014, 18 Uhr Foto: gc

30.01.2014


Gemeinnützige Umwidmung von Bibliotheksmobiliar

v.l.: Einen der Street Docs, Alois Dietz und die Standortleiterin Ute Bahrs bei der symbolischen Übergabe eines KatalogschrankesDie Pfälzische Landesbibliothek in Speyer wird die Bereiche mit sofort ausleihbaren, frei zugänglichen Medien ausweiten

Speyer- In Vorbereitung der in den kommenden Wochen und Monaten geplanten Umzugsaktivitäten wurden die nicht mehr benötigten Katalogschränke abgebaut, die den sogenannten "Systematischen Zettelkatalog" enthielten. Sie erfahren eine Umnutzung an anderer Stelle: Das gemeinnützige Projekt "Street Doc" in Ludwigshafen wird künftig darin Medikamente unterbringen - ebenfalls nach einem systematischen Ordnungsprinzip.

Seit Ende Oktober 2013 haben Menschen, die über keinen Zugang zum Gesundheitssystem verfügen, an drei Standorten in Ludwigshafen einmal wöchentlich die Möglichkeit ehrenamtliche Sprechstunden für Menschen wahrzunehmen. Es handelt sich um ein Angebot in Trägerschaft der Ökumenischen Fördergemeinschaft, die hierfür mit einem Dutzend niedergelassener Allgemeinmediziner kooperiert. Diese praktizieren immer mittwochnachmittags stundenweise in sozialen Brennpunkten in eigens hergerichteten Behandlungszimmern. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich über Spenden.

Pfälzische Landesbibliothek, Presse; Foto: Christoph Mayr (LBZ),

29.01.2014


LBZ Speyer: Online-Zugang NAXOS Music Library (Classic und Jazz)

NAXOS Music Library : Zugang rund um die Uhr über das Landesbibliothekszentrum
Das Landesbibliothekszentrum bietet allen Interessierten ab sofort das umfangreiche Musikangebot der NAXOS Music Library und der NAXOS Musik Library Jazz an. Die Datenbanken  sind via  Internet rund um die Uhr nutzbar. Einzige Voraussetzung ist ein gültiger Benutzerausweis des LBZ, der kostenlos in den LBZ-Bibliotheken in Koblenz, Speyer und Zweibrücken erhältlich ist. Besucher der LBZ-Bibliotheken können das Angebot auch vor Ort ohne Benutzerausweis nutzen.

Die NAXOS Music Library ist mit über 1,3 Mill. Titeln von rund 90.000 CDs die weltweit größte klingende Enzyklopädie für klassische Musik. Über 600 unabhängige Labels sind mit ihren Einspielungen vertreten und sorgen für einen monatlichen Zuwachs von rund 800 CDs. Über 10.000 Werke aus 1.000 Jahren Musikgeschichte können  nach Komponist, Titel, Interpret oder Instrument gesucht und im Streaming-Verfahren angehört werden. Darüber hinaus werden viele Zusatzinformationen angeboten, wie digitale Booklets, Biographien, Werkanalysen oder Libretti.

Die NAXOS Music Library Jazz bietet in einem Mix von Jazz-Legenden und aktuellen Musikern über 70.000 Titel von rund 7000 CDs. Über 180 Labels, wie Blue Note Records, Fantasy Records, Altissimo oder Enja steuern Inhalte zu dem Angebot bei. Unter den mehr als 32.000 Künstlern sind Jazzgrößen wie Herbie Hancock, John Coltrane, Miles Davies und Charlie Parker vertreten.

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LANDESBIBLIOTHEKSZENTRUM RHEINLAND-PFALZ, Presse

13.12.2013


Kostbarer Neuzugang an der „LaBi“ in Speyer

Bibliotheksleitung präsentiert wertvollen „Ottheinrich-Einband“ als Dauerleihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung

spk. Speyer. Auch wenn es sich „nur“ um eine Dauerleihgabe handelt – seit heute ist die Pfälzische Landesbibliothek um eine kleine, aber feine Kostbarkeit reicher. Finanziert von der Ernst von Siemens Kunststiftung in München, die das Buch für 22.000 Euro aus einer deutschen Privatsammlung erwarb, konnte die Bibliothek jetzt den kleinen Band aus dem Besitz des Pfälzischen Kurfürsten Ottheinrich mit Speyerer Provenienz in seine Bestände eingliedern. Zur Vorstellung dieser Neuerwerbung war heute die neue Leiterin des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz LBZ, Dr. Annette Gerlach, aus Koblenz in die Speyerer „LaBi“ gekommen, wo sie, gemeinsam mit dem Leiter des Bereichs „Handschriften, Alte Drucke und Nachlässe“ des LBZ, Dr. Armin Schlechter, den neuen Band der Öffentlichkeit präsentierte.

Mit großer Dankbarkeit würdigte die Leiterin des LBZ dabei das bedeutsame Engagement der Ernst von Siemens Kunststiftung, ohne deren Hilfe der kostbare Einband nicht in den faktischen Besitz der Landesbibliothek hätte gelangen können.

Dr. Schlechter charakterisierte in seiner Vorstellung den zum protestantischen Glauben übergetretenen Kurfürsten als einen der großen Büchersammler seiner Zeit, in dessen Bibliothek reformatorische Literatur einen breiten Raum eingenommen habe. Darüber hinaus habe Ottheinrich aber auch viele Bücher zu anderen Interessensgebiete gesammelt, unter anderem zu Astronomie und Medizin. Nach seinen Vorgaben seien aber auch die kostbaren Einbände seiner Bücher geschaffen worden, so wohl auch der jetzt nach Speyer gelangte sogenannte „Ottheinricheinband“, erläuterte Dr. Schlecher. Da aber der Kurfürst selbst wohl des Laterinischen nicht mächtig gewesen sei, habe seine prachtvolle, vermutlich 600 bis 700 Bände umfassende Bibliothek wohl mehr der Repräsentation gegenüber anderen Fürsten als dem eigenen Studium oder der Erbauung gedient.

In seiner klassischen Form handele es sich bei dem jetzt erworbenen Band um einen mit braunem Kalbleder überzogenen Holzdeckeleinband, der mit blinden Rollen verziert ist. Im Zentrum steht auch hier ein Supralibros-P aar in Gold, das auf der Vorderseite das Porträt Ottheinrichs und auf der Rückseite sein Wappen zeigt. Heute existieren nach Einschätzung von Dr, Schlechter wohl noch etwa 450 Ottheinrich-Einbände, die überwiegend in der „Bibliotheca Apostolica Vaticana“ in Rom, in der Universitätsbibliothek Heidelberg, in der Stadtbibliothek Mainz, in der Bayerischen Staatsbibliothek München und im Landesbibliothekszentrum / Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken aufbewahrt werden. Mit dem heute vorgestellten Neuerwerb habe die LaBi in Speyer jetzt ihren Besitz von bisher einem Ottheinrich-Einband – einem Werk zur Astronomie eines Schülers von Nikolaus Kopernikus aus dem Bestand der Bibliothek der früheren Domschule (heute Gymansium am Kaiserdom) – nun „glatt um hundert Prozent erhöht“, so Dr. Schlechter schmunzelnd.

Der 1502 in Amberg geborene Ottheinrich war ein Enkel des pfälzischen Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen. Nach dem Tode seiner Eltern im für die Pfalz verheerenden Landshuter Erbfolgekrieg übernahm er 1522 gemeinsam mit seinem Bruder die Herrschaft im Fürstentum Pfalz-Neuburg. Dieses Territorium musste er 1544 allerdings aufgrund völliger Überschuldung aufgeben. Von 1556 bis 1559 regierte Ottheinrich dann als Nachfolger von Kurfürst Friedrich II. die Kurpfalz. In dieser Zeit modernisierte er die Universität, führte sein Territorium zur Reformation und begründete postum die „Bibliotheca Palatina“.

Der neue Speyerer Zugang wurde im Januar 2013 von dem Königsteiner Antiquariat Reiss & Sohn angeboten und war gemäß dem aufgeprägten Bindejahr als ein 1550 hergestellter Ottheinrich-Einband identifiziert worden. Er zeigt vorne das zu dieser Zeit gebräuchliche Supralibros des Kurfürsten mit der Unterschrift OTTHAINRICH VON G.G./ PFALTZGRAVE BEY RHEIN/ HERTZOG IN NIDERN VND OBERN BAIRN, hinten korrespondierend eine nur bei den frühen Ottheinrich-Einbänden verwendete Spes-Platte, eine Personifikation der Tugend Hoffnung. Der Band zeigt weiter einen punzierten Goldschnitt, was bei dieser Buchgattung eher selten vorkommt.

In dem Band enthalten sind drei medizinische Drucke aus der Feder von Antonio Musa Brasavola, dem im Jahr 1500 geborenen Leibarzt von Kaiser Karl V. sowie von verschiedenen Päpsten, die zwischen 1546 und 1549 in Lyon gedruckt worden waren.

Wahrscheinlich handelt es sich bei dem vorliegenden Objekt um einen der Ottheinrich-Einbände, die bei der Wegführung der Heidelberger „Bibliotheca Palatina“ nach Rom 1623 im Dreißigjährigen Krieg als Dublette am Neckar zurückblieben.

Der Band befand sich, wie der Besitzvermerk Ex Bibliotheca David Verbezii Carno-Lubeani Phil. et Med. Doct. Spirae 5. Julii 1637 zeigt, im Besitz des 1577 in Laibach geborenen David Verbez, der 1600 in Basel in Medizin promovierte, dann als Arzt in verschiedenen süddeutschen Städten wirkte und 1644 in Speyer verstarb. Da die autochthonen Speyerer Buchbestände im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges 1689 vollständig untergegangen sind, haben solche zuvor in Speyer zuordenbaren Werke einen außerordentlich hohen Überlieferungswert. Der fragliche Band befand sich im späten 19. Jahrhundert wohl in Privatbesitz und scheint nie Teil einer öffentlichen Bibliothek gewesen zu sein. Er zeigt, von den altersbedingten Nutzungsspuren abgesehen, einen hervorragenden Erhaltungszustand ohne jegliche restauratorische Eingriffe, was bei Ottheinrich-Bänden heute sehr selten ist. Foto: gc; LBZ

31.07.2013


Neueste Publikation der „Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung“ vorgestellt

Speyer- In einer kleinen Feierstunde wurde am Dienstag, den 4.6.2013, im Landesarchiv Speyer die neueste Publikation der „Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung“ vorgestellt. Die Edition von Urkunden zu den Besitzungen, die das in der Eifel gelegene Zisterzienserkloster Himmerod während im Raum Speyer hatte, war schon immer ein Herzenswunsch, wie Laudator Prof. Dr. Hans Ammerich, betonte, da die betreffenden Texte in Form der sehr seltenen Urkundenrolle (rotulus) in dem von ihm geleiteten Bistumsarchiv Speyer verwahrt werden. In seinem Einführungsvortrag beschrieb Prof. Ammerich den Typus der Urkundenrolle – der eine Rotulus misst ca. 3 Meter und umfasst 58 Urkundenabschriften aus den Jahren 1194 bis 1262, der andere misst 2 Meter und beinhaltet zwölf Urkunden von 1258 bis 1274 –, zeigte anhand einer Karte die Lage der pfälzischen Besitzungen des Klosters auf und beleuchtete die Frage, warum die Stücke bereits im Mittelalter als Abschriften der Originale angefertigt wurden.

Im Anschluss erläuterte der Bearbeiter Dr. Johannes Weingart die aufwendige Vorgehensweise bei Herstellung der Edition. Auf die Inhalte der Urkunden bezogen ließ er kurz den politischen und gesellschaftlichen Stellenwert dieser Zeugnisse aufblitzen, denn in einem Fall werden als Zeugen einer Beurkundung keine Geringeren als die Bischöfe von Trier, Worms und Würzburg genannt. So sind diese Texte in einem umfassenden Sinn von grundlegender Bedeutung für die mittelalterliche Landesgeschichte der Pfalz und verbinden diese zugleich mit der Geschichte des in der Eifel gelegenen Zisterzienserklosters Himmerod, das heute noch von den Mönchen betrieben wird und zu Erholung und Meditation einlädt.

Abschließend dankte Prof. Dr. Pirmin Spieß als Geschäftsführer der Stiftung den Bearbeitern der Edition für ihre vorbildliche Arbeit. Beim anschließenden Umtrunk wurde neben Pfälzer Rotwein auch Wein aus Besitzungen des Klosters Himmerod an der Mosel verkostet.

Erhältlich ist der Band im Buchhandel oder bei der Vertriebsstelle der „Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung“, Heinestrasse 3, 67433 Neustadt an der Weinstraße zum Preis von 29.- €. LANDESARCHIV SPEYER, Presse

05.06.2013


Landesarchiv Speyer präsentiert „Gesamtverzeichnis der Siegel im 'Gatterer-Apparat'“

Dreißig Jahre akribische Forschungsarbeit öffnen „berührungsfreien“ Zugang zu 1200 Jahren Kulturgeschichte

cr./spk. Speyer. 2571 detailliert und mit größter Sorgfalt beschiebene, ganz unterschiedliche Siegel – 2260 davon in einem eigenen Band abgebildet - allein diese Zahlen lassen schon erahnen, auf welch monumentale Herausforderung sich der frühere Speyerer Archivdirektor Dr. Karl Heinz Debus eingelassen hatte, als er vor nunmehr dreißig Jahren mit der Erstellung eines „Gesamtverzeichnisses der Siegel im 'Gatterer-Apparat'“ begann. Jetzt ist dieses opulente Werk, das von der rastlosen und akribischenForschungs- und Archivarbeit des längst pensionierten Wissenschaftlers Zeugnis ablegt, fertiggestellt, gedruckt und kann seit diesem Wochenende als „Band 116 der Veröffentlichungen des Landesarchivs Rheinland-Pfalz“ erworben oder im Landesarchiv in Speyer eingesehen werden.

Groß war deshalb auch die Zahl der interessierten Gäste, die jetzt zur Präsentation dieses epochalen Werkes in das gemeinsame Foyer von Landesbibliothk und Landesarchiv in Speyer gekommen waren. Die Bedeutung des vorgestellten 'Opus magnus' machte nicht allein die Anwesenheit des Speyerer Oberbürgermeisters Hansjörg Eger, seines Vorgängers Werner Schineller und des früheren Speyerer Kulturdezernenten Hanspeter Brohm deutlich - auch zahlreiche Wissenschaftler, Historiker und viele Speyerer Bürger waren gekommen.

Dr. Walter Rummel, Leiter des Landesarchivs in Speyer, ließ schon in seiner Begrüßung etwas von der großen Bedeutung aufscheinen, die Siegel seit mehr als 5.000 Jahren und bis heute für die Menschen in einer zivilisierten Gesellschaft haben. Daraus leite sich auch der hohe Rang dieses Gesamtverzeichnisses ab, zu dessen Vorstellung an diesem Tag auch die Direktorin des Landeshauptarchivs in Koblenz, Dr. Elsbeth André nach Speyer gekommen war. Sie erinnerte in ihrem Grußwort daran, dass der „Gatterer-Apparat“ - eine herausragende Sammlung von rund 4.500 historischen Urkunden, die nach dem von 1759 bis 1799 an der Universität in Göttingen lehrenden Geschichtswissenschaftler und Begründer der Historischen Hilfswisssenschaften, Professor Johann Christoph Gatterer benannt ist, sich erst seit 1997 im Besitz und in der Obhut des Speyerer Landesarchivs befindet.

Über die inhaltliche Bedeutung des „Gatterer-Apparates“ habe Dr. Debus bereits im Jahr 1998 ein umfangreiches Werk vorgelegt, so Dr. André, das jetzt mit dem neuen Gesamtverzeichnis eine unentbehrliche Ergänzung erfahre. Der neue Siegelband erleichtere künftig einschlägige Forschungsarbeiten, weil dadurch der Rückgriff auf die empfindlichen Originale der Siegel nicht mehr notwendig sei. Für diese Leistung sprach die Direktorin dem Autor des Werkes Dank und Anerkennung aus und erinnerte zugleich auch daran, dass es Dr. Debus gewesen sei, der schon früh – nach ersten Kontakten am Rande einer wissenschaftlichen Tagung - die entscheidenden Vorverhandlungen für den Erwerb dieser Sammlung aus dem Besitz des Staatsarchiv des schweizerischen Kantons Luzern geführt habe.

Auch sei es Dr. Debus gewesen, der mit unermüdlicher Überzeugungskraft und Hartnäckigkeit den auf einer „Mischkalkulation aus kollegialem Freundschaftspreis und einem am Antiquitätenhandel orientierten Marktpreis“ basierenden Kaufpreis für den „Gatterer-Apparat“ in Höhe von 1 Million Schweizer Franken eingeworben habe. Wichtigste Sponsoren seien dabei die „Kulturstifung der Länder“ und die „Kulturstiftung des Landes Rheinland-Pfalz“ gerwesen. Auch zwei namhafte Unternehmen habe Dr. Debus damals als Sponsoren gewinnen können. Schließlich habe er noch rund 250.000 D-Mark von verschiedenen Wirtschaftsverbänden, Kirchen, Kommunen und Privatpersonen für diesen Erwerb einwerben können, so dass am 10. Oktober 1986 der Kaufvertrag seitens der rheinland-pfälzischen Landesregierung unterschrieben und am 18. Februar 1997 der „Gatterer-Apparat“ ins Landesarchiv nach Speyer verbracht werden konnte. Steuermittel, so betonte Dr. André, seien in diesem Zusammenhang nicht geflossen.

Die Direktorin des Landeshauptarchivs dankte dem pensionierten Archivdirektor für dieses einmalige Engagement und bezog darin auch die Fotografin des Speyerer Landesarchivs, Brigitte Roth, mit ein, die in einem aufwändigen Prozeß im Fotostudio des Archivs die 2.260 Abbildungen hergestellt habe.

Diegel gäben einen Einblick in die „Jahrtausende alte Kulturgeschichte und in die menschlichen Tiefen“, gab sodann in einem weiteren Redebeitrag der „Hausherr“ des Archivs, Dr. Walter Rummel, zu bedenken. Er erinnerte daran, dass bis heute alle offizielllen Dokumente und Urkunden besiegelt würden – das „Be-Siegeln“ eines Versprechens – das Markieren eines Herrschaftsanspruchs durch ein Siegel - „eigentlich ist fast jede menschliche Existenz vom ersten bis zum letzten Tag mit Siegeln dokumentiert“, so der Wissenschaftler - am Letzten Tag im „Buch mit den sieben Siegeln“, der „Offenbarung des Johannes“, wo das Siebte Siegel die Apokalypse, das Ende der Welt, markiere. Schon vor mehr als 5.000 Jahren sei das „Besiegeln“ in Mesopothamien, im Zweistrom-Land, eingeführt worden, so Dr. Rummel in seiner „kompakten Siegel-Kunde“. Von dort aus habe es sich als eine für die Menschheitsgeschichte bedeutsame offizielle Handlung in der ganzen Welt verbreitet.

In seiner Vorstellung des umfangreichen „Gatterer-Apparates“ erinnerte Dr. Debus zunächst daran, dass Prof. Gatterer auf dem Weg zum Aufbau eines Lehrapparates für seine Studenten zunächst den Nachlass seines Göttinger Vorgängers Johann David Köhler übernommen hatte. Dieser habe aus einer umfangreichen Sammlung zu Numismatik, Diplomatik, Heraldik und Geographie bestanden, mit der Gatterer den Unterricht für seine Studenten anschaulich machen wollte. Gatterer konnte dann die übernommene Sammlung durch Zukäufe, durch Geschenke seiner Studenten sowie durch Widmungen anderer Institutionen wesentlich erweitern. Die Sammlung umfasst heute rund 4500 Originalurkunden, wobei etwa 1100 Dokumente aus der Zeit vor dem Jahr 1400 stammen. Das älteste Pergament ist eine Urkunde König Ludwigs des Jüngeren aus dem Jahre 878. Zu den Archivalien gehören auch 50 Königsurkunden und 29 Papstbullen von vor 1400.

Darüber hinaus gibt es aber auch bedeutende Schriftstücke aus der Neuzeit , so Schreiben der Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. von Preußen. Neben diesen Originaldokumenten umfasse die Sammlung aber auch Urkundenabschriften, alte Schreibgerätschaften, alte Kupferstiche von Urkunden und Siegeln sowie 275 Originalsiegel, 36 Siegelstempel, Siegelnachzeichnungen und 40 Handschriften ab dem 13. Jahrhundert. Es gibt auch eine vorlutherische Psalmenübersetzung aus dem Jahr 1470. Insgesamt beinhalte der Bestand 8.600 einzelne Positionen.

Neben deutschen Ausstellern von Urkunden und Dokumenten finden sich auch ausländische wie Christina von Schweden oder Ludwig XV. von Frankreich. Außer Päpsten sind auch Kardinäle, Bischöfe und päpstliche Legaten unter den Ausstellern. Empfänger der Urkunden waren zumeist Domkapitel, Bistümer, Klöster, Städte, Gemeinden und einzelne Adlige.

Durch den Erwerb des „Gatterer-Apparates“ konnte der bis dahin vorhandene Bestand des Speyerer Landesarchivs von rund 20.000 Urkunden nicht nur um weitere 4.500 vergrößert werden - besonders die Zahl der Dokumente aus dem Früh- und Hochmittelalter konnte so verzwanzigfacht werden. Das ist umso bedeutsamer, als sich die Mehrzahl der im „Gatterer-Apparat“ zusammengeführten Unterlagen auf die Geschichte der Pfalz und Rheinhessens beziehen[

Zuvor hatte das Landesarchiv Speyer aufgrund der kriegerischen Ereignisse in den letzten Jahrhunderten im Südwesten Deutschlands wie auch wegen des Verlustes vieler Pfälzischer Archive durch ihre Verlegung nach München, Darmstadt, Wiesbaden und Karlsruhe nur verhältnismäßig wenige Dokumente zur reichen Geschichte des Oberrheingebietes besessen, so Dr. Debus.

All diese Urkunden waren durch Siegel beglaubigt. Durch die Beschreibungen und Abbildungen in dem neuen zweibändigen Werk von Dr. Karl Heinz Debus werden diese Siegel nun interessierten Forschern „berührungsfei“ zugänglich gemacht. Eine wissenschaftliche Meisterleistung, für die dem früheren Speyerer Archivdirektor an diesem Abend viel Lob und Dank zuteil wurde.

Das erste Exemplar des Werkes überreichte Dr. Rummel symbolisch dem Autor – für seine Ehefrau, die das Werk über drei Jahrzehnte begleitet hat, gab es ebenso einen stattlichen Blumengruß wie für die Fotografin der 2260 Abbildungen, Brigitte Roth.

Nach Speyerer Art, bei Wein und Brezeln, nahmen die Besucher der Buchvorstellung im Anschluß daran Gelegenheit, sich auszutauschen und die Exponate zu bewundern, die zu diesem Anlass in einer kleinen Ausstellung präsentiert wurden – darunter eine Original-Urkunde von Kaiser Heinrich III.  Foto: gc

29.04.2013


Sparkassenstiftung Speyer unterstützt den Ankauf von 24 Briefen von Anselm Feuerbach und aus seinem Umfeld

Brief von Anselm Feuerbach an seine Stiefmutter Henriette Heydenreich vom Juni 1875. Brief von Anselm Feuerbach an seine Stiefmutter Henriette Heydenreich vom Juni 1875.

Speyer- Die Sparkassenstiftung der Kreis- und Stadtsparkasse Speyer unterstützte den Ankauf von 14 Briefen von Anselm Feuerbach an seine Stiefmutter Henriette Feuerbach sowie zehn Briefen von Henriette Feuerbach geb. Heydenreich an ihren Bruder Christian Heydenreich bzw. Briefe von ihm an sie mit einer Summe von 1.000 Euro. Die Briefe wurden dem Landesbibliothekszentrum Speyer im vergangenen Jahr zum Kauf angeboten und stammen wahrscheinlich aus dem Nachlass einer Enkeltochter von Christian Heydenreich, die 1944 ohne Nachkommen verstorben war. Nicht alle Schreiben sind vollständig, aber die Briefe sind in einem angesichts ihres Alters hervorragenden Zustand.

Anselm Feuerbach wurde 1829 in Speyer geboren. Sein Großvater war der berühmte Strafrechtler Paul Johann Anselm von Feuerbach, sein Vater der später in Freiburg wirkende Archäologe Anselm Feuerbach. Zur wichtigsten Bezugsperson für den Maler wurde seine aus Ansbach stammende Stiefmutter Henriette Heydenreich. Der junge Anselm erhielt seine künstlerische Ausbildung in Düsseldorf, München und Paris und reiste 1855 mit Victor von Scheffel nach Italien, wo vor allem der Besuch Venedigs ein einschneidendes Erlebnis für ihn wurde. Ein überaus wichtiger Lebensabschnitt begann mit seiner Übersiedelung nach Rom im Oktober 1856, wo in der Folge der Hauptteil seines Werkes entstand. 1872/73 erhielt er eine Professur an der Akademie der Künste in Wien, musste diese Stelle aus gesundheitlichen Gründen aber schon 1876 wieder aufgeben. Anselm Feuerbach starb Anfang 1880 in Venedig und wurde in Nürnberg begraben. Sein künstlerisches Werk ist in erster Linie antiken Klassizismus und der Malerei der Hochrenaissance beeinflusst.

Henriette Feuerbach hatte 1886 den größten Teil der Briefe, die Anselm Feuerbach an sie geschrieben hatte, der Nationalgalerie in Berlin geschenkt, eine unbekannte Anzahl von Briefen aber zurückgehalten, die deshalb auch nicht in der maßgeblichen Ausgabe von Briefen des Künstlers an seine Stiefmutter enthalten sind (Anselm Feuerbachs Briefe an seine Mutter. Aus dem Besitz der Königlichen National-Galerie zu Berlin hrsg. von G. J. Kern u. Hermann Uhde-Bernays, Bd. 1-2, Berlin 1911, hier Bd. 1, S. XIIf.).

In teils gekürzter Form und ohne Angabe des Herausgebers erschien 1911 in der Zeitschrift ‚Die neue Rundschau’ 2 (1911) die Auswahlbriefedition ‚Henriette Feuerbach, Briefe an ihren Bruder Christian Heydenreich’ (S. 956-976, 1110-1124, 1274-1282). Ein Teil der vom Landesbibliothekszentrum erworbenen Briefe findet sich in der Edition, die jedoch weitere Briefe enthält. Offensichtlich handelt es sich bei der neuen Speyerer Erwerbung nur noch um Anteile einer ursprünglich größeren Sammlung. Das Landesbibliothekszentrum Speyer besitzt ausweislich des Autographenportals Kalliope neben der Nationalgalerie Berlin die meisten Briefe von Anselm Feuerbach und Henriette Feuerbach. www.lbz-rlp.de 

Pfälzische Landesbibliothek, Speyer, Presse

16.04.2013


Schenkung der Ike und Berthold Roland-Stiftung an das Landesbibliothekszentrum in Speyer

Teilnachlass der Nachkommen Christian IV., Herzog von Zweibrücken

Speyer- Die Pfälzische Landesbibliothek Speyer, heute Teil des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, konnte 1993/94 bei einem Kölner Auktionshaus einen Teil des Nachlasses der Nachkommen von Christian IV., Herzog von Zweibrücken (1722-1775), erwerben, der seitdem unter der Signatur N 73 aufbewahrt wird. Christian IV. schloss sich nach der Übernahme der Regentschaft im Jahr 1740 politisch eng an Frankreich an, sorgte für ein Aufblühen seines Landes in spätaufklärerischer Tradition und begründete 1755 das heutige Landgestüt Zweibrücken. 1751 ging er eine nicht standesgemäße Ehe mit der am Mannheimer Theater wirkenden Tänzerin Maria Johanna Franziska Camasse (1734-1807) ein, die er 1757 öffentlich machte. Aus dieser Verbindung gingen insgesamt acht Kinder hervor. Unter ihnen kommt den Söhnen Christian (1752-1817) und Philipp Wilhelm (1754-1807), Grafen von Forbach, die größte Bedeutung zu. Da sie nicht erbberechtigt waren, schlugen beide eine militärische Karriere in französischen und später in bayerischen Diensten ein. Als Kommandeure des von ihrem Vater aufgestellten Regiments Royal Deux-Ponts nahmen sie am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg teil und zeichneten sich in der entscheidenden Schlacht von Yorktown durch besondere Tapferkeit aus, wofür sie von George Washington geehrt wurden. Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg ist in diesem Nachlassteil breit dokumentiert. Daneben finden sich persönliche Briefe, militärische Unterlagen späterer Zeit, Unterlagen zum Vermögen und weitere persönliche Dokumente. Aus der sich anschließenden Generation haben sich Unterlagen zu Christians Tochter Casimire Marie Louise (1787-1846) überliefert, die 1808 Gustav Graf von Sayn-Wittgenstein heiratete.

Die Ike und Berthold Roland Stiftung Mannheim für Kunst und soziales Engagement hat 2012 dem Landesbibliothekszentrum einen weiteren Teil des Nachlasses der Nachkommen von Christian IV. geschenkt, der einen Umfang von etwa eineinhalb laufenden Metern hat. Er schließt sich nahtlos an den 1993/94 angekauften Nachlassteil an, rundet diesen einerseits ab und führt ihn andererseits bis zum Ende des 19. Jahrhunderts weiter, als der Lebensmittelpunkt der Nachkommen endgültig in München lag, wo auch schon Christian und Philipp Wilhelm von Forbach gestorben waren. Großen Raum nehmen in diesem Material die Trennung von Christian von Forbach von seiner Frau Adelaide François Lèontine de Béthune-Pologne (1761-1823) ein, die er 1783 geheiratet hatte, weiter deren Testament und Nachlassinventar. Die meisten Unterlagen finden sich zu ihrer gemeinsamen Tochter Casimire, zur Familie ihres Mannes Gustav Graf von Sayn-Wittgenstein sowie zu deren Enkelgeneration. Neben handschriftlichen Briefen von Christian von Forbach, der Tochter Casimire und des Schwiegersohns Gustav von Sayn-Wittgenstein sind verschiedene Rechnungsbücher, Ausgabenverzeichnisse, Besitz- und Palaisinventare bemerkenswert. Hinzu kommen Materialien zu Vormundschaftsangelegenheiten sowie zu Rechtsstreitigkeiten in Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung um die Ebenbürtigkeit zweier sayn-wittgensteinischer Linien.

Die Nachlassergänzung durch die Ike und Berthold Roland Stiftung erweitert mit den Materialien zu Christian von Forbach und seiner Nachkommen die Quellenlage zu einer bedeutenden pfälzischen adligen Familie ganz erheblich. Sie bietet damit die Grundlage für weitere personengeschichtliche Forschungen zu dieser Dynastie. Insbesondere die Rechungen und Rechnungsbücher sind weiter eine wichtige wirtschaftliche und sozialgeschichtliche Quelle für die adlige Lebenswirklichkeit in Süddeutschland in der pfalzbayerischen Zeit. Diese Materialien werden zukünftig auch unter der Signatur N 73 aufbewahrt, bleiben aber als separater Fonds und als Schenkung der Stiftung kenntlich.

Im Anhang finden Sie eingescannte erste Seite des handschriftlichen Testaments in französischer Sprache von Casimire Marie Luise Gräfin von Forbach (1787-1846). Sie war die Tochter von Christian Graf von Forbach und Freiherr von Zweybrücken und heiratete 1808 Gustav Graf zu Sayn-Wittgenstein. www.lbz-rlp.de LANDESBIBLIOTHEKSZENTRUM RHEINLAND-PFALZ, Presse

Lesen Sie hierzu auch einen EINWURF von Gerhard Cantzler

10.04.2013


Einwurf

In Zweibrücken verschmäht – in Speyer mit offenm Herzen empfangen:

Speyerer Landesbibliothek Nutznießer eines unbegreiflichen kunsthistorischen Affronts

Von Gerhard Cantzler

Er zählt sicher zu den herausragenden Persönlichkeiten in Kunstgeschichte und Kulturmanagement der Gegenwart in der Kurpfalz und weit darüber hinaus: Prof. Dr. Berthold Roland, der jetzt einmal mehr namens der von seiner Gattin und ihm gegründeten „Ike-und Berthold-Roland-Stiftung“ wertvolle Teile des von ihm gesammelten Nachlasses der Nachkommen des Herzogs aus der Birkenfeld-Bischweiler Linie der Zweibrücker Wittelsbacher der Handschriften-Sammlung der Speyerer Landesbibliothek überreichte.

Und dabei hatte sich das der in Landau geborene und in der Speyerer Prinz-Luitpold-Straße aufgewachsene Kunsthistorikers einmal ganz anders vorgestellt: Die Zweibrücker Bibliothek sollte eigentlich Empfänger dieser kunsthistorischen Pretiosen sein, die Dr. Roland stets „ungesehen“, wie er bei der Übergabe betonte, im Kusnthandel erworben hatte – zu nah war ihm stets das Zweibrücker Herzogsgeschlecht, als dass er etwas ausgelassen hätte.

Auf dieses Geschlecht hatte ihn einst Prof. Dr. Johann Buchheit, Kunsthistoriker und in den 1930er Jahren Direktor des Bayerischen Nationalmuseums in München im Rahmen seines Studiums an der Bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität „gebracht“. Prof. Dr. Buchheit, selbst in Zweibrücken geboren und mit dem damaligen Direktor des Historischen Museums der Pfalz in Speyer, Dr. Friedrich Sprater, eng befreundet – bei letzterem ging Berthold Roland in der Nachbarschaft seines Elternhauses schon als Kind ein und aus, und er war es auch, der in ihm die Lust an und die Leidenschaft für die Kunstgeschichte weckte – riet dem jungen Studenten Berthold Roland, der damals auf der Suche nach einem attraktiven Thema für seine Promotion war, sich doch einmal den Zweibrücker Hofmaler Johann Christian von Mannlich „anzuschauen“.

Eine lebenslange Liebe des jungen Speyerer Kunsthistorikers war geweckt, die sich bis heute gehalten hat und die sich zuletzt erst wieder in der Überlassung eines Porträts der „Gräfin von Forbach“ aus der Hand J. Chr. von Mannlichs als Dauerleihgabe an das Historische Museum der Pfalz in Speyer manifestierte, in der sich Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken quasi „Bild in Bild“ widerspiegelt.

„Meine Frau Ike, die als Juristin 'einträgliche' Mandate hatte, machte es mir möglich, vieles über diese Familie zu erwerben“, bekennt Dr. Roland freimütig und so kam u.a. auch der jetzt übergebene Nachlass in den Besitz der Famileinstiftung. Der inzwischen 85jährige Dr. Berthold Roland selbst, der nach seiner Zeit als Autor und Herausgeber zahlloser bedeutender Kunstkataloge gut zehn Jahre lang Leiter der Kunstabteilung im rheinland-pfälzischen Kultusministerium war und danach als Direktor des Mittelrheinischen Landesmuseums in Mainz und – als ausgewiesener Experte des Oeuvres des Bayerisch-Pfälzischen Impressionisten Max Slevogt – das Museum Schloß „Villa Ludwigshöhe“ leitete und der als künstlerischer Berater für den Mainzer Ministerpräsidenten und späteren Bundeskanzler Helmut Kohl ein gefragter Ratgeber war, hätte sich, so gesteht er, seine „Zweibrücker Leidenschaft“ „aus eigenem Geld“ nicht leisten können. „Die öffentliche Hand war da nie so freigebig“.

Umso lieber hätte es natürlich das Stifterehepaar gesehen, wenn ihre großherzige Gabe - der Nachlass des Zweibrücker Herzogs Christian IV., der als Offizier im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg für seinen mutigen Einsatz durch ein Porträt in der Rotunde des Washingtoner Capitols geehrte wurde, das ihn gemeinsam mit dem ersten US-Präsidenten George Washington zeigt - dort gelandet wäre, wo sie eigentlich hingehört: In der Bibilothek von Zweibrücken.

Doch nachdem ein diesbezügliches, wiederholtes Angebot Dr. Rolands an den Zweibrücker Oberbürgermeister ohne Resonanz blieb, entschlossen sich Ike und Betrhold Roland – spürbar verärgert, „Zweibrücken bekommt nichts!“

Und so kam dann die Speyerer Landebibliothek in den Besitz dieses Konvoluts, das die bereits in den 1990er Jahren von einem Kölner Kunsthändler erworbenen Nachlassteile in glückhafter Weise ergänzt und komplettiert – und so kamen schließlich auch die Speyerer Bibliotheks-“Leute“ , Ute Bahrs und Dr. Armin Schlechter und die Journalisten in den Genuss, einmal mehr diesem im besten Wortsinne „Mann der Kunst“ Dr. Berthold Roland zu begegnen und für eine Stunde Anteil zu haben an seinem Kunst-reichen Leben.

Und so wie sich zuvor schon das Speyerer Feuerbachhaus über ein von Wolf Spitzer geschaffenes Porträt Anselm Feuerbachs - gleichfalls eine Spende der „Ike-und-Berthold-Roland-Stiftung“ - freuen durfte, so darf man sich jetzt auch in Bad Bergzabern auf eine weitere Spende des großerhezigen Mannheimer Stifter-Ehepaares freuen: Für die südpfälzische Kurstadt wird Berthold Roland den Nachlass des Malers und Graphikers Werner vom Scheid und seiner Frau, der Lyrikerin Martha Saalfeld, zu einer eindrucksvollen Schau zusammenführen und in den nächsten Monaten der interssierten Öffentlichkeit präsentieren.

„Kunst- und Bürgersinn vom Allerfeinsten“, kann man da angesichts solcher Aktivitäten nur sagen.

Einblicke in die militärstrategischen „Schachzüge“ im Polnischen Thronfolgekrieg gewährt

Speyerer LBZ präsentiert deutsche Übersetzung eines außergewöhnlichen Werkes

spk. Speyer. Es war ein durchaus ansehnlicher Kreis von Interessierten, die jetzt zu der Präsentation der deutschen Übersetzung der „Denkschrift von 1739“ nebst ausführlichem Kartenteil des französischen Ingenieurs und Topographen Antoine de Regemorte in das Landesbibiliothekszentrum in Speyer gekommen waren. Unter ihnen konnte die Standortleiterin Speyer des LBZ, Ute Bahrs, den früheren Oberbürgermeister von Speyer, Dr. Christian Roßkopf sowie zwei ihrer Amtsvorgänger, Dr. Hartmut Harthausen und Dr. Jürgen Vorderstemann, ganz besonders begrüßen.

Prof. Dr. Heinz Musall, mehr als 20 Jahre lang Professor für Kartographie und Geographie im Studiengang Kartographie und Geomatik an der Technischen Hochschule Karlsruhe, hat die Übersetzung und die wissenschaftliche Bearbeitung für dieses Werk besorgt, dessen Original sich seit 1986 im Besitz der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer befindet. Aus Anlaß dieser Buchvorstellung war das kostbare Original für einen Abend lang ausgestellt und konnte von den Besuchern auszugsweise in Augenschein genommen werden.

Der aus einer Familie von Festungsbauunternehmern und Militäringenieuren stammende Antoine de Regemorte beschrieb in diesem Werk die militärischen Operationen im Polnischen Thronfolgekrieg, die er als Begleiter der französischen Armee während der Feldzüge der Jahre 1734 und 1735 im Raum zwischen der Lauter im Süden und Mainz im Norden sowie in einigen Gebieten rechts des Rheins erlebt hat.

Der wissenschaftliche Wert dieser Denkschrift, so Prof. Dr. Musall in seinem Vortrag, liege insbesondere in den detaillierten Beschreibungen des von den Truppen durchquerten Geländes und der logistischen Probleme, die bei Truppenbewegungen größeren Umfangs im 18. Jahrhundert zu lösen waren. Die Schilderungen in dem Werk böten damit zusätzliche, weit über die üblichen Operationsjournale hinausgehende Informationen zum Kriegsschauplatz, wo es ein Hauptanliegen der Truppenführung sein musste, so gut wie möglich für die Verpflegung der Truppen und ganz besonders auch für  Futtervorräte für die große Anzahl mitgeführter Pferde usw. in feindlichem Gebiet zu sorgen.

Dem Leser, so Prof. Dr. Musall, werden hier Einzelheiten zum Ablauf des Kriegsgeschehens vor Augen geführt, wie er sie aus anderen Quellen nicht oder nicht aus diesem militärischen Blickwinkel erfahren kann. Zum anderen enthalte die Denkschrift 19 handgezeichnete Karten aus dem Operationsgebiet, die mit ihren großen Maßstäben wichtige historisch-geographische Quellen darstellten. Zudem würden sie eine Fülle an topographischen Details aufweisen, wie sie in früheren militärkartographischen Aufnahmen der französischen Ingenieure von diesem Raum nicht zu finden seien..

Im Teil I des Werkes ssind der vollständige Text der Denkschrift einschließlich der darin enthaltenen Karten enthalten. In Teil II werde zunächst der Verlauf des Polnischen Thronfolgekrieges (1733–1737/38) geschildert, um die in der Denkschrift erwähnten Ereignisse besser einordnen zu können. Es folgen Ausführungen zur Praxis der damaligen Kriegführung mit den sich dabei bei allen Heeren dieser Zeit ergebenden Problemen und zu den speziellen Tätigkeiten der Militäringenieure.

Um die Bedeutung der genauen topographischen Aufnahmen von Regemorte als wichtigem Schritt zur modernen großmaßstäbigen topographischen Karte herauszustellen, werden Beispiele früherer von französischen Militärkartographen hergestellter Karten am Oberrhein bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zum Vergleich gezeigt.

Mit seinem mit vielen Kartensdarstellungen unterlegten Vortrag hat der Autor, der seit 1969 mit zahlreichen Beiträgen zur historischen Kulturlandschaft und zur Geschichte der Kartographie der Oberrheinlande hervorgetreten ist und der auch selbst mehrere Kartenausstellungen mitbetreute, hat Prof. Dr. Musall bei seinen Zuhörern sicher Lust darauf geweckt, sich auch mit seiner 1999 entstandene Übersetzung und Kommentierung der französischen Denkschrift des Chevalier de Clairac über die Reichsfestung Philippsburg näher zu befassen.. Foto: gc

21.03.2013


Freier Zugang zu alten Drucken in dilibri Rheinland-Pfalz

Abbildung des Titelblatts der Abbildung des Titelblatts der "Chronica der freyen Reichs-Stadt Speier" von Christoph Lehmann in der Ausgabe von 1612

Die „Chronica der freyen Reichs-Stadt Speier“ des Juristen und Historikers Christoph Lehmann ist ein grundlegendes Quellenwerk zur Speyerer Stadtgeschichte. Die Ausgaben von 1612, 1662 und 1711 aus dem Bestand des Landesbibliothekszentrums / Pfälzische Landesbibliothek sind nun ohne Beschränkung einsehbar im rheinland-pfälzischen Digitalisierungsportal dilibri www.dilibri.de .

Ermöglicht wurde dies durch ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Digitalisierungsprojekt. Unter Federführung der Universitätsbibliothek Trier stellten im Sommer 2009 acht rheinland-pfälzische Bibliotheken bei der DFG einen gemeinsamen Antrag auf finanzielle Beihilfe für die Digitalisierung aller im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts und ausgewählter Drucke des 18. Jahrhunderts aus ihrem Bestand. Die für die Digitalisierung in Frage kommenden Drucke sollten nicht bereits in anderen Digitalisierungsvorhaben gescannt worden oder dort zur Digitalisierung vorgesehen sein.

Nach positivem Bescheid seitens der DFG wurde zu Beginn des Jahres 2010 mit der Abstimmungsphase zwischen den Projektteilnehmern für dieses anspruchsvolle kooperative Vorhaben begonnen. Projektteilnehmer waren neben der Universitätsbibliothek Trier die Stadtbibliotheken in Koblenz, Trier und Worms, die Bibliothek des Priesterseminars Trier und das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz (LBZ) mit seinen drei Bibliotheken Bibliotheca Bipontina Zweibrücken, Pfälzische Landesbibliothek Speyer, Rheinische Landesbibliothek Koblenz.

Für die Durchführung des DFG-Digitalisierungsprojektes erwies sich die bereits seit 2007 vom LBZ entwickelte und gepflegte Digitalisierungsplattform dilibri als extrem hilfreich. Dilibri ist die digitalisierte Sammlung von landeskundlichen Werken zu Rheinland-Pfalz sowie von Beständen aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken. Eine Erweiterung der dilibri-Plattform für die Umsetzung der DFG-Anforderungen war problemlos möglich.

Da nicht alle am Projekt teilnehmenden Bibliotheken über die notwendige technische Infrastruktur verfügten, wurde das Scannen und Bearbeiten der Dateien vornehmlich in der Universitätsbibliothek Trier und in den beiden LBZ-Standorten Speyer und Koblenz vorgenommen.

Das im August 2010 offiziell gestartete Projekt konnte zwei Jahre später planungsgemäß und mit Erfolg abgeschlossen werden. In diesem Zeitraum wurden knapp 2.300 Werke mit mehr als 400.000 Einzelscans in dilibri kostenfrei bereitgestellt. Auf das 16. Jahrhundert entfallen davon ca. 750 Werke, auf das 17. Jahrhundert 1.000 Werke und 450 Werke stammen aus dem 18. Jahrhundert.

„Es war uns ein großes Anliegen, dass wir nun teilweise bislang unerschlossene Werke des 16., 17. und 18. Jahrhunderts kostenfrei und auf unkompliziertem Wege für die Wissenschaft und auch für eine interessierte Öffentlichkeit zugänglich machen können“, führt der Koordinator des DFG-Projektes Dr. Hans-Ulrich Seifert von der Universitätsbibliothek Trier aus.

Als Beispiele seien hier genannt das farbenfrohe Turnierbuch von Georg Rüxner, 1532 in Simmern in der Druckerei des Pfalzgrafen gedruckt, schön ausgestattete Messbücher (z.B. das Missale Trevirense) oder Ausgaben der „Chronica Der Freyen Reichs-Statt Speyer“.

Nach dem Abschluss des DFG-Projektes bleibt das Digitalisierungsportal dilibri weiterhin die digitalisierte Sammlung von landeskundlichen Werken zu Rheinland-Pfalz. So sind in dilibri aktuell mehr als 4.400 Objekte von der Einblatt-Karte bis zur 17-bändigen Zeitschrift mit etwa 720.000 gescannten Seiten einzusehen. Neben den beliebten Adressbüchern wird auf der Plattform auch auf die digitalisierten Karten und die Illustrationswerke sowie auf die landesgeschichtliche Literatur gerne zugegriffen.

Für die Betreiber von dilibri ist die Kooperation mit weiteren Bibliotheken, Archiven und auch historischen Vereinen wichtig, wie der dilibri-Verantwortliche Elmar Schackmann (LBZ) betont. Denn diese stellen häufig singuläre Objekte aus ihrem Besitz für die Veröffentlichung in dilibri zur Verfügung. Der Fokus der Digitalisierungsplattform wird in unmittelbarer Zukunft stark auf der Digitalisierung von landeskundlichen Beständen aus rheinland-pfälzischen Bibliotheken liegen. LANDESBIBLIOTHEKSZENTRUM RHEINLAND-PFALZ, Speyer, Presse

26.02.2013


Dr. Annette Gerlach neue Leiterin des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz

v.l. Karl-Heinz Frickel, Personalratsvorsitzender, Christoph Kraus, Kulturabteilungsleiter im MBWWK, Dr. Annette Gerlach, Leiterin des LBZ, Günter Pflaum, Stellvertrender Leiter des LBZ v.l. Karl-Heinz Frickel, Personalratsvorsitzender, Christoph Kraus, Kulturabteilungsleiter im MBWWK, Dr. Annette Gerlach, Leiterin des LBZ, Günter Pflaum, Stellvertrender Leiter des LBZ

Am 3. Dezember wurde die neue Leiterin des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz (LBZ), Dr. Annette Gerlach, in Koblenz offiziell in ihr Amt eingeführt. Dr. Gerlach war zuletzt Leiterin der Historischen Sammlungen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin und zuständig für die Bestandserhaltung, darüber hinaus leitete sie seit fünf Jahren das „Kompetenzzentrum Bestandserhaltung für Archive und Bibliotheken in Berlin und Brandenburg". Vorher war sie stellvertretende Direktorin der Anhaltischen Landesbücherei Dessau.

Im Landesbibliothekszentrum sind die Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken, die Pfälzische Landesbibliothek in Speyer, die Rheinische Landesbibliothek in Koblenz und die beiden Büchereistellen in Koblenz und Neustadt zusammengefasst. Mit seinen fünf Einrichtungen ist das LBZ ein leistungsstarkes Kompetenzzentrum für alle Fragen der Medien- und Informationsvermittlung.

Günter Pflaum, Stellvertretender Leiter des Landesbibliothekszentrums, hieß Dr. Gerlach im LBZ herzlich willkommen. Anschließend überbrachte Christoph Kraus, Leiter der Kulturabteilung im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Grüße von Ministerin Doris Ahnen und Staatssekretär Walter Schumacher. Er betonte, dass mit Dr. Gerlach eine Leiterin für das LBZ gewonnen werden konnte, die über langjährige Erfahrungen sowohl im öffentlichen als auch im wissenschaftlichen Bibliothekswesen verfüge. Der Personalratsvorsitzende, Karl-Heinz Frickel, begrüßte die neue Leiterin im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Beschäftigten seien sich bewusst, dass das LBZ sich weiter entwickeln müsse und freuten sich darauf, gemeinsam mit der neuen Leitung diese Entwicklung zu gestalten.

In ihrer Antrittsrede stellte Dr. Annette Gerlach die Rolle des LBZ im digitalen Zeitalter dar. Es sei sowohl Kulturgedächtnisinstitution als auch Dienstleistungseinrichtung für öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken im Land und darüber hinaus für die aktuelle Informationsversorgung zuständig. In einigen Bereichen, z. B. bei der Leseförderung und den digitalen Angeboten wie dem rheinland-pfälzischen Digitalisierungsportal dilibri, sei das LBZ Vorbild für andere Bundesländer. Um diese und neue Aufgaben auch in Zukunft erfüllen zu können, müssten die einzelnen Standorte stärker zu einer Einrichtung zusammen wachsen; gleichzeitig sollten ihre regionalen Spezifika und Aufgaben erkennbar bleiben. In der Bündelung von Kompetenzen und Dienstleistungen und in einer stärkeren Vernetzung im Land, mit Schulen, Bibliotheken, Museen, Archiven und anderen Kultureinrichtungen, lägen die Chancen des LBZ.

Nach der Überzeugung von Dr. Gerlach werden Bibliotheken auch in Zukunft für eine demokratische Gesellschaft unverzichtbar bleiben und sollten ihre Rolle selbstbewusst artikulieren und sich stärker in den gesellschaftlichen Prozess einmischen. www.lbz-rlp.de LANDESBIBLIOTHEKSZENTRUM RHEINLAND-PFALZ, Presse; Foto: LBZ

04.12.2012


Deutsche und internationale Bucheinbände im Blickpunkt internationaler Experten

Einbandforscher zu Gast im Landesbibliothekszentrum Speyer

von Ute Bahrs

Einbandforschung ist eine Hilfswissenschaft, die die Geschichte des Bucheinbandes mit seiner technischen und künstlerischen Entwicklung zum Gegenstand hat. Um ihr wieder neue Impulse zu geben, gründete sich 1996 in Leipzig der „Arbeitskreis für die Erfassung, Erschließung und Erhaltung historischer Bucheinbände“ (AEB). Der AEB sieht sich als Anlaufstelle für alle Fragen im Zusammenhang mit der Erfassung und Bestimmung historischer und moderner künstlerischer Bucheinbände. Berücksichtigt wird auch die industrielle Buchproduktion bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Institutionell ist der AEB an die Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz angebunden, wo auch die Geschäftsstelle geführt wird.

Seit 1996 treffen sich Einbandforscher aus dem In- und Ausland einmal jährlich zu einer Tagung, die regelmäßig mit einer Einbandausstellung eröffnet wird. 2012 fand die 17. AEB-Tagung jetzt - mit freundlicher Unterstützung der Sparkassenstiftung der Kreis- und Stadtsparkasse Speyer - im Landesbibliothekszentrum in Speyer statt. Knapp 100 Einbandforscher/innen aus Deutschland und neun weiteren europäischen Ländern waren dazu nach Speyer gekommen, wo sie am Abend der Ausstellungseröffnung vom Mainzer Staatssekretär Walter Schumacher und der Speyerer Bürgermeisterin Monika Kabs in Speyer und im LBZ empfangen wurden. Dr. Armin Schlechter vom LBZ führte sodann in das Thema der Ausstellung ein - Einbände des 16. bis 18. Jahrhunderts aus den Beständen der Bibliothek des Gymnasiums am Kaiserdom - und erklärte die Geschichte, die hinter dieser Bibliothek steht. Zu der Ausstellung ist als Band 8 der Schriftenreihe des Landesbibliotheks­zentrums Rheinland-Pfalz auch ein Katalog erschienen: „Ex Bibliotheca Lycei Spirensis“ (15 Euro).

Für die Vorträge an den beiden Veranstaltungstagen hatte die Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften (DUV) ihre Aula zur Verfügung gestellt - die DUV liegt gleich gegenüber der Landesbibliothek. Im ersten Vortragsblock standen die Bestände der Bibliotheca Bipontina im Mittelpunkt: Zum einen stellte die Leiterin, Dr. Sigrid Hubert-Reichling, Supralibros und andere Besitzeintragungen im Bestand der herzoglichen Zweibrücker Bibliothek vor, zum anderen zeigte Restauratorin Petra Brickmann (LBZ Speyer) kurioses Deckelmaterial, auf das sie bei Restaurierungsarbeiten gestoßen war. Anschließend befasste sich Annelen Ottermann (StB Mainz) mit ihren Entdeckungen an Einbänden aus der ehemaligen Bibliothek der Mainzer Karmeliten. Im einem weiteren Vortrag ging es um Silberbeschläge an armenischen Prachteinbänden, auf die Margret Jaschke (Daisendorf) und Prof. Dr. Robert Stähle (Aichwald) bei Restaurierungsarbeiten in Yerewan gestoßen waren.

Der zweite Tagungstag stand ganz im Zeichen von Workshops, in denen sich die Teilnehmer/innen aktiv einbringen konnten. Bei Einbandspezialist Olaf Nie (Weßling) ging es um die Unterschiede und Entwicklungen bei Papier- und Gewebeeinbänden des 19. Jahrhunderts. Im Schulungsraum des LBZ Speyer führte Ulrike Marburger (Staatsbibliothek Berlin) in Recherchestrategien in der Einbanddatenbank ein; der Schwerpunkt lag bei den Einzelstempeln. Dag-Ernst Petersen (Wolfenbüttel) vermittelte sein Wissen um Einbandbeschreibung und Einbandbestimmung, d.h. was können Einbandtechniken und –materialien aussagen. Dr. Franz Maier und Restauratorin Elisabeth Schneider boten eine Führung durch das Landesarchiv Speyer an, Dr. Armin Schlechter führte durch die Einbandausstellung.

Alle Workshops waren ausgebucht, die Führungen sehr gut besucht. Nach einer kleinen Atempause ging es weiter zum Empfang beim Oberbürgermeister Hansjörg Eger im Historischen Ratssaal der Stadt.

Dort begrüßte der Oberbürgermeister die Gäste und gab ihnen eine Einführung in die Geschichte von Stadt und Rathaus. Die Stadt befinde sich in einer ständigen Suche nach Spuren ihrer eigenen Geschichte, so Eger – zuletzt bei Grabungen vor dem Kaiser- und Mariendom. Diese Kathedrale bezeichnete er zugleich auch als den wohl bedeutendsten „Einband“ in der Stadt, umrahme er doch das wichtigste Dokument in der Stadtgeschichte – den „Freiheitsbrief“ von Kaiser Heinrich V. aus dem Jahr 1111, der den Bürgern der Stadt Speyer besondere Rechte eingeräumt habe.

In diesem Sinne sei auch der Historische Ratssaal sicher so etwas wie ein Einband, seien doch in seinen Mauern über Jahrhunderte hinweg bis ins Jahr 1990 für die Stadt bedeutsame Entscheidungen getroffen worden. Heute lebe Speyer quasi von seiner Geschichte, stellte der Oberbürgermeister mit Verweis auf die jährlich mehr als zwei Millionen Touristen fest. „Wir fühlen uns wohl im wohl schönsten Mittelzentrum der Welt“, betonte Eger und erinnerte abschließend daran, dass in der Geschichte auch eine bedeutende Stätte des Buchdrucks gewesen sei. „Diese Tradition können wir glücklicherweise mit dem Landesbibliothekszentrum – der „alten“ LaBi – und dem Staatsarchiv bis heute fortführen“, so der OB stolz. Zudem gebe es in der Stadt durchaus auch überaus kreative Einbandkünstler, so Eger und erinnerte in diesem Zusammenhang an die jetzt in London wirkende Jeanette Koch, die noch vor kurzem ihre Arbeiten in der „LaBi“ gezeigt hatte.

Andreas Wittenberg, verantwortlicher Bibliothekar für die Einbandforschung an der Berliner Staatsbibliothek, bedankte sich namens seiner Kolleginnen und Kollegen für den freundlichen Empfang an so repräsentativer Stelle und bemerkte, dass Speyer bei den Einband-Spezialisten nicht erst seit dieser Tagung einen guten Namen habe. Als Erinnerungsgeschenk hatte Wittenberg ein Exemplar des zum 350jährigen Jubiläum der Berliner Staatsbibliothek veröffentlichten Kataloges mitgebracht.

Der zweite Tag der internationalen Fachtagung stand dann ganz im Zeichen der europäischen Einbände: Prof. Mirjam Foot und Dr. Karen Limper-Herz (London) stellten das Leben reisender Buchbindergesellen im 17. und 18. Jahrhundert vor. Liia Rebane (Tallinn) befasste sich mit niederländischen Einbänden in Tallinn. Alte, handschriftliche Zeugnisse von meist deutschen Buchbindern aus seiner eigenen Bibliothek standen im Mittelpunkt des Vortrags von Geert van Daals (Dodewaard) . Um Weimarer Bibliothekseinbände zwischen 1758 und 1918 ging es schließlich Matthias Hageböck (Weimar).

Den krönenden Abschluss für die knapp 50 Teilnehmer/innen bildete eine Exkursion nach Zweibrücken, wo Frau Dr. Hubert-Reichling ihnen die prächtigsten Exemplare der an eindrucksvollen Einbänden reichen Bibliotheca Bipontina vorstellte. Um für die Führung genügend Platz zu haben, musste sich die Gruppe teilen und erhielt zusätzlich eine kleine unterhaltsame Stadtführung, für die Oberbürgermeister a.D. Prof. Helmut Reichling sorgte.

Alle Teilnehmer/innen zeigten sich begeistert von der gelungenen Organisation der Tagung, der herzlichen Gastfreundschaft in Speyer sowie dem interessanten Programm an beiden Tagen. Sie wollen Speyer – und Zweibrücken – in bester Erinnerung behalten und viele auch gerne wiederkommen. Foto: gc; LBZ; Christoph Mayr

09.10.2012


LBZ Speyer durch Max Slevogts schriftlichen Nachlass weiter aufgewertet

Rheinland-Pfalz komplettiert seinen Besitz an Zeugnissen des bedeutenden Impressionisten

von Gerhard Cantzler

Er zählt zu den herausragenden Vertretern des Impressionismus überhaupt und in der deutschen Kunstgeschichte neben Max Liebermann und Lovis Corinth zu den “drei Großen” dieses Genres - Max Slevogt, 1868 in Landshut in Bayern geboren und 1932 in Leinsweiler-Neukastel in der Pfalz auf dem später nach ihm benannten Slevogthof gestorben - dem Ort, der ihm zum liebsten in seinem Leben wurde.

Im Landesbibliothekszentrum (LBZ) in Speyer wurde jetzt einer großen Zahl von Kunstfreunden ein erster Blick auf den schriftlichen Nachlass des Malers gewährt, den das Land Rheinland-Pfalz vor kurzem aus Mitteln der Kulturstiftung Rheinland-Pfalz und der Kulturstiftung der Länder aus dem Besitz der Familie Slevogt erwerben konnte. “Wir wollten mit dieser Präsentation nicht warten, bis eine abschließende Aufarbeitung dieses Aufsehen erregenden Konvoluts erfolgt ist”, erklärte mit launig-humorigen Worten der zuständige Kultur-Staatssekretär Walter Schumacher vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, der eigens zu diesem Anlass aus Mainz nach Speyer gekommen war.

Er kündigte für das kommende Jahr eine große, repräsentative Ausstellung der Werke Max Slevogts im Mainzer Landesmuseum an - der ersten nach dann vierzig Jahren. Damals hatte das Land zahlreiche Bilder und Plastiken des Künstlers erworben, die auch bei der Schau im Jahr 2013 gezeigt werden.

Mit dem Erwerb des schriftlichen Nachlasses sei es dem Land nun gelungen, neben den Bildern, Plastiken und graphischen Arbeiten des Künstlers sowie dem Slevogthof mit seinem einzigartigen Wandgemälde als Beispiel der architektonischen Kreativität des Malers nun auch die Schriftwechsel mit so vielen Künstlern und anderen bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit in Obhut zu nehmen, mit denen es nun erst wirklich möglich sei, das Oeuvre dieses bedeutenden Künstlers umfänglich zu erschließen. “Zu verdanken haben wir dies dem Umstand, dass sich das Land Rheinland-Pfalz schon vor Jahren von seiner Landesbank getrennt hat”, erläuterte Schumacher, “und den Erlös als Stiftungskapital in die Kulturstiftung des Landes einbrachte”. Eine gute und - wie sich angesichts der Probleme, die andere Länder mit ihren Landesbanken bis heute haben - richtige Entscheidung.

Zuvor schon hatte LBZ-Direktor Dr. Helmut Frühauf unter den Gästen mit besonderer Herzlichkeit Eva Emanuel-Slevogt, eine Nachfahrin des großen Malers und den wohl bedeutensten lebenden Kenner des Werkes von Max Slevogt, den Kunsthistoriker und Kultur-Manager Dr. Berthold Roland, begrüßt.

Ebenfalls zu diesem Anlass in die Speyerer “LaBi”gekommen: Der Vorsitzende des Kulturpolitischen Ausschusses im Mainzer Landtag, Manfred Geis MdL (SPD), Oberbürgermeister Hansjörg Eger und sein Vorgänger Werner Schineller sowie zahlreiche weitere Freunde der Bibliothek und des Schaffens Max Slevogts.

“Der Nachlass wurde von zwei unabhängigen Gutachtern bewertet und von beiden Seiten - Käufer und der Familie als Veräußerer in seinem festgestellten Wert akzeptiert”, konnte Dr. Frühauf vermelden. Nun werde die umfangreiche Sammlung - unter der Signatur “N 100" im Speyerer LBZ verwahrt - bearbeitet und dem bisher schon vorhandenen, nennenswerten Slevogt-Bestand beigeschlossen. Die Bibliothek habe bisher vor allem die von Max Slevogt illustrierten Bücher gesammelt und sich - soweit auf entsprechenden Auktionen angeboten - um den Erwerb von Slevogt-Autographen bemüht. Mit dem jetzt hinzu gekommenen Nachlass verfüge das Haus damit über die wohl bedeutendste Sammlung eigenhändiger Briefe des Malers.

Das bestätigte auch der Leiter der Abteilung Handschriften, Alte Drucke und Nachlässe bei der “LaBi”, Dr. Armin Schlechter, der in einer kurzen Einführung das insgesamt 3.700 Blätter in 3.000 Objekten umfassende Konvolut vorstellte. Dabei unterschied er Briefe, die Slevogt an seine Familie, insbesondere an seine Frau, geschrieben hat - dazu zahlreiche Briefentwürfe sowie 2.500 von Dritten an den Maler gerichtete Schreiben.

Von den 1880er Jahren bis zum Tod des Malers dokumentieren die Blätter den Aufstieg Slevogts - eingebunden in ein vielfältiges Beziehungsgeflecht, das ihn mit zahlreichen Künstlerfreunden und Prominenten seiner Zeit verband. Vom Studentenausweis an der Akademie der Künste in München bis hin zu dem Kondolenztelegramm, das Reichspräsident von Hindenburg der Witwe des Malers zu dessen Tod übermittelte, reichen die Lebenszeugnisse Slevogts, die jetzt in Speyer ihre neue Heimat gefunden haben.

Bedeutendes wie die Korrespondenz zum “Skandal” um Slevogts Bild “Danae”, das er wegen der freizügigen Darstellung der Heroenmutter im Jahr 1899 aus einer Ausstellung der “Münchner Sezession” entfernen musste, bis hin zu durchaus Banalem - den Speisekarten zu besonderen Anlässen zum Beispiel, zu deren Illustrierung sich Künstler in jener Zeit immer wieder gerne überreden ließen.

Autographen von Christian Morgenstern, Gerhard Hauptmann, Käthe Kollwitz, Else Lasker-Schüler oder Winifred Wagner finden sich ebenso in dem Nachlass wie Korrespondenzen mit bedeutenden Pfälzern: Mit den Malerfreunden Adolf Keßler, Heinrich Strieffler, Otto Dill und August Croissant, sowie mit dem Gründer des Pfälzerwald Vereins, Heinrich Kohl, der als Bankier dem Maler auch als Finanzberater ein wichtiger Gesprächspartner war.

Dazu die umfangreiche Korrespondenz mit Paul und Bruno Cassirer in Berlin, die seine Bilder “vermarkteten” und die von ihm illustrierten Bücher und Mappenwerke verlegten. Mit “Don Giovanni” und “Ali Baba” zeigt die Ausstellung auch hierzu herausragende Beispiele der Slevogt’schen Buchillustrations-Kunst.

Dr. Schlechter gewährte schließlich auch Einblicke in die noch anstehenden und notwendigen inhaltlich-historischen Recherche-Arbeiten sowie in die Aufwendungen, die noch für die Sicherung der Blätter zu leisten sind. Dabei wies er auf den insgesamt recht guten Zustand der Briefe hin. Abgesehen von seltenen Fällen von Tintenfraß sowie von Fraßspuren von Silberfischen an verschiedenen Blatträndern gehe es deshalb vor allem um die Konservierung des Nachlasses für die Nachwelt, sodass er auch für nachfolgende Generationen als singuläre Quelle - zum Beispiel für die Erstellung künftiger biographischer Arbeiten - bereit stehe.

Die Werkschau “Aus Max Slevogts Briefkasten” ist noch bis zum 2. Juni 2012 während der Öffnungszeiten des Landesbibliothekszentrums zu sehen.

Ein absolutes Muss für alle Freunde des deutschen Impressionismus und des Malers Max Slevogt, der seit gestern noch ein Stück mehr zum Pfälzer geworden ist. Foto: gc

22.05.2012


“Auf irren Pfaden durch die Hungerzeit”

Liedermacher Oskar “Oss” Kröher zu Gast im Speyerer Landesbibiothekszentrum

von Gerhard Cantzler

Sie bestimmten mit ihren Liedern - wie wohl nur wenige in ihrer Zeit - das Lebensgefühl einer ganzen Generation: Die Kröher-Zwilllinge Hein und Oss, die, von den Parolen des Nationalsozialismus indoktriniert, die Gräuel des Krieges mit seinem ganzen Schrecken durchleiden mußten, um dann heimzukehren in ihre völlig zerstörte Heimat - nach Pirmasens. Dort - in einer Atmosphäre absoluter Hoffnungslosigkeit - gelang es ihnen, sich und andere mit ihrer Musik dazu anzustiften, aus der drohenden Resignation heraus Wege zu suchen, um sicherzustellen, dass Rassenhass und Antisemitismus, dass Herrenmenschentum und Gewalt gegen andere Völker in Deutschland nie mehr eine Chance haben dürften.

Viele derer, die all das durch eigene Erfahrungen oder durch die Erzählungen ihrer Vätergeneration mit erfahren und erlitten haben, sind Hein und Oss Kröher bis heute dankbar dafür, dass sie ihnen in Zeiten der Hoffnungslosigkeit Wege der Ermutigung aufgetan haben - dass sie ihnen die Augen geöffnet haben für die einzige - dem Menschen gerechte Gesellschaftsform - die Demokratie.

Das konnte man jetzt bei dem Leseabend im Speyerer Landesbibliothekszentrum, der “alten LaBi” erleben, als Oskar “Oss” Kröher zutiefst berührende Auszüge aus seinem neuesten Buch “Auf irren Pfaden durch die Hungerzeit” las. Das Foyer der LaBi war schon lange vor Beginn des Abends bis auf den letzten Platz gefüllt, so dass noch zusätzliche Stühle aus dem ganzen Haus herbeigeschafft werden mußten. Ute Bahrs, Leiterin der LaBi in Speyer, zeigte sich in ihrer Begrüßung von diesem Ansturm völlig überwältigt und bekannte, als geborene Norddeutsche im Jahr 2004 beim letzten Besuch von Oss Kröher in ihrem Hause, noch nichts von der ungemeinen Faszination geahnt zu haben, die von dem Liedermacher, Sänger und Literat in der Pfalz und weit darüber hinaus ausgehe. Dass er an diesem Tag wieder zu Gast sei, dafür dankte sie an erster Stelle dem Initiator der Lesung, Buchhändler Patrick Boucher aus der Speyerer Buchhandlung Fröhlich.

Für den aktuellen Leseabend, zu dem auch Oberbürgermeister Hansjörg Eger und sein Vorgänger Werner Schineller gekommen waren, hatte sich Oss Kröher Episoden aus vier Kapiteln seines neuesten Buches ausgesucht. Darin beschreibt er in eindringlicher Weise die erste Zeit nach seiner Rückkehr aus dem Kriege - in dem er wie seine gesamte Generation seine Jugend verloren hatte - und seine Versuche, im Kreise seiner Familie “wieder Boden unter die Füße” zu bekommen. Er schildert, wie er - der zu der Ideologie des Nationalsozialismus verführte Fähnlein-Führer in der “Hitler-Jugend” - seinen Weg zurück in den Schulalltag fand, wie ihm dort Klassenkameraden und Lehrer begegneten und wie er den Einmarsch der französischen Besatzungstruppen in seine Heimatstadt erlebte. Ein Lächeln huschte über das Gesicht so manchen älteren Zuhörers, als Oss Kröher vom dem Widder erzählte, den zwei französische Spahi-Soldaten als Regimentsmaskottchen vor der militärischen Formation vorneweg führten. Und natürlich konnte es sich da der alte Musikus nicht versagen, den französischen Parademarsch gesungen und mit den Knöcheln getrommelt anklingen zu lassen.

Und als er dann in einer weiteren Episode schilderte, welches Unrecht Jugendliche - Kinder eigentlich noch, die bei Kriegsende gerade einmal 15 Jahre alt waren - als Gefangene in den provisorischen Gefängnissen der Surété, des französischen Sicherheitsdienstes, erleiden mußten, da wischte sich so manch einer der Zuhörer verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Oss Kröher erinnerte an das Schicksal von Günther Klein, der mit ansehen mußte, wie ein Häftling im Gefängnis von dem Surété-Chef einfach mit den Fäusten erschlagen wurde. “Da gab es keine Beschuldigung, keine Anklage, keinen Prozess und kein Urteil”. Als jüngster der durch Denunziation ins Gefängnis geratenen Jugendlichen mußte Klein am längsten ausharren, bis er durch einen Zufall beim Einüben von Fahrtenliedern mit seinen Mitgefangenen einem Lehrer auffiel und durch ihn aus seiner durch nichts gerechtfertigten Haft erlöst werden konnte.

Ja, das Singen - die Musik - sie waren und sind das Elixier der inzwischen fast 85jährigen Brüder, das sie bis heute jung hält. Und so griff Oss Kröher auch an diesem Abend immer mal wieder zur “Klampfe”, um das eine oder andere Lied aus seiner “jugendbewegten” Zeit zum besten zu geben - passend stets zu den rezitierten Texten.

So auch, als er über den ehemaligen Rittmeister Gerhard L. berichtete, der ihm und seinem Zwillingsbruder den Zugang zu einem Liedgut eröffnete, das weit entfernt war von dem nationalen Pathos der Hitlerzeit und das auf andere menschliche Gemütsebenen abzielte - Lieder, mit denen Hein und Oss über viele Jahrzehnte in der ganzen Welt unterwegs waren als “Botschafter eines anderen, eines besseren Deutschlands”.

Fast schon zum Ende dieses Leseabends schilderte Oss Kröher dann noch eine Reise nach Speyer, wo er mit Freunden eine Aufführung des Märchens “Rumpelstilzchen” im Alten Stadtsaal besuchen wollte - in den ersten Jahren der Nachkriegszeit noch eine Odysee, die an einem Tag nicht zu bewältigen war. Dort traf er mit Siegfried und Roland Schmidt zusammen - vielen Speyerern unvergessene Protagonisten der Speyerer “Tatgemeinschaft”, einer Organisation der Bündischen Jugend, die über viele Jahrzehnte hinweg ihren Sitz im alten Drachenturm hinter der Zeppelinschule hatte. In den Schmidts fanden Hein und Oss Kröher Gleichgesinnte, mit denen sie über ihre gemeinsamen Jahre bei den Festivals auf Burg Waldeck im Hunsrück in den frühen sechziger Jahren eng verbunden blieben. Kein Wunder, dass sich an diesem Abend auch “Tatgemeinschaftler” und “alte Waldecker” in großer Zahl eingefunden hatten - irgendwie auch so etwas wie ein Familientreffen also...

Und noch eine nach dem Krieg entstandene oder - besser gesagt - wieder entstandene Freundschaft kam zur Sprache, als Oss Kröher sich an seinen Einstieg ins Berufsleben erinnerte: Mangels anderer Möglichkeiten - Studieren war aus wirtschaftlichen Gründen nicht drin und er wurde erst in späteren Jahren Lehrer - absolvierte er nämlich zunächst eine Ausbildung zum Kaufmännischen Angestellten und Kalkulator in einer Pirmasenser Schuhfabrik - war “der Seniorstift mit Abitur” - ein Zustand, der so gar nichts mit seinen eigentlichen Neigungen zu Literatur, Musik und Reisen gemein hatte. Als dann sein alter Schulfreund Gustav Pfirrmann bei ihm auftauchte - selbst bereits Student der Volkswirtschaftslehre mit Auslandserfahrung - und ihm eine gemeinsame Reise nach Indien vorschlug, da war’s bald vorbei mit der kaufmännischen “Karriere”. Nach seiner Gehilfenprüfung brachen die beiden im Motorrad auf zu einer abenteuerlichen Reise auf dem Motorrad von Pirmasens nach Kalkutta. Doch das ist dann schon wieder eine andere, eine phantastische Geschichte...

Ein großartiger Abend für all die Zuhörer, die sich von Erinnerungen an gute wie an weniger gute Zeiten im Laufe der Geschichte gefangen nehmen lassen und die um die göttliche Wirkung der Musik und des Gesanges auf die menschliche Seele wissen - auch wenn sich an diesem Abend so recht niemand traute, in die von Oss Kröher mit noch immer profunder und ausdrucksstarker Stimme vorgetragenen Lieder einzufallen. Aber vielleicht tun sich die Menschen heute einfach nur schwerer, sich öffentlich zum Singen zu bekennen, denn heimlich summte der eine oder andere schon mit oder schlug zumindest mit dem Fuß den Takt.

Ein großartiger Abend, der in den Besuchern sicher noch lange nachklingen wird. Danke, Oss Kröher, für den Besuch in unserer Stadt, danke, dass Sie uns Ihr Herz geöffnet und uns einen Blick in Ihr Innerstes gewährt haben. Danke, Oss Kröher! Foto: miwa

15.02.2012


Anita Büscher - Phantastische Bilder und Bücher

Ein für die Ausstellung entstandenes Werk "Bücher sind Türen zu Orten voller Magie"

Die Ausstellung wird am Dienstag, den 29. November 2011 um 19 Uhr im Foyer des Landesbibliothekszentrums in Speyer eröffnet.

Die Kunsthistorikerin Monika Portenlänger führt in die Ausstellung und das Werk von Anita Büscher ein.

Die Kunst von Anita Büscher: Ihre Welt ist die Welt der Bilder, der Phantasie, der Träume und Sehnsüchte, des Geheimnisvollen, der leisen Töne, der feinen Pinselstriche. Dem entsprechen ihre Motive: Pflanzen, Bäume, Tiere, Sonne, Mond, Sterne – und immer wieder ihre Heimat, die Pfalz, die ihr Empfinden stark geprägt hat. Ein schönes Gedicht, ein wunderbares Buch, sei es von Rilke, Hesse, Kaschnitz, Eichendorff oder Mascha Kaléko, wecken in ihr das starke Verlangen, das Gelesene und Empfundene in ein Bild umzusetzen. Ihre Illustrationen zieren neben Büchern auch die Cover von Schallplatten und CDs, Kunstdrucke, Geschirr, Geschenkpapier, Künstlerpuppen, Schmuck, kleine Objekte sowie Jahrbücher und Kalender.

Seit 1974 sind ihre Werke in fast 80 Einzelausstellungen in Deutschland, Österreich, Holland, Frankreich und der Schweiz zu sehen gewesen.
Anita Büscher, geboren 1940 in Ludwigshafen, aufgewachsen in der Westpfalz und Oggersheim. Die Welt der Großeltern hat sie stark geprägt: Naturnähe, künstlerisches Handwerk, Literatur. Von früh auf malt sie, denkt sich Geschichten aus. Das Stipendienangebot für ein Kunststudium der Stadt Ludwigshafen nimmt sie auf Druck der Eltern nicht an. Stattdessen arbeitet sie in der BASF, anschließend in Werbeabteilungen einer Kosmetikfirma sowie bei Grünzweig und Hartmann. Sie malt aber immer weiter, verschenkt die Bilder im Freundeskreis. 1974 erregt eines ihrer Bilder das Interesse der Galerie Marcushof im Künstlerdorf Worpswede bei Bremen; ein Freund hatte das ihm geschenkte Bild dorthin mitgenommen. Anita Büscher kann dort ihre erste Ausstellung zeigen. Der Durchbruch erfolgt 1976, als sie bei der Ausstellung „Mannheim von Künstlern gesehen“ zehn ihrer Bilder zeigen darf - insgesamt sind 83 Bilder von 33 Künstlern zu sehen. Bei dieser Ausstellung lernt sie auch ihren Mann, Klaus Büscher, kennen, der ihre künstlerische Arbeit unterstützt und fördert. In der Folgezeit hat Anita Büscher viel Erfolg mit Plakaten (z.B. für die Weihnachtsmärkte in Mannheim, Heidelberg, Heilbronn) und sammelt erste Auszeichnungen für ihre Plakatserien; u.a. „100 Jahre Automobil“ für Daimler-Benz 1986. Ihre Werke werden auch verlegt.

1987 schreibt Anita Büscher ihr erstes Kinderbuch: „Die süßen Geschichten“. Aufgrund der vielen Änderungswünsche des Verlags gründen Anita und Klaus Büscher ihren eigenen Verlag „B&B“. Das Kinderbuch wird mit 40.000 verkauften Exemplaren ein Erfolg. Weitere Eigenproduktionen folgen, seit 2004 auch die „Phantastischen Jahrbücher“ und „Phantastischen Kalender“. 2010 erscheint ihr erster Roman „Die Blausilberkugel“.
Für andere Verlage illustriert bzw. schreibt und illustriert Anita Büscher ebenfalls Kinderbücher. Pressestelle Landesbibliothekszentrum / Pfälzische Landesbibliothek, Speyer

25.11.2011


Marianne und Germania - von der Erbfeindschaft zur unverbrüchlichen Freundschaft

Eine historische Reise in Karikaturen durch vier Jahrhunderte

von Gerhard Cantzler

Wenn es richtig wäre, was das Sprichwort sagt, nämlich dass sich neckt, was sich liebt, dann gäbe es sicher eine ganz einfache Erklärung für die zahllosen Karikaturen, die in den vergangenen drei, vier Jahrhunderten in Frankreich ebenso wie in Deutschland über die Schwächen der eigenen Nation oder über den jeweiligen Nachbarn erschienen sind: Es wäre die pure Liebe. Da dies aber nicht uneingeschränkt für eine Beziehung gelten kann, in der immer wieder auch von “Erbfeindschaft” die Rede war, bedarf dies einer sorgfältigen Untersuchung, wie sie jetzt das Landesbibliothekszentrum in Speyer aufgegriffen hat, indem es 85 ausgewählte Karikaturen zu den Jahrhunderte alten weiblichen Symbolfiguren beider Länder, der Germania auf der deutschen und der Marianne auf der französischen Seite in einer inhaltlich wie künstlerisch hochrangigen Ausstellung präsentiert.

Prof. Dr. Ursula E. Koch, langjährige Professorin für Germanistik und Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und ausgewiesene Kennerin dieses ganz besonderen Genres künstlerischer Beleuchtung aktuellen Zeitgeschehens hat diese Ausstellung in vorzüglicher Weise kuratiert. Aus einem fast unüberschaubaren Konvolut bedeutender Blätter aus beiden Ländern hat sie 85 der qualitätvollsten ausgewählt und sie auf eine “Tournee” geschickt, auf der sie zwischenzeitlich schon an 40 Orten in Frankreich und Deutschland gezeigt wurden, auf der sie aber auch nach Serbien und Montenegro gelangten und jetzt nach einem “Abstecher” in die Türkei in Speyer einkehrten.

Große Namen der Zeichenkunst wie Honoré Daumier, André Gil, Albert Uderzo oder der große Elsässer Tomi Ungerer auf der französischen, Olaf Gulbransson, Werner Hahmann oder Ernst Maria Lang auf der deutschen Seite sind nur einige der bedeutenden Autoren, in deren Karikaturen die großen nationalen Symbolfiguren immer wieder eine Rolle spielten. Mehr aber fast noch gilt dies für die vielen namenlosen Verfasser von herausragenden Blättern in dieser Ausstellung - namenlos deshalb, weil die Karikatur stets als journalistisches Stilmittel galt, als Überhöhung eines gut geschriebenen Textes.

In ihrer Einführung in die Ausstellung ließ Prof. Dr. Koch Entstehungsgeschichte der Symbolfiguren Germania und Marianne Revue passieren, die im Fall der Germania bis in die Zeit der römischen Kaiserzeit zurückreicht. Mit ihren Attributen Krone, Reichsapfel, Szepter, aber auch Schild und Schwert und - seit Richard Wagner - auch noch mit dem Wikingerhelm, wirkt sie eher erstarrt und unbeweglich, vielleicht bewusst auch majestätisch, während die dem südfranzösischen Kulturkreis in der Zeit der Französischen Revolution entstammende Marianne mit Freiheitsmütze und aufspringendem Rock - zuletzt durch Brigitte Bardot dargestellt - eher den Typus des lebenslustigen “Vollweibs” verkörperte.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges waren diese Gegensätze auch in den Karikaturen präsent, mal freundlicher, mal grimmiger. Erst nach diesem verheerenden Ereignis, in dem die Nazi-Diktatur auch der Kunst der stets systemkritischen Karikatur nahezu in ganz Europa ein Ende machte, setzte sich auch in den Karikaturen die Idee der Freundschaft zwischen Deutschen und Franzosen durch und löste so die von Generation zu Generation wechselseitig weitergegebene Verblendung über die Erbfeindschaft ab.

Eine sehenswerte Ausstellung, in der einem so vieles auf höchstem Niveau begegnet: Feinste zeichnerische Kunstfertigkeit, köstlicher Humor, ätzende Satire, Schlagfertigkeit und durchaus auch freche Antworten auf zu ihrer Zeit aktuelle Fragen.

Zu der Ausstellung in der Speyerer Bibliothek ist ein hervorragend gemachter kleiner Katalog erschienen, der die Geschichte der Karikatur zwischen Deutschen und Franzosen vorzüglich erhellt und dabei dem Betrachter die Mühe abnimmt, unter der Masse der noch immer in Archiven und Bibliotheken ruhenden Blättern die für die jeweilige Epoche kennzeichnenden selbst auszusuchen. Das hat für ihn in dankenswerter Weise die Kuratorin Ursula E. Koch besorgt.

Vor der Einführung in die Ausstellung hatten Prof. Dr. Helmut Frühauf, Direktor des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, Oberbürgermeister Hansjörg Eger und der Direktor der Landeszentrale für Politische Bildung, Dr. Dieter Schiffmann, aus ihrem jeweiligen Blickwinkel die Bedeutung dieser Ausstellung gewürdigt, die gerade in Speyer, im Grenzgebiet zu Frankreich, einen historisch ganz besonderen Stellenwert einnehme.

Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnungsfeier vom Duo Mariance, zwei jungen Musikerinnen der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz - Cristelle Maria Hofmann, Flöte und Beate Maria Anton, Harfe - die dem spitzen und hintergründigen Stift der Karikaturisten die einfühlsam-feine Sprache der Musik kongenial zur Seite stellten.

Ein Abend, der den erfreulich vielen Gästen der Soirée sicher noch lange in bester Erinnerung bleiben wird und schon jetzt Vorfreude keimen läßt auf Ähnliches zu anderen Themen. Foto: sim

07.09.2011


"Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten"

fördert Buchrestaurierungen im Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz

Im Jahr 2001 begründeten elf deutsche Archive und Bibliotheken mit umfangreichen historischen Beständen die ‚Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten’. Die Allianz will „die in ihrer Existenz gefährdeten Originale der reichen kulturellen und wissenschaftlichen Überlieferung in Deutschland sichern und diese Überlieferung als nationale Aufgabe im öffentlichen Bewusstsein verankern“. In Erinnerung an den Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar am 2. September 2004 veranstaltet die Allianz an wechselnden Ausrichtungsorten nationale Aktionstage, die für diese Aufgabe werben.

2010 wurde eine Koordinierungsstelle bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingerichtet, die Modellprojekte initiiert, betreut und evaluiert sowie ein nationales Bestandserhaltungskonzept erarbeitet. In einem ersten Schritt wurden aus Bundesmitteln 500.000 Euro und zusätzlich aus Landesmitteln 100.000 Euro zur Verfügung gestellt, die in erster Linie kleineren Einrichtungen zugute kommen sollten. Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz bewarb sich um eine Förderung und erhielt die Zusage über zusammen 17.200 Euro für die Restaurierung gefährdeter Buchbestände.

Aus dem Besitz der Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken konnten fünf Foliobände des 16. Jahrhunderts restauriert werden. Angesichts der vielen wertvollen Einbände dieses Hauses wurden weiter für 3.000 Euro maßgefertigte Kassetten aus säurefreier Spezialpappe für besonders wertvolle Exemplare in Auftrag gegeben. Die Rheinische Landesbibliothek in Koblenz konnte vier Bände des 16. und 17. Jahrhunderts restaurieren lassen, darunter die 1562 bei Bellerus erschienene Ausgabe der „Historia de gentibus septentrionalibus“ des schwedischen Geistlichen, Geographen und Kartographen Olaus Magnus mit kolorierten Holzschnitten. Mit der Schedelschen Weltchronik wurde ein herausragendes Objekt der Pfälzischen Landesbibliothek wiederhergestellt. Die restaurierten Bände dieser drei Standorte des Landesbibliothekszentrums wiesen vorher zum großen Teil massive Einbandschäden, in geringerem Maße Mängel am Buchblock auf. Teilweise waren einzelne Bände aus konservatorischen Gründen seit längerem für die Benutzung gesperrt. Ohne die Mittel der Allianz wäre eine Restaurierung dieser wertvollen Bestände auf absehbare Zeit nicht möglich gewesen. Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz wird sich auch künftig um die Einwerbung von Bundes- und Ländermitteln für die Sicherung seiner wertvollen Altbestände bemühen.

Bei der auf den Nürnberger Stadtarzt Hartmann Schedel zurückgehenden Weltchronik, die 1493 in einer deutschen und in einer lateinischen Fassung bei dem renommierten Drucker Anton Koberger erschien, handelt es sich um das ambitionierteste Buchprojekt der Inkunabelzeit. Das heilsgeschichtlich ausgerichtete Werk beginnt mit der Schöpfung und endet mit dem jüngsten Gericht. In der Tradition mittelalterlicher Weltchronistik gliedert sich das Werk in sieben Weltalter. Historische Nachrichten finden sich im sechsten Weltalter, das zwei Drittel des Buches ausmacht. Über 1.800 Holzschnitte illustrieren die Weltchronik. In der Werkstatt, die die Holzschnitte hergestellt hat, wurde Albrecht Dürer ausgebildet. Das Exemplar der Schedelschen Weltchronik im Landesbibliothekszentrum stammt aus der Bibliothek der Franziskaner im badischen Heitersheim und wurde dann vom Historischen Verein der Pfalz erworben. Der Band zeigte deutliche Benutzungsspuren mit vielen Rissen und Knickfalten, die im Zuge der Restaurierung neben einer Trockenreinigung geschlossen beziehungsweise geglättet wurden. Ute Bahrs, Standortleitung, Pfälzische Landesbibliothek

07.06.2011


Ansicht aus der Schedelschen Weltchronik, die die Stadt Straßburg um 1490 zeigt (Foto: Ralf Niemeyer).

Die Reichskanzler der Weimarer Republik. Zwölf Lebensläufe in Bildern - Ausstellung vom 9. Juni - 27. August 2011

Die Ausstellung wird am Mittwoch, dem 8. Juni 2011 um 19 Uhr im Foyer des Landesbibliothekszentrums eröffnet. In Zusammenarbeit mit der Hambach-Gesellschaft für historische Forschung und politische Bildung e.V. präsentiert das Landesbibliothekszentrum eine Wanderausstellung der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Heidelberg.

Zwischen der Eröffnung der Nationalversammlung in Weimar am 6. Februar 1919 und der Machtergreifung Hitlers am 30. Januar 1933 haben zwölf Reichskanzler die Weimarer Republik regiert. Aufgrund ihrer kurzen Kanzlerschaften sind sie heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei sagt die Kürze oder Länge einer Amtszeit grundsätzlich nichts über die Qualität des Amtsinhabers aus. Die vielen Kanzlerwechsel der ersten deutschen Demokratie resultierten aus der äußerst schwierigen außen- und innenpolitischen Lage Deutschlands nach 1918. Die erdrückenden wirtschaftlichen, sozialen und mentalen Folgelasten des verlorenen Ersten Weltkrieges machten letztlich den Aufbau einer stabilen Demokratie unmöglich. Kein Kanzler konnte deshalb erwarten, sich im Buch der Geschichte mit einem Ruhmesblatt verewigen zu können.
Ziel der Ausstellung soll es sein, diese zwölf Männer wieder im kollektiven Gedächtnis der Nation zu verankern. Sie will den vergessenen Kanzlern Gesicht und Stimme zurückgeben. Sie erhebt bewusst nicht den Anspruch, eine umfassende Darstellung der Geschichte der Weimarer Republik zu liefern. Sie konzentriert sich auch nicht auf die jeweils sehr kurzen Kanzlerschaften, sondern präsentiert die Gesamtbiographien von Philipp Scheidemann, Gustav Bauer, Hermann Müller, Constantin Fehrenbach, Joseph Wirth, Wilhelm Cuno, Gustav Stresemann, Wilhelm Marx, Hans Luther, Heinrich Brüning, Franz von Papen und Kurt von Schleicher. Da Erinnerung und Erinnerungskultur in unserem visuellen Zeitalter hauptsächlich mit optischen Eindrücken verbunden sind, wirkt die Ausstellung in erster Linie über die Fotografien. Dabei wurde besonders auf die Qualität der historischen Vorlagen und deren Wiedergabe geachtet. Zahlreiche Fotos, die aus dem Besitz von Kindern und Nachfahren der Reichskanzler stammen, sind zum ersten Mal in der Öffentlichkeit zu sehen. Über 750 Fotos von rund 65 Leihgebern aus Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden, der Schweiz und den Niederlanden zeigen die Gemeinsamkeiten, aber auch die gravierenden Unterschiede in den Lebensläufen dieser zwölf Kanzler auf. Sie spiegeln Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik Deutschland wider.

Dr. Bernd Braun,  Jg. 1963, Studium der Mittleren und Neueren Geschichte, der Germanistik und Politikwissenschaft, seit 1990 Museumspädagoge, seit 1999 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg, Lehrbeauftragter an der Universität Heidelberg, Kurator der Reichskanzler-Ausstellung.

Die Hambach-Gesellschaft für historische Forschung und politische Bildung e.V. wurde vor 25 Jahren von engagierten und interessierten Unterstützern der 150-Jahr-Feier des Hambacher Festes von 1832 gegründet – Privatpersonen wie auch Institutionen. Ihr Ziel ist es, an das Hambacher Fest und seine Ziele zu erinnern: Die europäische Einigung, eine dauerhafte Friedenssicherung und eine gerechte Sozialordnung sind nicht die Ergebnisse eines abgeschlossenen historischen Prozesses, sondern müssen erinnert, gelebt und immer wieder von Neuem erkämpft werden. Am 8. Juni 1986 fand das erste Treffen statt, am 2. November im selben Jahr wurde die Gründungsurkunde der Hambach-Gesellschaft unterzeichnet. Ute Bahrs, Pfälzische Landesbibliothek

27.05.2011


Fotocollage der zwölf Reichskanzler (von links nach rechts: Scheidemann, Bauer, Müller, Fehrenbach, Wirth, Cuno, Stresemann,Marx, Luther, Brüning, von Papen, von Schleicher)

"Vom Ziegenleder zur Krötenhaut - Die unbegrenzten Möglichkeiten des Buchbinders"

Zur aktuellen Ausstellung im Landesbibliothekszentrum in Speyer ist eine Broschüre erschienen, in deren Mittelpunkt die wichtigsten Exponate stehen: 22 meisterhafte Einbände der britischen Buchbinderin Jeanette Koch sind dort in Farbe abgebildet und beschrieben. Die Broschüre kostet 5 Euro und ist an der Ausleihtheke der Landesbibliothek erhältlich. Die Drucklegung war dank der freundlichen Unterstützung der Stiftung der Kreis- und Stadtsparkasse Speyer möglich.

Die Ausstellung ist - entgegen der ursprünglichen Ankündigung - noch bis zum 17. Juni 2011 zu sehen. Als offizielles Ausstellungsende wird Jeanette Koch am Freitag, dem 17. Juni noch einmal von 15-17 Uhr durch ihre Ausstellung führen.

Landesbibliothekszentrum / Pfälzische Landesbibliothek

Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer

Tel.: 06232 9006 - 224, E-Mail: info.plb@lbz-rlp.de

Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

23.05.2011


LBZ Speyer präsentiert Albert-Schweitzer-Autographen

Mit berechtigtem Stolz konnte jetzt die Leitung des Landesbibliothekszentrums eine neue Kostbarkeit ihrer Autographen-Sammlung präsentieren: Es handelt sich dabei um 29 eigenhändige Briefe des legendären Friedensnobelpreisträgers und Universalgelehrten Dr. Albert Schweitzer, die das LBZ mit Unterstützung der Kulturstiftung  Speyer und der Sparkassenstiftung Speyer, des Rotary-Clubs Speyer sowie zweier spontaner Privatspender bei einer Auktion in Berlin ersteigern konnte. (Der SPEYER-KURIER berichtete)

Die besondere Bedeutung dieses Konvoluts liegt in dem unmittelbaren Bezug der Briefe zu Speyer, sind sie doch allesamt an den früheren Stadtpfarrer Dr. Emil Lind gerichtet, der zunächst in Straßburg Schüler und danach lebenslanger Freund des Urwaldarztes war.

Und nachdem ein großer Teil der Briefe von Emil Lind, an den sich noch so manch wirklich älterer Speyerer mit Respekt erinnert, ebenfalls im LBZ verwahrt wird, kann nun gemeinsam mit den Albert-Schweitzer-Briefen die tiefe geistige Freundschaft des Urwalddoktors aus Lambarene mit dem Speyerer Theologen erschlossen werden.

Beim einem Pressegespräch würdigte Leitender Bibliotheksdirektor Dr. Helmut Frühauf die außergewöhnliche Sammlung, die aus Briefen Schweitzers aus den Jahren 1928 bis 1936 und 1946 bis 1965, dem Todesjahr des Friedensaktivisten besteht und zu der   auch Fotografien von Ausflügen der von Pfarrer Dr. Lind zur Unterstützung der Arbeit von Schweitzer gegründeten Albert-Schweitzer-Kameradschaft in die elsässische Heimat des großen Humanisten gehören.

Dr. Frühauf skizzierte das reiche Leben Schweizers, der nach dem Studium der Theologie in Straßburg ein paralleles Orgelstudium in Paris absolvierte und dort zu einer Neubewertung des Orgelwerks von Johann Sebastian Bach beitrug.Seine großen Fähigkeiten als Organist und insbesondere als Bach-Interpret führten ihn auch auf viele Orgeln in der Pfalz, unter anderem auch bis kurz vor seinem Tod nach Speyer, wo er - unerkannt - auf der Orgel der Heiliggeistkirche musizierte.

Nach seiner Rückkehr nach Straßburg, wohin er als Dozent für Theologie berufen worden war, begann er mit dem Studium der Medizin, um als Missionsarzt tätig werden zu können. In dieser Zeit lernet er Emil Lind kennen, der seinerseits zum Studium der Theologie in der Münsterstadt an der Ill gekommen war.

Dr. Frühaufs Dank galt den Vertretern der Sponsoren, Uwe Wöhlert für die Kulturstiftung und Kirchenpräsident i.R. Eberhard Cherdron für den Rotary-Club. Er dankte aber auch Oberkirchenrat a.D. Klaus Bümlein, der im Rahmen seiner Forschungsarbeiten auf das Konvolut aufmerksam geworden und das LBZ auf die Spur dieser Sammlung gesetzt hätte.

In seiner Präsentation wies der Leiter der Handschriftenabteilung der Bibliothek, Dr. Armin Schlechter, auf das überaus enge Verhältnis Schweitzers zu dem Speyerer Theologen hin. So nannte er als Beispiel die Reaktion Schweitzers auf die Absicht Dr. Linds, eine Biographie über den über eine lange Epoche hinweg als Vorbild ganzer Generationen gültigen Humanisten zu verfassen. In einem der Briefe untersagte er Lind, sich in Superlativen über ihn zu ergehen und drohte ihm - freundschaftlich - für jeden Superlativ “einen guten Humpen Pfälzer Bier” von ihm abzuverlangen. An gleicher Stelle forderte er den Freund - nun wieder ganz ernsthaft - auf, “ja das Wort ‘Hitler’ nicht vorkommen zu lassen”.                               

In den Briefen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gibt sich Albert Schweitzer als Gegner  einer atomaren Bewaffnung zu erkennen und berichtet über seine entsprechenden Korrespondenzen unter anderem mit Albert Einstein. Die Briefe  aus dieser Zeit müssen allerdings noch weitergehend erschlossen werden, da sie auf Luftpostpapier geschrieben waren und von den Vorbesitzern gelocht verwahrt wurden.

Dr. Bümlein gab zunächst seiner großen Freude Ausdruck, dass es gelungen sei, die Briefe für die Speyerer Sammlung zu sichern: “Es w ar dies im besten Sinne ein konzertierte Aktion zwischen öffentlichen Geldgebern und privaten Spendern”.

Dass es dabei gelungen ist, das Konvolut auch noch für einen mehr als akzeptablen Preis zu erstehen, war sicher mehr als nur ein glücklicher Zufall. Denn nachdem kurz zuvor eine andere Sammlung mit 1400 Briefen Schweitzers, die in keinem Zusammenhang mit Speyer standen, für 75.00 EURO zugeschlagen wurden - angesetzt waren diese mit 80.000 EURO, hatte das Marktinteresse an Albert-Schweitzer-Autographen nachgelassen, so dass die 29 “Speyerer” Briefe für überaus akzeptable 4.000 EURO (netto) an den Rhein kamen.

Durchaus ein Schnäppchen, das nach einer gründlichen Revision und konservatorischer Bearbeitung in einigen Monaten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden wird. Gerhard Cantzler, Alle Fotos: sim

18.05.2011


Vom Ziegenleder zur Krötenhaut - die unbegrenzten Möglichkeiten des Buchbinders

Vom 5. Mai - 11. Juni 2011 stehen Einbandexponate der britischen Buchbinderin Jeanette Koch im Mittelpunkt dieser Ausstellung.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wie der Untertitel verrät. Die Einbände orientieren sich in der thematischen Ausführung am Inhalt des jeweiligen Buches. Wertvolle Materialien wie Samt, Perlen, Gold und Seide kommen neben verschiedensten eingefärbten Lederarten – z.B. Ziege, Kalb und Straußenvogel – wie auch Pergament und Leinen zum Einsatz. Eher ungewöhnliche Einbandmaterialien wie Hühnerkrallen-, Lachs- und Krötenhaut, Eichenblätter, Baumrinde, Holz(stangen) werden von Jeanette Koch ebenso verwendet. Sie versieht buchhandelsübliche Exemplare mit ausgefallenen Einbänden, stellt aber auch ganz eigene Bücher her, wie z.B. sternförmige Exponate in der Ausstellung beweisen. Mit Auszügen aus alten Londoner Stadtplänen, Collagen, Kontaktabzügen, Blindprägung oder Lederstaub vollendet Jeanette Koch die weitere Einbandgestaltung.
Die Ausstellung gewährt außerdem Einblick in die Arbeitswelt der Buchbinder: ihre Werkzeuge, ihre Materialien, die Arbeitsschritte. Einige Vitrinen befassen sich mit dem literarischen Werk von Arno Reinfrank, dem verstorbenen Ehemann von Jeanette Koch.

Die Ausstellung wird am 4. Mai 2011 um 19 Uhr im Foyer des Landesbibliothekszentrums in Speyer eröffnet.

Jeanette Koch studierte Französisch und Kunst an der Nottingham University (1965-1969) und schloss ihr Bachelorstudium mit Auszeichnung ab. Sie arbeitete zehn Jahre im administrativen Bereich bei verschiedenen Kunsteinrichtungen und Galerien. Anschließend war sie bis 1992 Mitbetreiberin einer Fotosatz- und Theaterprogramm-Druckerei in Covent Garden.
Seit 1992 widmet sich Jeanette Koch der Buchbinderei. Sie gehört zum Vorstand von ‚Designer Bookbinders’ und ist Mitherausgeberin der jährlich erscheinenden Zeitschrift ‚The New Bookbinder’. Sie war oft unter den Preisträgern der jährlich stattfindenden Wettbewerbe von ‚Designer Bookbinders’ vertreten; u.a. erhielt Jeanette Koch 1997 die Silbermedaille. Z. Zt. bereitet sie sich auf die ‚Fellowship’ Prüfung bei ‚Designer Bookbinders’ vor; ihre Mentoren sind Flora Ginn und Glenn Bartley.
Kochs Arbeiten befinden sich in Privatsammlungen in England, Amerika und Deutschland sowie in der ‘Alec Taylor Collection’ in der British Library, London.

Jeanette Koch lebte über 10 Jahre mit dem deutschen Autor und Dichter Arno Reinfrank zusammen. Nach seinem frühen Krebstod 2001 verschrieb sie sich drei Jahre lang der Aufarbeitung und Erfassung des literarischen Nachlasses ihres Mannes. Sie übergab den Nachlass 2003 der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer. Ihm zu Ehren stiftete Jeanette Koch zwei Preise: 2006 den ‘Arno-Reinfrank-Literatur-Preis’ der zusammen mit der Stadt Speyer ausgeschrieben und alle drei Jahre vergeben wird. Der ‘Arno-Reinfrank-Jugend-Preis’ wird seit 2007 alle zwei Jahre in Ludwigshafen verliehen, der Stadt, in der Arno Reinfrank aufwuchs.

Zur Ausstellung erscheint auch eine kleine Broschüre, die dank der freundlichen Unterstützung der Sparkassenstiftung der Kreis- und Stadtsparkasse Speyer aufgelegt werden kann. Sie wird zu Ausstellungsbeginn zum Preis von 5 Euro im Landesbibliothekszentrum erhältlich sein.

Das Foto zeigt einen Einband, den Jeanette Koch für eine Ausgabe von "Cyrano de Bergerac" (Autor: Edmond Rostand) gestaltet hat. Der Einband besteht aus rot gefärbtem Ziegenleder und wurde mit grauer Hühnerkrallenhaut bezogen (Foto: Sussie Ahlburg).

 

Landesbibliothekszentrum / Pfälzische Landesbibliothek

Otto-Mayer-Str. 9, 67346 Speyer

Tel.: 06232 9006 - 224, E-Mail: info.plb@lbz-rlp.de

Montag bis Freitag 9-18 Uhr, Samstag 9-12 Uhr

 

27.04.2011


LBZ ersteigert Briefe Albert Schweitzers

Fotorechte: Dick de Haas

Am 19. April versteigerte das renommierte, auf Autographen spezialisierte Berliner Auktionshaus Stargardt in Berlin ein Konvolut von Albert-Schweitzer-Briefen an seinen Biographen, den in Speyer wirkenden Theologen Emil Lind, einer seiner "ältesten und liebsten Freunde" (Albert Schweitzer in einem Brief an Lind vom 17. Februar 1964). Das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz erhielt dafür den Zuschlag, worüber sich der Direktor des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, Dr. Helmut Frühauf, hocherfreut zeigt.

Lind hatte von 1909 bis 1913 Theologie studiert, u.a. bei Schweitzer in Straßburg. Die Briefe geben einen Einblick in Schweitzers Tätigkeit als Arzt in Afrika und lassen die Entstehung von Linds biographischen Werken über Schweitzer miterleben.

Das Konvolut umfasst 29 eigenhändige Briefe Schweitzers aus Königsfeld, Günsbach und Lambaréné (Gabun). Sie entstanden in der Zeit vom 9.9.1928 bis 9.2.1936 und vom 27.5.1946 bis 19.7.1965. Albert Schweitzer starb am 4. September 1965 in Lambaréné. Weiter wurden zahlreiche Beilagen mit erworben, darunter Schreiben von Personen aus dem Umkreis Schweitzers sowie Fotografien.

Über Albert Schweitzer und Emil Lind:
Der spätere Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer war evangelischer Theologe, Philosoph, Organist und Arzt. Er wurde am 14. Januar 1875 im Oberelsass, in der Nähe von Colmar, geboren und starb am 4. September 1965 in dem von ihm begründeten Urwaldkrankenhaus in Lambaréné in Gabun. Nach seinem Abitur studierte Schweitzer ab 1893 an der Universität Straßburg Theologie und Philosophie sowie bei Charles Marie Widor in Paris Orgel. 1899 promovierte er im Fach Philosophie, 1901 im Fach Theologie. 1902 habilitierte er sich an der Universität Straßburg in Evangelischer Theologie. Neben seiner Tätigkeit als Dozent an der Universität Straßburg studierte er von 1905 bis 1913 Medizin mit dem Ziel in Afrika Missionsarzt zu werden. Seine Approbation als Arzt erhielt er 1912 und heiratete die Krankenschwester Helene Bresslau (1879-1957), die Tochter des renommierten Historikers Harry Bresslau. Im selben Jahr wurde ihm aufgrund seiner anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen der Professorentitel verliehen. Ehrfurcht vor dem Leben prägte sein Denken, Schreiben und Handeln. Für sein humanitäres und pazifistisches Engagement wurde Albert Schweitzer mehrfach ausgezeichnet. 1953 wurde ihm rückwirkend für 1952 der Friedensnobelpreis verliehen.

Emil Lind wurde am 22. Mai 1890 im pfälzischen Schwegenheim geboren und starb am 15. Dezember 1966 in Speyer. Er studierte von 1909 bis 1913 Theologie und Philosophie in Heidelberg, Halle, Straßburg und Utrecht. Nach seelsorgerischen Tätigkeiten in Lambrecht, Lauterecken und Neustadt übernahm er 1925 eine Pfarrei in Speyer. Von 1930 bis 1936 gab Emil Lind die Zeitschrift „Der Speyerer Protestant“ heraus. Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Arbeiten standen Theologie, Philosophie, Kirchen- und Zeitgeschichte. Er befasste sich auch mit der pfälzischen Volks- und Heimatkunde. 1946 ging er in den Ruhestand und gab zwischen 1948 und 1964 mehrere biographische Arbeiten über seinen Lehrer und Freund Albert Schweitzer heraus: u.a. „Albert Schweitzer. Aus seinem Leben und Werk“ (Bern 1948; Neue Textfassung Wiesbaden 1955) und „Die Universalmenschen Goethe und Schweitzer“ (1964). Der Nachlass mit den historischen und kulturgeschichtlichen Arbeiten von Emil Lind befindet sich in der Pfälzischen Landesbibliothek in Speyer. Er enthält auch Korrespondenzen, darunter bereits Briefe von Albert Schweitzer. Der kirchliche Teil seines Nachlasses befindet sich im Besitz des Zentralarchivs der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer. Emil Lind gilt als einer der profiliertesten Pfarrer in der Pfalz im 20. Jahrhundert, und sein Nachlass erfreut sich reger Nutzung.

An der Finanzierung beteiligen sich neben dem Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz die Stiftung der Kreis- und Stadtsparkasse Speyer, die Kulturstiftung der Stadt Speyer und der Rotary Club Speyer. Spenden von privater Seite sind ebenfalls in Aussicht gestellt.

Besonderen Dank gebührt Dr. Klaus Bümlein, Oberkirchenrat im Ruhestand, der auf die Versteigerung des Konvoluts aufmerksam machte und sich darum bemühte, die Sammlung nach Speyer zu holen. Auf sein Engagement sind die Spendenangebote des Rotary Clubs und von privater Seite zurück zu führen. Zu danken ist auch der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, die das Landesbibliothekszentrum bei der Stargardt-Auktion vertreten hat.

Mitte Mai 2011 wird das erworbene Konvolut in Speyer vorgestellt. Der SPEYER-Kurier wird auch hierüber berichten.

Textquelle: LBZ Rheinland-Pfalz

21.04.2011